Ich bin der intelligenteste Mensch der Welt!“ Unbelastet von Minderwertigkeitsgefühlen widmet sich Meisterdetektiv Sherlock Holmes zusammen mit seinem Helfer Dr. John Watson seinem neusten Fall. Doch die Ereignisse um „Tod im Nebel“ stellen selbst ihn vor ungeahnte Herausforderungen, denn im London der 1920er-Jahre ist er es, dem man ans Leder will. Fast voll besetzt waren die Zuschauerränge am Samstagabend, als bei optimalem Wetter die Premiere des Stücks von Jürgen von Bülow unter der Regie von Edith Ehrhardt stattfand, die das erste Mal in einem Amateurtheater inszenierte.
Vorstandsmitglied Klaus Herzog begrüßte unter den Ehrengästen unter anderem den Autor von Bülow und Bärbel Mauch vom Verband Deutscher Freilichtbühnen Süd. Herzog dankte allen, die die Aufführungen ermöglichten. „Nach einer langen Probenzeit können unsere Spieler es kaum erwarten, wieder vor Publikum aufzutreten.“
Das Bühnenbild entführt ins historische London
Das Bühnenbild mit der „Baker Street 221 b“, dem Domizil des Meisterdetektivs, entführte sogleich in die Hauptstadt London vor 100 Jahren, erdacht von Bühnenbildnerin Constanze Gaißmaier und umgesetzt von Michi Mainzer, Jakob Daum und Nikolas Skempes. Laut schwatzend bauen die Marktfrauen ihre Stände auf, streckt eine Bettlerin flehend die Hände aus und flaniert die feine Gesellschaft bei einem Tässchen Tee. Holmes residiert über dem Platz in einer Wohnung mit Chippendale-Tisch, Bücherregalen und Fransensofa. Zu ihm herauf dringt der Gesang „Alas my love“ der Heilsarmee.
„Ich langweile mich schrecklich. Die Kriminellen sind so leicht zu durchschauen“, sagt Holmes, überzeugend arrogant gespielt von Stefan Pollok, zu Michael Mainzer in der Rolle des Dr. Watson, vordergründig in der zweiten Reihe stehend, doch gewitzt und mit einer höheren empathischen Bandbreite als Holmes, dem Menschen herzlich „egal“ sind. Die beiden Männer gehen auf den Marktplatz hinunter und lauschen der Heilsarmee, die mit der Sammelbüchse klappert. „In einer Minute wird sie geklaut“, prognostiziert Holmes und richtig, ein Langfinger schnappt sich das Geld. Überraschend schnell ist der schräge Kommissar Lestrade, gespielt von Kalle Kirchner zur Stelle, der mit seinen trotteligen Gehilfen George und John Witherspoon, verkörpert von Silas und David Kuhmann, zum Publikumsliebling avancierte. Die Heilsarmee allerdings, so analysiert Holmes messerscharf, ist keine, denn die Damen tragen untypischerweise Ohrlöcher. Vielmehr gehören sie zum Allegra-Theater, einem anrüchigen Etablissement unter der Leitung von Elizabeth, gespielt von Kerstin Schürmann und Tante Ruth, in deren Rolle Simone Daum schlüpft. Schürmann und Daum sind es auch, die neben den beiden Hauptdarstellern besonders viel Beifall des Publikums erhielten. Das Ensemble agierte mit großer Spielfreude und Präsenz, die eigens komponierte Musik von Magnus Reichel unterstützte die Handlung perfekt, Heike Pautkin, Saskia Stumpf und Sophia Petermann sorgten für hinreißende Kostüme, Frisuren und die Maske. Reinhard Kopp und sein Team lieferten Ton und Licht, das bei fortschreitender Dunkelheit umso effektvoller wurde.
Auch Elemente des Burlesque sind zu sehen
Elizabeth ist nicht nur die Überheblichkeit Holmes‘ ein Dorn im Auge, nein, sie hat auch darüber hinaus ein gewaltiges Hühnchen mit ihm zu rupfen. Dazu bedient sie sich des Allegra-Theaters und der Mädchen, die zu „Welcome to Burlesque“ und in schicken Charleston-Kleidern eine mitreißende Tanzshow auf die Bühne bringen. Als dramatisches Element steigt von dort Nebel auf, der nicht so harmlos ist, wie er scheint.
Natürlich geht am Ende alles gut aus, nebenher wird auch eine Vater-Tochter-Geschichte aufgeklärt, und die beiden eingefleischten Junggesellen machen sogar die Bekanntschaft der beiden reizenden Theatermädels Doraund Katie, gespielt von Saskia Stumpf und Hanna Müller. Das Publikum, das während der Aufführung viele Lacher, „Ahs“ und „Ohs“ hören ließ, spendete begeisterten, minutenlangen Beifall. Bis zum 19. August gibt es noch viele Gelegenheiten, das Stück zu erleben.
Die nächsten Aufführungen von „Sherlock Holmes“
Samstag, 17. Juni, 20.30 Uhr
Samstag, 24. Juni, 20.30 Uhr
Samstag, 1. Juli, 20.30 Uhr
Mittwoch, 5. Juli, 15 Uhr
Samstag, 8. Juli, 20.30 Uhr
Samstag, 15. Juli, 20.30 Uhr
Samstag, 22. Juli, 20.30 Uhr
Freitag, 28. Juli, 20.30 Uhr
Samstag, 29. Juli, 20.30 Uhr
Samstag, 5. August, 20.30 Uhr
Samstag, 12. August, 20.30 Uhr
Freitag, 18. August, 20.30 Uhr
Samstag, 19. August, 20.30 Uhr
Karten können online unter www.naturtheater-groetzingen.de bestellt werden oder im Stadtbüro der Nürtinger Zeitung unter der Nummer 0 70 22/9 46 41 50.