Wer Idylle pur sucht, wird hier fündig: Inmitten von Streuobstwiesen hoch über dem Lenninger Tal, schwirren neben einer Gartenlaube zigtausend Bienen um ihre Beuten herum. Daniel Wurst strahlt: „Heute sind sie gut gelaunt.“ Die Liebe zur Natur stachelt auch den 35-Jährigen zu geschäftigem Treiben an. Vor vier Jahren hat der Unterlenninger nebenberuflich zu imkern begonnen. Aus drei Völkern sind inzwischen acht geworden. Und seit diesem Sommer kümmert er sich um zwei weitere Bienenstöcke. Einer davon steht in Nürtingen, der andere in Ulm. Das Besondere daran: Sie sind jeweils von Unternehmen geleast. Daniel Wurst und seine Verlobte Kerstin Schempp fungieren als Vertriebs- partner von „Bee-Rent“. Die Firma besticht für ihn durch ihr Konzept. Er gerät ins Schwärmen: „Sie hat eine super Internetseite und einen gewissen Bekanntheitsgrad. Das ganze Angebot ist genau so, wie ich es mir vorstelle.“
Wie im Stock jede Biene weiß, was zu tun ist, hat das Paar die Arbeit auch klar aufgeteilt: Während Kerstin Schempp die Verwaltung übernimmt, kümmert sich Daniel Wurst um die Bienen. Für Firmen, die bei den beiden ein Bienenvolk leasen möchten, ist das Prozedere denkbar einfach: Das Unternehmen bezahlt einen festgelegten Betrag und verpflichtet sich für 24 Monate, einen Standort für eine Beute bereitzustellen. Dafür genügt eine kleine Rasenfläche. „Auch in der Stadt gibt es eigentlich immer eine Möglichkeit, einen Kasten aufzustellen“, sagt Kerstin Schempp. „Viele Bienenbeuten stehen zum Beispiel auf Firmendächern.“ Die Betreuung mit Kontrollbesuchen, der Entnahme und dem Schleudern des Honigs, der Behandlung gegen Krankheiten bis zur Vorbereitung für den Winter übernimmt Daniel Wurst.
Der Zuständigkeitsbereich der „Wempp GbR“, die die beiden gegründet haben, reicht von Ulm bis Freudenstadt. Im Buhlen um Fachkräfte würden Firmen, die Bienen leasen, punkten, betont die 28-Jährige, die im Hauptberuf in der Personalvermittlung arbeitet. „Um Mitarbeiter anzulocken, kann man ihnen sagen, wir tun etwas für die Nachhaltigkeit.“ Möglich ist das auch im Rahmen der Corporate Social Responsibility (CSR). Wer nach außen tragen möchte, dass dem Unternehmen das ökologische Gleichgewicht am Herzen liegt, kann die Beuten mit dem Firmenlogo versehen. Das bietet sich auch für die Etiketten auf den Honiggläsern an. „Der Honig ist ein schönes Geschenk für Kunden oder die Belegschaft“, sagt Kerstin Schempp. Dafür zu sensibilisieren, dass Bienen für den Erhalt der Kulturlandschaft wichtig sind, ist ihr und Daniel Wurst gleichermaßen wichtig. „Ich beschäftige mich gern mit sinnvollen Dingen“, sagt der Hobbyimker. Er kann sich vorstellen, wie ein Hamburger Franchisenehmer von Bee-Rent, eines Tages sogar von der Arbeit mit den Bienen zu leben.
Mit der Imkerei betritt Daniel Wurst in der Familie Neuland. Dass er sich das gesamte Wissen selbst aneignen muss, sieht er nicht als Nachteil. „Ich probiere auch Neues gern aus“, sagt der Unterlenninger, der hauptberuflich als Versuchtstechniker arbeitet. Auch wenn die Imkerei in seiner Familie nicht verwurzelt ist - Daniel Wursts Opa hat großen Anteil daran, dass sich der Enkel Immen angeschafft hat. „Er hat immer gesagt, ‚Daniel, hol dir doch Bienen‘“, erzählt er schmunzelnd. Triebfeder war die Liebe des Großvaters zum Honig. Wiesen für die Beuten besitzt die Familie zur Genüge. Gepaart mit Daniel Wursts wachsender Begeisterung für die Natur, sind das optimale Voraussetzungen für das Imkern. „Das ist jetzt meins“, sagt der 35-Jährige, auch wenn er einräumt, dass er den zeitlichen Aufwand, der damit verbunden ist, mitunter gewaltig unterschätzt. So stieß er erst einen Tag später zum Familienurlaub am Forggensee dazu. „Bis kurz vor Mitternacht musste ich noch Honig schleudern“, sagt er lachend. Und das, obwohl die Ausbeute recht mager war. „Durch den kalten, nassen Frühling hatten wir ein richtig schlechtes Jahr.“
Einen Gründer-Workshop haben Kerstin Schempp und Daniel Wurst längst absolviert. Jetzt wollen sie richtig durchstarten und Firmen von ihrer Geschäftsidee begeistern. „Das Bienensterben ist in den Köpfen angekommen“, sagt Kerstin Schempp. Nun braucht es nur noch Unternehmer, die erkennen, dass sie einen Beitrag dazu leisten können, dass das Summen der braun-schwarz gestreiften Honiglieferanten wieder häufiger zu hören ist.