Lenninger Tal
Meilenstein auf Meilenstein gesetzt

Jubiläum Das Oberlenninger Baugeschäft Gamper feiert sein 100-jähriges Bestehen. Viele ortsbildprägende Gebäude hat die Gemeinde dem Familienunternehmen zu verdanken. Von Anke Kirsammer

Die Volksbank in Oberlenningen und der Anbau an die Martinskirche, die Leichen- und die Aussegnungshalle, Schulen in Schopfloch, Donnstetten und Hochwang: Auf Schritt und Tritt stößt man in Lenningen und in der Region auf Gebäude, die das Oberlenninger Baugeschäft Gamper erstellt hat. Die Liste, zu der auch der Wiederaufbau von Häusern in Stuttgart gehört, die im Zweiten Weltkrieg zerbombt worden waren, ließe sich beliebig erweitern. Seit 1920 hat die Firma Gamper viele Steine verbaut. „Mir send hondert“, sagt Charlotte Gamper kurz und bündig. In den drei schwäbischen Worten schwingt eine Portion Stolz mit. Umso größer ist ihre Enttäuschung darüber, dass das Jubiläum wegen der Corona-Pandemie nicht gebührend gefeiert werden kann.

Geboren wurde die 91-Jährige nur wenige Jahre nach der Firmengründung durch ihren Vater August Steudle. Bis heute ist sie eng mit dem Unternehmen verbunden - genauso wie große Teile der Familie. Die Tochter Rosemarie Kazmaier fertigte über 40 Jahre die Rechnungen an. Der Sohn Friedrich Gamper führt seit 1993 das Baugeschäft in der dritten Generation. Ebenfalls in den Betrieb eingestiegen sind seine drei Söhne Fabian, Christian und Andreas, die alle den Beruf des Maurers gelernt haben. „Das ist schön. Damit hat das Geschäft eine Perspektive“, betont Friedrich Gamper.

Doch von vorn: 1920 hatte August Steudle die Firma gegründet. Damals wurden die Baugruben mit Schaufel und Pickel ausgehoben. „Mein Vater war kein Freund von Maschinen“, erinnert sich Charlotte Gamper. Nie hat er einen „Wechsel“ unterschrieben, sprich Schulden waren für den Firmenchef tabu. Eine der Geschichten, die bis heute in der Familie die Runde macht, stammt aus der Zeit der Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre: Damals hatte August Steudle Goldschmiede aus Pforzheim beschäftigt. „Die hatten so zarte Hände, die konnten auf dem Bau nicht recht schaffen“, sagt Charlotte Gamper. Das war mit „Gastarbeitern“ aus dem Südtiroler Ahrntal, die in den 1960er Jahren „angeheuert“ wurden, anders. Zu manchen von ihnen besteht bis heute enger Kontakt. Als später Verstärkung beispielsweise aus Jugoslawien geholt wurde, sorgte die Chefin dafür, dass ihr Verdienst nicht nur an die Lenninger Wirtshäuser floss, sondern auch etwas bei den Familien ankam: „Einen Teil des Lohns habe ich den Arbeitern immer erst kurz vor ihrer Heimreise ausbezahlt“, sagt sie.

Anderer Weg vorgezeichnet

Eigentlich war für ihren Mann Erich Gamper ein anderer Weg vorgezeichnet: Er sollte in Gutenberg die Schreinerei seines Vaters weiterführen. Doch er setzte seinen Kopf durch und begann 1950 bei seinem künftigen Schwiegervater eine Maurerlehre. Neun Jahre später übernahm er das Baugeschäft. Das hieß fortan Steudle-Gamper und firmierte später in Hoch-/Tiefbau Erich Gamper um.

Eine Decke zu betonieren, bedeutete einst Arbeit von früh morgens um 5 Uhr bis 22 Uhr spätabends. Zu essen gab es zwischendurch lediglich ein Vesper auf der Baustelle. Die Kieslieferungen mussten mit Pferdefuhrwerken vom Bahnhof abgeholt werden. Indem er Baumaschinen kaufte, setzte Erich Gamper der Improvisiererei ein Ende. War ein Motor defekt, brachte der Tüftler ihn garantiert wieder zum Laufen. Der Radlader tat auch bei der Apfelernte gute Dienste, und die Lastwagen kamen mitunter bei der Heuernte für die Schäferei zum Einsatz, die Charlotte Gamper neben der Buchhaltung für das Baugeschäft betrieb. Wenn schlechtes Wetter aufzog, ließen die Maurer auch schon mal Hammer und Kelle fallen und griffen stattdessen zur Heugabel.

Hoch- und Tiefbau - das bedeutet, dass nicht nur Gebäude hochgezogen werden, die Firma Gamper legt auch Waldwege an, baut Regenüberlaufbecken und zieht Gräben für Kabel oder Leitungen, wie den vom Asch auf der Alb zum Hochbehälter „Im Buchs“ oberhalb der Papierfabrik in Oberlenningen. Zu den großen Bauprojekten des Betriebs gehörte der Anschluss Schlattstalls an die öffentliche Wasserversorgung Anfang der 1990er Jahre.

Aktuell hat die Baufirma 13 Beschäftigte. Geschafft wird unter anderem am „Gaulsgumpen“ in Dettingen - ein Projekt zur naturnahen Gestaltung der Lauter.