Alphörner zum Auftakt einer Demo – ungewöhnlich, aber unüberhörbar. „Wir machen Musik für die Demokratie“, sagen die beiden Alphornbläser Klaus Bindner und Eckhart Fischer. Das ist Musik in den Ohren der – laut Veranstalter – etwa 3000 Menschen auf dem Rathausplatz in Esslingen. Das lokale Bündnis für Demokratie und Menschenrechte hatte am Freitagabend zu einer Lichter-Demonstration gegen jede Form von Extremismus aufgerufen.
Auf einem Mini-Plakat, das auf dem Rathausplatz hochgehalten wird, ist die Schrift eng zusammengequetscht: „Nicht mal auf meinem Schild ist Platz für Nazis“, steht darauf. „Man möchte durch die Straßen gehen und Leute mit einem Geschichtsbuch prügeln“, ist auf einem anderen Plakat zu lesen. Und: „Kann man nicht für jeden Geflüchteten, der kommt, einen Nazi abgeben?“
Am Rand des Rathausplatzes halten junge Männer ein Banner hoch: „Wir sind die Brandmauer“, lautet die Aufschrift. „Nichts tun, bringt auch nichts“, meint Emmanouil Leontopoulos, einer der Träger. Es gehe darum, Zeichen zu setzen und Flagge zu zeigen – auch gegen Rechtsextremismus.
Zu den bekannten „Omas gegen rechts“, die in der Nähe des Banners stehen, hat sich ein „Opa gegen rechts“ gesellt, wie auf dem Button am Revers von Erich Flaig zu lesen ist. Eigentlich, stellt Bruni Haaga als resolute „Oma gegen rechts“ klar, würden sie sich in Esslingen „Ompas gegen rechts“ nennen. Mit der Wortkreation soll gezeigt werden, dass sich Omas und Opas gegen derartige politische Tendenzen stellen.
Corin hat noch eine zusätzliche Botschaft, die sie auch zu der Demo geführt hat. Die Alternative für Deutschland, sagt die 34-Jährige, wolle das Selbstbestimmungsgesetz kippen, wonach jeder sein Geschlecht etwa im Pass selbst bestimmen kann. Sie habe vor ein paar Wochen für sich „divers“ eintragen lassen, weil sie sich weder Männern noch Frauen zugehörig fühle. Es ist ein breites Spektrum an Meinungen und Menschen auf dem Rathausplatz vertreten. Der Stadtrat Hermann Beck ist unter ihnen. Er meint, er könne die Wut mancher Menschen nach dem Anschlag in München verstehen: „Aber ich rate zur Besonnenheit.“ Trotz Wut dürfe man sich nicht von Rechtsextremisten instrumentalisieren lassen. Darum geht es den Veranstaltern. Sie wollten der Demokratie mit ihrer Lichter-Demo Strahlkraft verleihen. Eine Absage in Reaktion auf den Anschlag von München sei kein Thema gewesen, sagt Johannes Sipple vom Bündnis für Demokratie und Menschenrechte: „Wir lassen uns nicht einschüchtern.“
Nach der Kundgebung vor dem Esslinger Rathaus zogen die Teilnehmenden mit Fahnen und Plakaten weiter durch die Innenstadt bis zur Maille. Dort sollten mit Einbruch der Dunkelheit Handys und Lichtquellen zum Leuchten gebracht werden. In den Parkanlagen gab es außerdem Live-Musik und eine After-Demo-Party.
Sicherheitspersonal sicherte den Zug ab. Die Ereignisse von München und die Erfahrung aus Anschlägen in anderen Städten habe die Polizei im Blick, betont Pressesprecher Martin Raff vom Polizeipräsidium Reutlingen.