Nürtingen. Es ist eine ruhige Wohngegend rund um den Wendehammer am Ende der Jägerstraße. Dass hier vor fünf Tagen ein Mann von seinem Bruder erstochen worden sein soll, ist schwer vorstellbar. Laut Polizei hat ein 27-Jähriger seinen Bruder in der elterlichen Wohnung mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt. Der 24-Jährige starb. Der mutmaßliche Täter habe sich unmittelbar nach dem Angriff Nachbarn anvertraut, die anschließend die Polizei riefen.
Genau genommen hatte sich der Mann nur einer Nachbarin anvertraut. Deren Terrasse liegt nur wenige Meter vom Tatort entfernt. „Dort saß er und sagte, er habe seinen Bruder umgebracht“, sagt die Nachbarin und zeigt auf einen Gartenstuhl. Sie kenne beide Brüder seit sie Kinder waren. Nichts habe auf die Tat hingedeutet, weder habe es an dem Abend Geschrei noch sonstigen Lärm nebenan gegeben. „Hätten sie sich vorher gestritten, hätte ich es gehört“, sagt die Frau. Schließlich seien die Fenster bei den Temperaturen immer geöffnet. Auch früher hätte es zwischen den Brüdern keine nennenswerten Konflikte gegeben. „Natürlich haben sie sich manchmal gestritten, das ist unter Brüdern normal.“ Gewalttätig sei aber keiner von ihnen gewesen. „Im Gegenteil, sie waren eher schüchtern und ruhig.“
Tatverdächtiger unter Schock
Am vergangenen Samstagabend habe sie auf ihrer Terrasse gesessen. „Er kam durch den Garten rübergerannt und ich habe gesehen, dass er voller Blut war.“ Der 27-Jährige habe nicht versucht zu fliehen. Auch habe er nicht betrunken gewirkt. „Er kam zu mir rüber und setzte sich hin.“ Dann habe er gestanden, seinen Bruder umgebracht zu haben. „Er starrte vor sich hin und schien unter Schock zu sein. Aber ich konnte mit ihm reden und er hat normal geantwortet.“
Der Mann habe auf die Polizei gewartet. „Auch auf die Fragen der Polizisten hat er ganz ruhig geantwortet“, sagt die Frau. Warum er auf seinen Bruder eingestochen hat, habe er jedoch nicht gesagt. Das 24-jährige Opfer konnte der Rettungsdienst nur noch tot in der elterlichen Wohnung vorfinden.
Der mutmaßliche Täter sitzt in U-Haft. Laut Polizei hält er sich mit Angaben zur Tat noch zurück, ein vollumfängliches Geständnis habe er bislang nicht abgelegt. Der Leichnam der Opfers wurde mittlerweile obduziert. Dabei habe es „keine überraschenden Ergebnisse“ gegeben, so eine Polizeisprecherin. Gegen den nicht vorbestraften 27-Jährigen wird nun wegen des Verdachts auf Totschlag ermittelt. Matthäus Klemke