Politik
Martin Schulz: Klare Worte zu Martini

Beim Politischen Martini hält Schulz ein leidenschaftliches Plädoyer für Solidarität, Europa und Demokratie.

Das Gasthaus Rössle in Wolfschlugen war am Sonntagvormittag voll besetzt, als sich zahlreiche Gäste zum Politischen Martini der SPD versammelten. Gastgeber Nils Schmid, Bundestagsabgeordneter für Nürtingen, konnte in diesem Jahr einen besonderen Ehrengast begrüßen: Martin Schulz, früherer Präsident des Europäischen Parlaments, ehemaliger SPD-Parteivorsitzender und heute Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Eine Rede der klaren Worte

Martin Schulz nahm das Publikum mit auf eine historische Reise: vom Ende des Kalten Kriegs über die Gründung der Europäischen Union bis zur deutschen Wiedervereinigung. Mit besonderer Eindringlichkeit schilderte Schulz die Haltung jener Generation von Europäern, die den Zweiten Weltkrieg erlebt hatten: „Das alte Europa“, so Schulz, „basierte auf Respekt, Toleranz und Würde und es war das erfolgreichste Friedens- und Wohlstandsprojekt unserer Geschichte.“

In großer Klarheit verurteilte Schulz den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Er erinnerte an das Budapester Memorandum, mit dem Russland einst die territoriale Integrität der Ukraine garantiert hatte. Zivile Ziele zu bombardieren, Krankenhäuser, Schulen, Energieversorgung, das sei „Terror gegen die Bevölkerung“ und damit ein Kriegsverbrechen. Schulz zeigte sich fassungslos über Stimmen in Deutschland, die Putin dennoch als legitimen Gesprächspartner darstellen.

Schulz spannte den Bogen weiter zu den USA unter Donald Trump, nach China, in die Türkei und in verschiedene afrikanische Staaten: All diese Beispiele stünden für ein globales Erstarken autoritärer Politik. Das Prinzip „Der Stärkere setzt sich durch“ bedrohe die internationale Ordnung und letztlich auch die demokratischen Gesellschaften Europas. Gerade deshalb müsse die EU geschlossen auftreten und das Potenzial ihres Binnenmarktes selbstbewusster als geopolitisches Werkzeug nutzen.

Mindestens ebenso energisch sprach Schulz über Deutschland. Er prangerte den jahrelangen Investitionsstau an: unpünktliche Bahn, fehlende Kitas und Pflegeplätze, explodierende Mieten. Es sei zwar wichtig, über Werte und Demokratie zu sprechen, aber die Menschen müssten erleben, „dass der Staat funktioniert“. Sonst verliere die Politik Glaubwürdigkeit. Dass die SPD in der Bundesregierung für ein 500-Milliarden-Investitionsprogramm gekämpft habe, sei ein „riesiger Erfolg“, den die Partei viel offensiver darstellen müsse. Ziel des Investitionsprogrammes ist es, den Klimaschutz voranzutreiben, die Infrastruktur zu modernisieren und die deutsche Wirtschaft zu stärken.