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Mit dem Bauer durch das Jahr: Das Wetter kennt keine Bürokratie

Serie Die Familie Kächele betreibt einen ­Bio-Bauernhof. Der Teckbote begleitet die Familie bei der Arbeit durch die Jahreszeiten: der Januar. Von Cornelia Wahl

Ein eisiger Wind weht unterhalb der Sulzburg in Lenningen. Die Kälbchen liegen gemütlich in ihrem Stall und schauen zufrieden in die Gegend. Eine ruhige Idylle an einem trüben Januar-Tag. Was so idyllisch wirkt, beginnt für die Kächeles – das sind Arnim, seine Frau Renate sowie Sohn Johannes mit seiner Frau Katharina und den drei Kindern – frühmorgens mit der Stallarbeit.

Da ist Teamarbeit angesagt. 60 Milchkühe wollen gemolken und gefüttert werden. Vor dem eigentlichen Melkvorgang mit einer Melkmaschine im Melkstand muss vorgemolken und das Gesäuge gereinigt werden. Und auch danach braucht das Euter Pflege. „Wenn die Kuh schon im Melkstand steht, geht es schnell“, sagt Arnim Kächele. Aber nicht immer wollen die Kühe so, wie es dem Bauern gefällt: „Wenn mal eine Kuh nicht gleich in den Melkstand will und noch überlegt, dann dauert es halt mal länger“, erzählt er. Aufmerksamkeit brauchen auch die Kälbchen. Die ganz jungen werden von Hand mit dem Nuckel-Eimer gefüttert, „das braucht mehr Zeit als bei den älteren“, sagt Katharina Kächele.

Seit 1987 wirtschaftet der Familienbetrieb nach Biolandrichtlinien. Für die Tiere bedeutet dies, dass sie im Sommer auf der Weide sind und auch im Winter Auslauf ins Freie haben. Jetzt im Winter bekommt das Milchvieh eigenes Heu und Silage. Das Kraftfutter stellen die Kächeles aus dem eigenen angebauten Getreide her.

 

Die Spanne ist so klein, da kann man keine großen Sprünge machen.
Arnim Kächele
Der Bioland-Bauer zur Ertragslage

 

Wenn es das Wetter zulässt, der Boden nicht zu nass, schneebedeckt oder gefroren ist, geht es raus auf die Wiesen, zur Landschaftspflege „in gewissem Maße“, wie Johannes Kächele es nennt. So erzählt er, dass es auf einer Parzelle Eschentriebsterben gibt. Verursacht wird die schwere Baumkrankheit durch einen aus Ostasien eingeschleppten Pilz (Hymenoscyhus fraxineus), gegen den es bisher keine wirkungsvolle Maßnahme gibt. Dazu noch lässt sich das infektiöse Material aufgrund der Sporenbildung nicht vollständig entfernen. Schwer kranke Bäume müssen gefällt, leicht befallene oder Eschen ohne äußere Krankheitssymptome gefördert werden, in der Hoffnung, sie bilden Resis­tenzen aus.

Und noch eine weitere Arbeit kann im Januar getan werden. Wenn es abgetrocknet ist, geht es auf die Streuobstwiesen. Bei 1200 Obstbäumen gibt es ordentlich was zu tun. Dort müssen Äste, die abgebrochen sind, aufgeräumt werden. Und auch der Baumschnitt kann erfolgen. „Durch die Trockenheit im vergangenen Sommer haben die Bäume sehr gelitten. Einige Bäume sind kaputtgegangen“, erzählt Arnim Kächele.

An den Tagen, an denen auf dem Feld oder den Wiesen nicht gearbeitet werden kann, wird Brennholz gemacht oder es steht das Abarbeiten der Bürokratie auf dem Plan – nicht nur das Wetter setzt der Arbeit der Bauern Grenzen. Kächeles erzählen von Vorgaben, die festlegen, zu welcher Zeit etwa gepflügt oder die Gülle ausgebracht werden darf. Und von der Schwierigkeit, die Vorgaben mit den Wetterbedingungen unter einen Hut zu bringen. „Die Vorschriften ändern sich immer wieder“, erzählt Johannes Kächele. Das Wetter kennt halt keine Bürokratie.

Und eine Sache macht richtig tiefe Sorgenfalten: die schrittweise Rücknahme der Steuerbefreiung für Agrar-Diesel. „Auf dem Hof gibt es zwei ältere Diesel-Schlepper. Wir sind froh, damit schaffen zu können. Wir können unseren Fuhrpark nicht durcherneuern“, sagt Arnim Kächele. Für ihn gibt es keine Alternative, sonst müsse man alles von Hand machen. Man könne auch nicht sagen, „dann pflüge ich nicht, dann säe ich nicht, denn dann gibt es nichts zu essen. Die Spanne, was übrig bleibt, ist so klein, da kann man keine Sprünge machen“, resümiert er nachdenklich.