Geschichte
Mit dem Albverein aufrührerischen Bauern auf der Spur

Gleich drei Wanderungen im Zeichen des Bauernkriegs standen zur Auswahl. Die längste führte auf die Burg Teck, die vor 500 Jahren angezündet wurde. Kirchheim war ein Zentrum des Widerstands. 

Auf dem Ho-Chi-Minh-Pfad ging es auf die Teck. Foto: Iris Häfner

Eine informative Wanderung erlebte ein wetterfester „Haufen“. Dieses Wort fiel mehrfach auf der etwa 15 Kilometer langen Tour von Kirchheim zur Teck mit Ziel Marienkirche Owen. Das kam nicht von ungefähr, wandelte die Gruppe doch auf den Pfaden von Hans Wunderer, der vor 500 Jahren die Burg Teck beim Bauernaufruhr angezündet hat. 

Der Schwäbische Albverein Kirchheim unter Federführung von Harald Lübke hat drei Führungen, zeitlich versetzt, mit Historikerinnen und Historikern angeboten. Die Kürzeste ging bis Dettingen, die Mittlere bis Owen und die lange über die Teck nach Owen. Start bei allen war das Vogthaus. Die Kirchheimer Historikerin Rosemarie Reichelt entführte ihre Zuhörerinnen und Zuhörer in die Zeit des Bauernkriegs in Kirchheim und räumte einen Fehler in der Geschichtsschreibung aus: Der Pfleghof des Klosters Adelberg in Kirchheim stand dort, wo heute das Vogthaus ist – und eben nicht zwischen Markt- und Schlossplatz, wo bis heute an der Fassade des Spielwarengeschäfts auf einer Steintafel fälschlicherweise darauf hingewiesen wird.

Die Klöster wurden immer reicher, die Bauern immer ärmer.

Historikerin Rosemarie Reichelt über die Ursache des Bauernaufstands

„Die Klöster wurden zu dieser Zeit immer reicher, die Bauern immer ärmer. Die Klosterleute lebten im Reichtum und waren bei der Bevölkerung verhasst. Der Adelberger Pfleghof wurde als einziges Gebäude in Kirchheim von den Aufständischen völlig zerstört“, erzählt Rosemarie Reichelt. Kirchheim war zu der Zeit Habsburgisch und die Bauern lehnten sich auch gegen den ebenfalls reichen Adel und die Leibeigenschaft auf.

2000 bis 2500 Menschen lebten damals innerhalb der Stadtmauern – etwa 5000 Mann zählte der Bauernhaufen, der auf der Hahnweide kampierte. Am 30. April stand ein Teil davon vor dem Jesinger Tor und begehrte Einlass, der gewährt wurde. „Drei Tage war Kirchheim Residenzstadt, denn die Bauern haben die Herrschaft übernommen und hier ihr Quartier aufgeschlagen“, so Rosemarie Reichelt.

 

Auch dem Kirchheimer Schloss wurde ein kurzer Besuch abgestattet. Foto: Iris Häfner

 

Über das Schloss und den Galgenberg ging es auf die Hahnweide. Dort übernahm Stadtarchivar Frank Bauer das Vortrags-Zepter. „Die Hahnweide spielte eine große Rolle. Hier oben – das war ein zentraler Platz zwischen Kirchheim und Nürtingen. Es war eine große offene Weide, ein Teich mit Fischen ganz in der Nähe und der große herzogliche Wald mit Wild direkt daneben.“ Für die Verpflegung war gesorgt. „Das war kein wilder Haufen, die Bauern waren organisiert, alles wurde basisdemokratisch entschieden, auch wer Hauptmann wird.“ Bestens zu sehen ist von hier die repräsentative Teck. Am 3. Mai machten sich laut damaliger Zeugenaussagen vier Männer, darunter Hans Wunderer – ein Radikaler unter den meist gemäßigten Bauern – auf den Weg, um die Burg anzuzünden.

