Weilheim · Lenningen · Umland
Mariam Pembere gründet nach ihrer Flucht den Verein „Solidarität Afrika“

Angekommen Mariam Pembere arbeitet als examinierte Altenpflegerin mit Wachkomapatienten. Nach ihrer Flucht aus Kamerun hat sie nun den interkulturellen Verein „Solidarität Afrika“ gegründet. Von Florian Stegmaier

Niemals aufgeben, immer wieder aufstehen und weitermachen!“ – Mariam Pemberes Motto überzeugt. Die 39-jährige Kamerunerin strahlt Tatkraft und Willensstärke aus. Derzeit hebt sie den interkulturellen Verein „Solidarität Afrika“ aus der Taufe. Der Verein mit Sitz in Kirchheim will einen Beitrag zu gelingender Integration leisten. Neben Kultur- und Sportveranstaltungen sind Workshops geplant, die Neuankömmlingen aus Afrika helfen, die Herausforderungen in Deutschland zu meistern. Einen starken Willen hat Mariam Pembere bereits während ihrer langen Flucht benötigt: Aus dem vom Bürgerkrieg gezeichneten Kamerun führte sie ihr Weg über Nigeria, die Türkei und Ungarn schließlich 2015 nach Deutschland. „Als Frau auf mich allein gestellt, habe ich es nicht leicht gehabt“, fasst sie ihre Erfahrungen zusammen.

 

Als Frau auf mich allein gestellt, habe ich es nicht leicht gehabt.
Mariam Pembere flüchtete von Kamerun nach Deutschland.

 

Ihren Lebensunterhalt als Flüchtling zu verdienen, stellte sie vor stets neue Herausforderungen: „Unterwegs hatte ich verschiedene Jobs, in der Türkei habe ich als Au-pair-Mädchen gearbeitet.“ Endlich eine sichere Bleibe in der Kirchheimer Gemeinschaftsunterkunft gefunden zu haben, war eine große Erleichterung. Doch die Entbehrungen während der Flucht haben sie nicht verbittert. Im Gegenteil: Ihren Elan bringt die charismatische Frau aktiv in die deutsche Gesellschaft ein. Seit Kurzem arbeitet Pembere als Fachkraft in einer Wachkoma-WG in Nürtingen. „Dort kann ich mir ausreichend Zeit für die Pflege meiner Patienten nehmen“, sagt sie und fährt fort: „Das ist besser als im Altenheim, wo oft Zeitdruck herrscht.“

 

Rein migrantische Klasse

Als examinierte Altenpflegerin weiß sie, wovon sie spricht. Ihre Ausbildung hat sie bei der Deutschen Angestelltenakademie absolviert. Und zwar unter herausfordernden Bedingungen: „Wir waren die erste rein migrantische Ausbildungsklasse“, berichtet sie. „Wir kamen alle aus unterschiedlichen Ländern und konnten anfangs noch kaum Deutsch.“ Die Klasse hat das zusammengeschweißt: „Wir haben uns gegenseitig motiviert und alle haben den Abschluss geschafft.“ Dankbar blickt sie auf die Unterstützung ihrer Ausbilder zurück.

Auch vom Engagement ehrenamtlicher Helfer hat Pembere in ihrer Anfangszeit profitiert. „Ich wollte gleich möglichst selbstständig leben“, betont sie. „Dank ehrenamtlicher Hilfe konnte ich Deutschkurse besuchen.“ Ebenso wertvoll war die Unterstützung bei Behördengängen und in Verwaltungsangelegenheiten. Doch Pembere wollte nicht nur Hilfe annehmen, sie wollte auch geben: „Meine Betreuerin hat mich in Deutsch unterrichtet, im Gegenzug lernte sie von mir Französisch.“ Nachdem sie ihre Ausbildung beendet hatte, arbeitete sie mehrere Jahre in einem Kirchheimer Altenheim. Das half, die Sprachkenntnisse weiter zu verbessern. Obwohl Pembere in Kamerun als Friseurin tätig war, ist der Pflegeberuf ihr ans Herz gewachsen. Zumal die Betreuung Älterer in ihrer Heimat ohnehin Teil des Alltags ist: „In Kamerun haben wir keine Altenheime. Pflege findet innerhalb der Familie statt.“

Als dunkelhäutige Person machte sie im deutschen Berufsleben gemischte Erfahrungen: „Mit meinen Kolleginnen war alles prima, jedoch waren die älteren Menschen nicht immer freundlich“. Aber vielleicht sei das auch ein Generationenproblem, gibt sie zu bedenken. Betriebliche Ausflüge brachten ihr Deutschland näher. Insbesondere eine Exkursion in die Hauptstadt hinterließ bleibenden Eindruck: „In Berlin haben wir den Bundestag und andere Sehenswürdigkeiten besichtigt“, erinnert sie sich, „wertvolle Mosaikstücke, um Deutschland besser kennenzulernen.“

 

Hart erkämpftes Familienglück

Ein Strahlen geht Mariam Pembere über das Gesicht, wenn sie von ihrem Sohn Aliyou Ghandi spricht. Nach jahrelanger Trennung kann sie mit ihm wieder als kleine Familie zusammenleben. Doch der ersehnte Familiennachzug musste hart erkämpft werden: „Obwohl die Genehmigung des Bundesamtes für Migration schon lange vorlag, gab es immer wieder Verzögerungen.“ Erst mithilfe eines Rechtsbeistands konnte die frustrierende Auseinandersetzung mit dem deutschen Amtsschimmel erfolgreich beigelegt werden: „Glücklicherweise hatte ich einen guten Anwalt, der mich immer wieder ermutigt hat.“ Freunde des runden Leders sollten sich den Namen Aliyou Gandhi schon einmal merken. Als Nachwuchstalent trainiert der Zwölfjährige nämlich in der Fußballschule des VfB Stuttgart. Eine vielversprechende Perspektive, die der stolzen Mutter manche Prüfung der Vergangenheit aufwiegt: „Schon allein dafür hat sich meine Mühe gelohnt!“