Zwischen Neckar und Alb
Messerstecher wähnte „Dämonen“ oder „Spione“ in der Wohnung

Justiz Ein 32-Jähriger soll zwei Menschen mit dem Messer verletzt haben. Seine Partnerin macht wirre Aussagen.

Unterensingen. Es war eine nervenaufreibende Zeugenbefragung. Die 28-jährige Lebensgefährtin des Angeklagten wich im Stuttgarter Landgericht Fragen aus und hatte Verständnisprobleme. Nur nach vielfachen Nachfragen konnte ein Tathergang rekonstruiert werden. Der Angeklagte soll am 21. Mai 2021 in Unterensingen auf den Vater seiner Partnerin und einen Passanten mehrfach mit einem Messer eingestochen haben.

Ihr Freund sei am Tatmorgen ganz ruhig gewesen. Sie habe ihn unangemeldet in seiner Wohnung überrascht, erklärte die 28-Jährige, und er habe nach Zigratten gefragt. Sie sollte in der elterlichen Wohnung Geld dafür holen. Ihr Vater, so sagte die junge Frau aus, habe ihren Freund nicht gemocht, habe ihm vorgeworfen, dass er nicht arbeiten gehe, sich nicht um einen Job bewerbe und verantwortlich sei, dass die gemeinsame Tochter bei einer Pflegefamilie untergebracht worden war. Trotz dieses angespannten Verhältnisses habe ihr Freund sie bis vor die Haustür der elterlichen Wohnung begleitet.

Nach dem Klingeln habe der Vater einen grünen Stab in der Hand gehabt und dmait ihrem Partenr gedroht. Sie sei die Treppen hoch zur Wohnung gegangen, danach habe sie Schmerzensschreie gehört. Ihr Vater war in der Zwischenzeit wohl die Treppen hochgekommen. Sie habe Blut und Verletzungen an seinem Körper bemerkt. Ein im selben Haus Wohnender sei hinzugekommen und gemeinsam hätten sie die Wunden versorgt. Dann hab sie die Polizei gerufen, und bei einem Blick auf die Straße habe sie bemerkt, dass ihr Lebensgefährte, gefolgt von einem Mitbewohner des Hauses, auf die Straße rannte und dort auf einen Passanten fünf- bis sechsmal im Bereich von Ohr, Brust und Herz einstach.

Charakter und Verhalten des Angeklagten, die Art der gemeinsamen Beziehung und die beiderseitige psychische Verfassung waren dann Gegenstand der Zeugenvernehmung. Der Angeklagte sei nie gewalttätig gegen sie geworden, sagte die junge Frau aus: „Nur einmal hat er mir die Nase gebrochen.“ Über einen früheren Gefängnisaufenthalt habe ihr Partner sie in Kenntnis gesetzt. Doch auf die konkrete Nachfrage des psychiatrischen Gutachters verneinte sie, etwas von einer früheren, angeblichen Messerattacke des Angeklagten gegen dessen Vater und Schwester zu wissen.

Dann berichtete die Zeugin von Dämonen oder Spionen, die immer wieder durch die Wohnung, die sie eine Zeit lang zusammen mit dem Angeklagten bewohnt hatte, gegeistert seien und von Stimmen, die sie beide gehört hätten. Ein weiterer Zeuge wurde zur Messerattacke des Angeklagten gegen den Passanten befragt. Er sei zufällig hinzugekommen, als der Geschädigte bereits blutend am Boden lag, sagte der junge Mann aus. Ein dunkelhäutiger Mann habe mit einem Gegenstand in der Hand versucht, einen mit einem Messer bewaffneten Angreifer von dem Opfer fernzuhalten und es zu verteidigen. Der Angreifer habe dann die Flucht ergriffen. Er sei sich fast sicher, so der Zeuge, dass der Angeklagte der Täter gewesen sei.

Die Verhandlung wird fortgesetzt. Simone Weiß