Die Wirtschaft im mittleren Neckarraum floriert. Das bekommen in diesem Schuljahr auch die beruflichen Schulen im Kreis Esslingen zu spüren. Rund 12 700 Schülerinnen und Schüler bereiten sich an Berufsschulen und beruflichen Gymnasien aufs Arbeitsleben vor. Das sind 276 Jugendliche mehr als im Vorjahr. Den größten Zuwachs verzeichnet der hauswirtschaftliche Bereich, gefolgt von den technischen Berufen. Die Esslinger Käthe-Kollwitz-Schule, mit einem Plus von 18,2 Prozent Spitzenreiter im Kreis, bietet vom Hauptschulabschluss bis zur Hochschulreife am Ernährungswissenschaftlichen Gymnasium ein breites Bildungsspektrum. Auf Platz zwei liegt die Kirchheimer Max-Eyth-Schule, wo es in diesem Jahr 5,7 Prozent mehr Anmeldungen gab. Das sind 92 Schüler mehr als im Vorjahr, die in den Berufsbereichen Elektrotechnik oder als Land- und Baumaschinenmechatroniker unterrichtet werden.
Zwei wesentliche Gründe gibt es für den Anstieg: Im Vollzeitunterricht sind es vor allem die inzwischen 17 Berufsvorbereitungsklassen für Flüchtlinge (VABO), die die Schulen vor Herausforderungen stellen. Auch wenn sich die Lage im neuen Schuljahr deutlich entspannt hat. Durch eine Anhebung der Altersgrenze fallen mehr Jugendliche in die Zuständigkeit des Staatlichen Schulamts. Dadurch hat sich die lange Warteliste für die VABO-Klassen an den Berufsschulen, in denen Deutsch unterrichtet wird und junge Flüchtlinge auf eine Ausbildung vorbereitet werden, von über 600 auf derzeit nur noch 78 verringert. Für Landrat Heinz Eininger, der seinen Kreisräten die aktuellen Zahlen im Schulausschuss vorstellte, ist es trotz momentaner Platznot der falsche Zeitpunkt, eine Diskussion über neue Bauprojekte loszutreten. Solange nicht klar sei, wie es beim Thema Inklusion weitergehe, könne man darüber nicht reden.
Im Teilzeitunterricht ist es vor allem die gute Wirtschaftslage mit einem entsprechenden Lehrstellenangebot, das die Schulen dem demografischen Wandel trotzen lässt. Die duale Ausbildung scheint den beruflichen Gymnasien momentan den Rang abzulaufen. Sie verloren in diesem Schuljahr 55 Schüler an Betriebe.
Ähnlich ergeht es der Nürtinger Albert-Pfäffle-Schule, die Banklehrlinge unterrichtet. Der einzige Berufszweig, der deutlich weniger Azubis in die Berufsschule schickt. 31 weniger als im Vorjahr. Zinstief und wachsender Konkurrenzdruck, ein Strukturwandel befeuert vom Online-Geschäft. Die Banken sparen am Personal, dünnen ihre Filialnetze aus und setzen zudem auf einen höheren Bildungsgrad. Am Schalter steht nicht mehr der Lehrling, sondern der Student mit Bachelor-Abschluss. Derzeit laufen Gespräche zwischen Schule, IHK und Regierungspräsidium, um zu klären, wie man diesem Trend begegnen kann.
Lehrermangel an der Esslinger Rohräckerschule
Fast unverändert sind die Zahlen dagegen in den sonderpädagogischen Einrichtungen des Landkreises. Trotz Abschaffung der Sonderschulpflicht. Eigentlich ein Grund zur Zufriedenheit. Doch an der Rohräckerschule in Esslingen hat man ein ganz anderes Problem: Lehremangel. Vor allem an der Schule für geistige Entwicklung und der Sprachheilschule muss man mit größeren Klassen leben. „Die Unterrichtsversorgung ist gewährleistet“, sagt Schulleiter Martin Schutz. „Aber wir können nicht die Qualität bieten, die wir gerne hätten.“ Dabei wäre das Geld für die Stellen da. Was fehlt, sind geeignete Bewerber.