Diese Nachricht ist für Nürtingen ein Paukenschlag: Der Elektrowerkzeugehersteller plant am Stammsitz in Nürtingen den Abbau von 145 Arbeitsplätzen. Wie Geschäftsführer Henning Jansen am Dienstagnachmittag berichtet, sind der Wegfall des Russlandgeschäfts und massive Kostensteigerungen bei Löhnen und Gehältern, Material sowie Energie der Grund für diese unternehmenspolitische Entscheidung. Teile der Produktion sollen nach Osteuropa verlagert werden. In Nürtingen will man sich künftig auf die Herstellung von Winkelschleifern und die Akku-Konfektionierung konzentrieren.
Die Mitarbeiter wurden am Dienstag bei einer Betriebsversammlung informiert. Wie zu hören ist, hatte die Geschäftsleitung sie damit wohl vor vollendete Tatsachen gestellt. Vom Betriebsrat war zunächst niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.
Kostensenkung reicht nicht
Die genannten Faktoren hätten die Wettbewerbsfähigkeit und die Ertragskraft des Standorts beeinträchtigt, so Jansen. Durch Sparmaßnahmen wie Kurzarbeit in einigen Bereichen, Einstellungsstopps und Ausgabenkürzungen hätten die Kosten nicht im erforderlichen Maß gesenkt werden können, um den Umsatzrückgang zu kompensieren. Deshalb hätten sich Aufsichtsrat und Geschäftsführung dazu entschlossen, die Anzahl der Arbeitsplätze zu reduzieren. Mit der Restrukturierung wolle man den Standort Nürtingen langfristig auf eine zukunftsfähige Basis stellen. „Die Rahmenbedingungen werden sich kurzfristig nicht verändern“, sagt Jansen: „In Anbetracht der Gesamtsituation ist sich das Management-Board einig, dass die nun mit den Gesellschaftern vereinbarten Maßnahmen sicher die beste Option für Nürtingen sind.“
Durch die Fokussierung auf die Produktion von Winkelschleifern, dazu zählten auch weitere auf dieser Grundtechnik basierende Geräte, und die Akku-Konfektionierung werde der Standort wettbewerbsfähig aufgestellt. Auch ein Großteil der Komponentenfertigung wie Motoren, das Stahlfraktal sowie der Kunststoffspritzguss blieben in Nürtingen. Produkte mit geringerer Stückzahl gingen hingegen nach Osteuropa. Dazu zählten zum Beispiel Hämmer, Sander-Schwingschleifer, Schlagbohrmaschinen oder Heckenscheren. Einen genauen Standort dafür nannte Jansen nicht. Die Aluminium-Gießerei werde man ganz aufgeben.
Nach den Sommerferien geht’s los
Mit den ersten Maßnahmen werde man nach den Sommerferien beginnen. Bis Ende 2024 sollen sie abgeschlossen sein. Etwa 80 Arbeitsplätze könnten durch Erreichen des Rentenalters, auslaufende Verträge und eine voraussichtliche natürliche Fluktuation abgebaut werden. 60 Mitarbeitern werde man betriebsbedingt kündigen. Der größte Teil des Stellenabbaus betreffe das direkte und indirekte Produktionsumfeld. Auch in der Verwaltung von Metabo fielen Stellen weg. Man werde nun das Gespräch mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft hinsichtlich eines Interessenausgleichs und eines Sozialplans für die Mitarbeitenden aufnehmen.
Metabo, das zur japanischen Hikoki-Gruppe gehört, deren Eigentümer wiederum der Finanzinvestor KKR ist, machte laut Jansen in Russland einen Umsatz von 100 Millionen Euro, was einen Anteil am Gesamtumsatz von 15 Prozent ausgemacht habe. Vergangenes Jahr sei dieser durch den Ukraine-Krieg auf die Hälfte geschrumpft, in diesem Jahr seien es unter zehn Millionen Euro. „Wir planen, aus diesem Geschäft rauszugehen und unsere dortige Niederlassung zu schließen“, so Jansen. „Der Umsatz wird nicht schnell zurückkommen, und auch die Kosten werden in den nächsten Jahren nicht nennenswert sinken. Hinzu kommt, dass auch das Bauhandwerk deutliche Bremsspuren aufweist“, sagt der Geschäftsführer. Zur Ertragslage macht Metabo keine Angaben. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen in Nürtingen rund 1100 Mitarbeiter.
Gewerkschafft überrascht
Auch bei der IG Metall war man am Dienstag von der Ankündigung überrascht, wie der Zweite Bevollmächtigte Max Czipf auf Nachfrage sagte: „Ich hatte nicht mit einer Maßnahme gerechnet.“ Man werde sich nun zusammen mit dem Betriebsrat ein Bild von der Lage und dann eigene Vorschläge machen: „Für uns ist das zunächst einmal nur ein Plan.“
Aus seiner Sicht sei es riskant, so Czipf, sich am Standort auf ein Produkt zu fokussieren: „Man kann sich ausmalen, was passiert, wenn das nicht mehr läuft. Der Mix vor Ort muss stimmen.“ Dass Arbeitsplätze wegfallen sollen, trage zu einer weiteren De-Industrialisierung bei, kritisiert er.