Was ist der Worst Case für das Internet der Zukunft?
STEFAN LEIBFARTH: Der schlimmste Fall wäre, dass wir alle bei allem, was wir im Internet machen, ständig überwacht werden. Dass die ganzen Daten irgendwo gespeichert werden, wo sie jederzeit von den Regierungen abrufbar sind und gegen uns verwendet werden können.
Und der Optimalfall?
LEIBFARTH: Ein Internet, das uns dazu dient, sich zu vernetzen, zu kommunizieren, sich zu informieren und Meinung zu äußern – ohne die Angst, dadurch irgendwelche Nachteile in Kauf zu nehmen, weil unsere Meinung oder Art zu leben irgendjemandem nicht passt.
Welche Maßnahmen müssen jetzt getroffen werden, damit sich die Geschichte zum Guten wendet?
LEIBFARTH: Wir stellen jeden Tag die Weichen dafür und haben verschiedene Möglichkeiten: Zum einen können wir Parteien mit einem Programm wählen, das unserer Meinung ähnelt. Dazu können wir natürlich auch außerhalb von Wahlen durch Demonstrationen, Protestbriefe oder Besuche bei Politikern Einfluss nehmen. Doch wir sollten uns auch auf der technischen Seite schützen. Der Überwachungsskandal hat gezeigt, wie auf breiter Front Kommunikation und Verhalten überwacht werden. Gleichzeitig tut sich technisch gerade viel, damit Menschen ihre Privatsphäre besser schützen können.
Wie schütze ich mich denn am besten?
LEIBFARTH: Es gibt mittlerweile einfache Möglichkeiten: Einen Messenger wie „Signal“ zu nutzen, der Ende-zu-Ende verschlüsselt ist und somit Überwachung viel schwieriger macht, anonym surfen mittels „Tor“ oder genauer zu überlegen, was man in sozialen Netzwerken alles preisgibt. Es gibt diese technischen Möglichkeiten. An manchen Ecken müssen die noch benutzerfreundlicher gemacht werden, damit sie besser genutzt werden. Aber es tut sich was.
Braucht das Internet Regelungen und kann man es überhaupt regulieren?
LEIBFARTH: Es wird immer öfter versucht, die Selbstbestimmtheit des Internets zu beschränken, weil viele Firmen im Netz Geld verdienen wollen. Gleichzeitig versuchen Staaten Einfluss zu nehmen, um das Netz in ihrem Sinne zu beeinflussen.Noch ist das Internet ziemlich selbstbestimmt. Es ist aber auch äußerst schwierig, es technisch zu regulieren.
Was glauben Sie denn, wie sich das Internet weiterentwickelt?
LEIBFARTH: Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht. Wir stehen gerade am Scheideweg. Der NSA-Skandal hat Sachen ans Licht gebracht, von denen nur die größten Paranoiker gedacht haben, dass sie möglich sind. Jetzt wissen wir, dass es noch schlimmer ist. Nun gibt es eigentlich zwei Möglichkeiten: Entweder wir sagen „Okay, passt schon“ oder wir sagen: „Nein, wir wollen das nicht und wir tun etwas dagegen.“ Das Schöne ist: Jeder von uns kann sich an diesem Prozess beteiligen und die Entwicklung beeinflussen.
Wird das Internet unseren Alltag künftig noch stärker beeinflussen?
LEIBFARTH: Davon ist auszugehen, weil immer mehr Dinge vernetzt sein werden. Wir werden mehr online abwickeln, mehr Alltagsgegenstände vernetzen und Tätigkeiten automatisieren. Wir sehen, wie das Internet Haushaltsgeräte erobert, wir vernetzte Autos haben – bald schon selbstfahrende Autos, die übers Internet kommunizieren. Der Einfluss wird zunehmen, aber in vielen Fällen haben wir selbst in der Hand, was wir davon nutzen.