Zwischen Neckar und Alb
Millimeterarbeit in 164 Metern Höhe

Energie Am Goldboden im Schurwald entsteht zurzeit ein Windpark. Um die Rotorblätter am Windrad zu befestigen, brauchen die Mitarbeiter Fingerspitzengefühl. Von Karin Ait Atmane

Noch in diesem Jahr sollen sich die Windräder am Goldboden oberhalb von Winterbach drehen. Die ersten Rotorblätter wurden bereits an einem Windrad am Kaisersträßle montiert. Ein gutes Dutzend Schaulustiger verfolgte, wie die geschwungenen Flügel in die Höhe gehoben und in die Nabe eingesetzt wurden.

Zwei Mal hatten die EnBW und die Firma Nordex den Termin verschoben - wegen dichten Nebels, vereister Rotorblätter, zu viel Wind. Denn gute Sicht ist unabdingbar, und bei vereisten Blättern besteht Gefahr für die Mitarbeiter durch herabstürzende Brocken. Unter Umständen hätte der spezielle Greifer sogar Schwierigkeiten, das Rotorblatt mit seiner geschwungenen Form zu halten.

Doch dann waren die Wetterbedingungen optimal. Ruhig schwebt der Flügel nach oben. 13 Tonnen schwer, 65 Meter lang - und doch wirkt er beinahe zerbrechlich, wie ein filigranes Mobile, als er vom 180 Meter hohen Kran in die Höhe gezogen wird. Mit drei Seilen, die nach unten zum Boden führen, kann das Rotorblatt stabilisiert und auch etwas gelenkt werden. In wenigen Minuten hat es die 164 Meter Nabenhöhe erreicht. Rund dreieinhalb Meter groß ist die Einsetzöffnung, in deren Innerem drei Mitarbeiter warten, um die 30 Zentimeter langen Bolzen von innen festzuschrauben. „Das ist ein Fitzelgeschäft“, sagt Christopher Backfisch, stellvertretender EnBW-Projektleiter für diesen Windpark.

Der Kranführer sieht per Kamera, wohin sich seine Fracht bewegt. „Die Mitarbeiter führen die Rotorblätter mit der Hand ein, die müssen natürlich höllisch aufpassen“, sagt Michael Soukoup, der die Entwicklung der Windkraft bei der EnBW leitet. Den Standort beurteilt er als gut. Mit einem Windmessmast und einem Lidarmessgerät wurde eine Windgeschwindigkeit von sechs Metern pro Sekunde ermittelt, das sei für Baden-Württemberg „ein guter Wert“.

Einige Minuten dauert es, bis sich der Ansatz des Rotorblatts vollständig in die Nabe gefügt hat. Einige Schaulustige haben sich um das Windrad versammelt. Peter Markotschi aus Büchenbronn ist sogar beinahe täglich vor Ort. „Ich dokumentiere das für einen Film“, erklärt er. Damit wolle er an einem Wettbewerb teilnehmen. Das Einsetzen der Rotorblätter beeindruckt ihn bislang am meisten, zusammen mit dem Aufbau des Krans. Er wurde in der Baustelleneinfahrt liegend zusammengesetzt und dann mit einem Kran aufgestellt. Von der Bürgerinitiative Pro Schurwald, die gegen den Windpark protestiert, war aber niemand da.

Fertig montiert dreht sich das erste Rotorblatt langsam nach unten, damit die Nabenöffnung fürs zweite Exemplar in Position kommt. Rund eineinhalb Stunden pro Blatt muss man rechnen. Das zweite und dritte Windrad sollen bald folgen. Dann könnte der Windpark am Goldboden noch 2017 Strom produzieren. Eigentlich hätte er im September an den Start gehen sollen, die Verzögerung sei vor allem durch den Transport der Komponenten entstanden, erklärt EnBW-Projektleiter Tobias Borde, denn jedes Mal müssten Straßen gesperrt und Genehmigungen eingeholt werden.