Auf ihrem Weg kamen sie auch am Schlossberg in Dettingen vorbei. Heute ist es ein unscheinbarer Grashügel in Privatbesitz. Svenja Galla informierte über diese Station: „Bis 1888 hieß es Dettingen am Schlossberg.“ Bol, Mansberg und Tiefenbach waren weitere Burgstellen in Dettingen. Die Kirchheimer Historikerin gab einen Einblick in die Familiengeschichte des Schlossbergs. Klaus von Grafeneck residierte zu dieser Zeit und floh vor den Bauern auf den Neuffen. Der Schlossberg wurde geplündert.

Die mächtige Burg Teck brennt

Während Svenja Galla wie Frank Bauer und Rosemarie Reichelt an Ort und Stelle blieben, um die nachfolgenden Wandergruppen zu informieren, stand nun für Gruppe eins der Anstieg auf die Teck über den Guckenrain und den Ho-Chi-Minh-Pfad an. „Diesen Weg dürfte auch Hans Wunderer gegangen sein“, ist Harald Lübke überzeugt. Nach der Stärkung im Burghof gab Alfons Nowak vom Albverein in Vertretung des erkrankten Hans-Peter Hils vom Alt-Owen Förderkreis einen kurzen Einblick was auf der Teck geschah. Als einen Radaumacher beschrieb er Hans Wunderer. „Wie kann das sein, dass nur vier Mann die Teck anzünden können?“, fragte er. Die Antwort aus seiner und Hils’ Sicht: Ein oder zwei Tage zuvor waren die Bauern schon einmal auf der Burg und forderten die Herausgabe sämtlicher Waffen – 5000 Mann waren eine überzeugende Drohkulisse. Der damalige Besitzer lebte nicht mehr auf der Burg, die aus Prestigegründen jedoch sehr wichtig in Württemberg war. „Die Besatzung war waffenlos und wohl abgezogen. Feuer aus dem Herd ist eine plausible Erklärung, um die mächtige Burg niederbrennen zu können“, so Alfons Nowak.

Dem Regen getrotzt auf der Burg Teck. Foto: Iris Häfner

Auf einem recht schlüpfrigen Pfad ging es dann hinunter zur Owener Marienkirche wo neben einer Hochzeitsgesellschaft vor allem Rainer Laskowski, Erster Vorsitzender des Alt-Owen Förderkreises, auf die Wanderschar wartete. Jetzt wurde es politisch und Laskowski outete sich als Linker wie Wilhelm Zimmermann. „Ein Radikaler aus Stuttgart“, stellte er den 1807 in Stuttgart geborenen Pfarrer vor, der auf dem Owener Friedhof neben der Kirche begraben liegt.

Zimmermann war Linker

Bis heute bekannt geblieben ist er dank seiner 1841 erschienene „Geschichte des Bauernkriegs“, ein Standardwerk. „Darin hat er ein neues Bild von den Bauern gezeichnet, hat ihnen eine Stimme gegeben“, so Laskowski. Ein ganz Schlauer sei der Zimmermann gewesen. „Er war ein äußerst engagierte Demokrat wie seine Frau. Er gehörte zur äußersten Linken im ersten Parlament Deutschlands, dem Paulskirchenparlament, und schloss sich der Fraktion Donnersberg an. Die Pietisten waren damals links – sollte man heute kaum glauben. Weil er am Rumpfparlament in Stuttgart beteiligt war, wurde er aus dem Staatsdienst entlassen. 1853 wurde er wieder Pfarrer und dann hier nach Owen abgeschoben“, so Laskowski. Es war seine letzt​​​​​​​e​​​​​​​ Stelle, er​​​​​​​​​​​​​​ starb​​​​​​​ 1878​​​​​​​​​​​​​​ bei einem Kuraufenthalt in Ba​​​​​​​d M​​​​​​​ergentheim.