Zwischen Neckar und Alb
Messerangriff in Esslingen entfacht eine Sicherheitsdebatte

Kriminalität Nach der Attacke in der Esslinger Katharinenschule warnt der Ordnungsbürgermeister Yalcin Bayraktar vor Aktionismus. Der 24-jährige Tatverdächtige muss sich psychiatrisch untersuchen lassen. Von Alexander Maier

Die Tat macht noch immer fassungslos: Ein Mann hatte am vergangenen Freitag in der Esslinger Katharinenschule ein siebenjähriges Mädchen und eine 61-jährige Betreuerin mit einem Messer attackiert und ihnen schwere Schnittverletzungen zugefügt. Stunden später ließ sich der mutmaßliche Täter, ein 24-jähriger Mann, nach intensiver Fahndung in Stuttgart festnehmen . Er sitzt nun in Untersuchungshaft, eine 13-köpfige Sonderkommission der Polizei versucht, die Hintergründe der Tat aufzuklären. Wichtige Hinweise erhoffen sich die Ermittler von einem psychiatrischen Gutachten, das inzwischen von der Staatsanwaltschaft angeordnet wurde.

In Esslingen und weit darüber hinaus sorgt die Messerattacke weiter für Gesprächsstoff – auch im Rathaus. Schul- und Ordnungsdezernent Yalcin Bayraktar nimmt den Zwischenfall sehr ernst. Er warnt jedoch vor übereilten Reaktionen und möchte lieber effektive Strategien entwickeln, um die Sicherheit in der Stadt und speziell in den Schulen weiter zu verbessern. Allerdings bleibt die schmerzliche Erkenntnis, dass sich solche Ereignisse wohl niemals völlig verhindern lassen.

Was den 24-Jährigen zu der Messerattacke bewogen haben könnte, ist weiterhin unklar. Mittlerweile gilt es als gesichert, dass die 61-jährige Betreuerin und das siebenjährige Mädchen Zufallsopfer waren. Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizeidirektion ermitteln wegen des Verdachts eines versuchten Tötungsdelikts. Die durch Schnittwunden verletzte 61-Jährige konnte bereits am Samstag wieder aus der Klinik entlassen werden – sie soll jedoch weiterhin psychologisch betreut werden, um die traumatischen Ereignisse besser verarbeiten zu können.

Wie ein Polizeisprecher bestätigte, ist das siebenjährige Mädchen zwar auch auf dem Weg der Besserung, wird aber noch immer stationär behandelt. Für die Polizei geht es nun darum, die Hintergründe der Tat aufzuklären. „Momentan beleuchten wir vor allem das Umfeld des Mannes, um dort weitere Hinweise zu suchen“, erklärt der Polizeisprecher. Bislang sei der 24-Jährige „polizeilich noch nicht in Erscheinung getreten“. Einen entscheidenden Ermittlungsschritt könnte das psychiatrische Gutachten bringen, das nun erstellt werden soll.

Die Messerattacke an der Esslinger Katharinenschule hat bundesweit für Aufsehen gesorgt – besonders intensiv wird natürlich vor Ort über mögliche Konsequenzen diskutiert. Yalcin Bayraktar, der als Esslinger Dezernent für Ordnungs- und Schulwesen mit den jüngsten Ereignissen befasst ist, hat das Thema Sicherheit nicht nur an Schulen, sondern in der ganzen Stadt schon lange auf dem Schirm. Allerdings warnt er vor übereilten Reaktionen unter dem Eindruck der Messerattacke: „Ich habe selbst Kinder und möchte deshalb alles tun, damit alle sicher zur Schule gehen können. Aktionismus, nur um zu zeigen, dass wir etwas tun, hilft uns jedoch nicht weiter. Was wir tun, muss durchdacht und möglichst effektiv sein.“ Wenn das Innenministerium die Ausweisung messerfreier Zonen vereinfachen wolle, werde die Stadt diese Möglichkeit sicherlich prüfen. Allerdings gibt Bayraktar auch zu bedenken: „Es hilft nichts, nur symbolisch etwas zu beschließen. Schulen sind bereits jetzt messerfreie Zonen. Trotzdem ist nun so etwas passiert. Allein mit Regeln lässt sich nicht jedes Problem lösen.“

Mit dem Amt für Bildung, Erziehung und Betreuung ist Bayraktar im Gespräch, welche Möglichkeiten es gäbe, „um das Sicherheitsgefühl möglichst wirksam zu verbessern – vor allem in den Früh- und Spätzeiten, wenn nur wenige in den Schulhäusern sind“. Und er verspricht: „Wir werden Vorschläge erarbeiten, diskutieren und möglichst zeitnah umsetzen.“ Gleichwohl weiß der Schul- und Ordnungsdezernent: „Wir könnten als Reaktion auf die Messerattacke zum Beispiel an jeder Schule Kameras installieren. Aber bei allem, was wir tun, müssen wir uns fragen lassen, welche Maßnahmen solche Taten überhaupt verhindern könnten.“ Die Stadt werde mit Augenmaß das tun, was sinnvoll und machbar sei. Es könne jedoch nicht das Ziel sein, künftig „in einer Angstgesellschaft zu leben, die sich nur noch verbarrikadiert“.

Chronik der Ereignisse

Die Tat Ein zunächst unbekannter Mann hatte am vergangenen Freitag gegen8 Uhr in der Esslinger Katharinenschule ein siebenjähriges Mädchen und eine 61-jährige Betreuerin mit einem Messer attackiert. Die beiden, die an einem Ferienprogramm teilnahmen, erlitten Schnittverletzungen und mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Dem beherzten Eingreifen der 61-Jährigen und der Umsicht weiterer Betreuerinnen ist es zu verdanken, dass die Tat keine noch schlimmeren Folgen hatte.

Die Fahndung Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort und nahm die Fahndung nach dem flüchtigen Täter auf, der zunächst nicht ermittelt werden konnte. Lediglich die mutmaßliche Tatwaffe wurde am Nachmittag gefunden.

Die Verhaftung Am frühen Freitagabend wurde dann ein 24-Jähriger in Stuttgart-Uhlbach festgenommen. Er hatte einen Passanten gebeten, die Polizei zu alarmieren, weil er seinen Angaben zufolge für die Tat in Esslingen verantwortlich sei. adi