Zwischen Neckar und Alb
Mediterranes Gemüse aus Köngen

Markt Artischocken sind eigentlich im Mittelmeerraum zu Hause. Inzwischen kann die gesunde Delikatesse auch hierzulande im Freiland angebaut werden – zum Beispiel auf dem Riedhof in Köngen. Von Gaby Weiß

Als geschlossene Knospen sind sie eine kulinarische Delikatesse, als Blüten mit lila strahlendem Schopf zieren sie dekorativ jeden Blumenstrauß – derzeit wird die Artischocke, lateinisch Cynara scolymus, geerntet. Seit 2009 baut Landwirtin Gabriele Zimmermann das vielseitige und gesunde Gemüse mit den attraktiven Blüten auf dem Köngener Riedhof im Freiland in verschiedenen Sorten an, beliefert Handel und Großmarkt und verkauft Knospen und Blüten im Hofladen-Zelt an der Landstraße zwischen Köngen und Denkendorf. Die Haupt-Anbauländer für die Artischocke in der EU sind Italien, Spanien und Frankreich. Dort wird die aus dem Mittelmeerraum stammende Artischocke über Nebentriebe vegetativ vermehrt. „Seit es Sorten gibt, die über Saatgut vermehrt werden können, kultivieren wir Artischocken hier in Köngen: Die Samen werden ausgesät, die Jungpflanzen werden herangezogen und dann aufs Feld ausgepflanzt, so ist auch bei uns der einjährige Anbau möglich“, erklärt Gabriele Zimmermann.

Werden die Knospen der Ess-Disteln nicht geerntet, entwickeln sich Blüten, die bei Insekten und Floristen gleichermaßen beliebt sind.  Fotos: Gaby Weiß

Obwohl die Artischocke nicht winterhart ist, hat die Agrarwissenschaftlerin auf kleinen Anbauflächen auch schon Versuche mit der Überwinterung gestartet: „Wenn es keine zu langen kalten Phasen und keine Kahlfröste unter zehn Grad gibt, kann es auch bei uns klappen.“ Anspruchslos sei die Kulturpflanze allerdings nicht: „Sie braucht tiefgründige Böden und Feuchtigkeit.“ In Köngen wird die Artischocke auf einer biologisch abbaubaren Mulchfolie gepflanzt, die vor Unkraut schützt und zudem starker Verdunstung entgegenwirkt. Darunter sind Bewässerungsschläuche verlegt, um auch in heißen Sommern für ausreichend Feuchtigkeit zu sorgen.

Bei der Ernte werden immer nur die Artischocken-Knospen abgeschnitten, die im optimalen Stadium sind. Die noch geschlossenen knospigen Blütenstände können – fachmännisch zubereitet – gekocht, gebraten, frittiert oder eingelegt werden. Bei Zimmermanns wachsen kleine und große, grüne und violette, längliche und rundliche Sorten. Botanisch zählt die distelartige Pflanze zu den Korbblütlern. Werden die Knospen der Ess-Disteln nicht geerntet, entwickeln sich violette Röhrenblüten. Diese imposanten fedrigen Blüten sind nicht nur bei Insekten beliebt, sondern auch bei Floristen als dekorative Hingucker in Sträußen und Gestecken sehr gefragt.

Artischocken sind kalorienarm

Für Gabriele Zimmermann ist die Artischocke ein „Nischenprodukt“: „Wer aus dem Mittelmeerraum stammt, schätzt die Artischocke. Viele lernen sie dort im Urlaub kennen. Und Feinschmecker und Hobbyköche servieren sie gerne als Vorspeise“, erklärt sie und hält für die Kundschaft ein Blatt mit Zubereitungsarten und Rezepttipps parat. Die Artischocke ist mit nur etwa 50 Kalorien pro 100 Gramm kalorienarm und gilt als sehr gesund. Sie war 2003 Arzneipflanze des Jahres. Sie enthält viele Bitterstoffe, und ihr wird eine appetitanregende, verdauungsfördernde, cholesterinsenkende und anti-oxidative Wirkung zugeschrieben.

Beim Kauf sollte man darauf achten, dass die Gemüseknospe fest und geschlossen ist. In einem feuchten Tuch im Gemüsefach des Kühlschranks hält sie sich ein paar Tage. „In diesem Jahr wachsen sie gut, auch wenn es tendenziell eher zu warm ist und die Knospen schneller aufblühen als letztes Jahr. Aber ein Gewitterschauer ab und zu tut Artischocken gut“, erklärt die Landwirtin. Die Artischocke mit ihren silbrig-graugrünen Blättern lässt sich auch als attraktive Zierpflanze im eigenen Garten anbauen, gibt Gabriele Zimmermann einen Pflanztipp: „Sie liebt es sonnig-warm. Sie braucht aber viel Platz, etwa einen Quadratmeter pro Pflanze.“

 

Kulinarischer Genuss mit Blatt, Herz und Boden

Vor der Zubereitung sollten die geschlossenen Artischocken-Knospen mit kaltem Wasser gewaschen werden. Dann den Stiel abschneiden, die komplette Spitze mit einem Sägemesser kappen und auch die dornigen Blattspitzen mit einer Schere abschneiden. Die Schnittstellen sofort mit Zitronensaft beträufeln, sonst läuft das Gemüse dunkel an.

Große Artischocken werden nach dem Waschen in Salzwasser mit Zitronensaft 30 bis 45 Minuten gegart. Lassen sich die Blätter leicht herausziehen, ist die Artischocke essfertig. Nun die Blätter abzupfen, in einen Dip tunken und das Fruchtfleisch auslutschen. Sind alle Blätter abgezupft, bleibt der Artischockenboden übrig. Die darüber liegenden haarigen Fasern, das sogenannte Heu, entfernen. Der Boden lässt sich ebenfalls mit einem Dip genießen. Er lässt sich aber auch füllen und überbacken – mit Frischkäse, mit Fetakäse oder mit einer Masse aus Knoblauch, Schalotten, Tomatenwürfeln und Oliven. Oder er lässt sich in Essig oder Öl einlegen.

Bei kleineren Baby-Artischocken werden nach dem Waschen die harten äußeren Blätter entfernt, so dass nur noch die weichen Bestandteile übrig sind. Diese Artischocken-Herzen halbieren oder vierteln, in Olivenöl mit etwas Knoblauch anbraten, mit Salz, Pfeffer, Zitronensaft, Tomatenwürfeln und Kräutern würzen und dünsten, bis sie weich sind.

Wer Dips und Soßen für den Artischocken-Genuss selber machen möchte, verrührt zum Beispiel zwei Teelöffel Senf und ein Eigelb und gibt langsam 60 Milliliter Öl dazu, damit eine Emulsion entsteht. Mit Zitronensaft und Salz und Pfeffer abschmecken. gw