Eine Szenerie, wie aus dem Bilderbuch längst vergangener Zeiten: Gemächlich zieht der Schäfer mit seiner Herde und den Hunden den Teckberg entlang. Von der Ferne ist leise das Blöken zu hören, ab und zu ein Pfiff. Doch der Schein trügt. Die Zeit ist auch für die Schäfer nicht stehen geblieben, und moderne Technik hat Einzug im Schafstall gehalten. Dabei ist nicht nur von Hightech-Schleppern und den adäquaten Landwirtschaftsgeräten die Rede. Der Laptop ist für Schäfer Schmid aus Owen ein ebenso selbstverständliches Arbeitsmittel wie andernorts im Büro.
Die Schafe gehören zur Schwäbischen Alb und den Traufhängen wie die Kalkfelsen und kargen Böden. Ohne die Tiere und ihren Nahrungsbedarf gäbe es die Wacholderheiden nicht, sie sind also lebensnotwendige Landschaftspfleger für Silberdistel und Co. Doch auch dieser Landwirtschaftszweig hat schon rosigere Zeiten erlebt, landesweit geht der Schafbestand kontinuierlich zurück. Die Gründe dafür sind vielfältig, lassen sich aber kurz und bündig zusammenfassen: viel Arbeit, wenig Verdienst.
Wolle bringt kaum Umsatz
Die Wollpreise beispielsweise können kaum weiter in den Keller fallen. „Die Wolle bezahlt den Scherer nicht. Wir müssen drauflegen“, zeigt Jörg Schmid das Dilemma auf. Neue Ideen für den Absatz dieses einst so wichtigen Produkts sind gefragt - und vielleicht auch mit den Wollepellets als Düngemittel gefunden. Ein Bekannter tüftelt bereits an der Marktreife.
Diese nicht geraden einfachen Umstände sind für Schäfer Jörg Schmid und seine Frau Bettina jedoch kein Grund zur Resignation. Im Gegenteil, sie haben ihren Bestand aufgestockt und weiden ihre Tiere nicht nur rund um den Owener Schafstall am heimischen Teckberg, sondern mittlerweile auch auf der benachbarten Limburg auf Weilheimer Markung. Die Schäferfamilie bewirtschaftet rund 240 Hektar Fläche, wobei allein 160 Hektar an Weideland für ihre etwa 1 300 Mutterschafe anfallen. Auf rund 30 Hektar baut der Betrieb Getreide an, der Rest sind Wiesen, auf denen das Heu für den Winter wächst. Außerdem gehören noch circa 60 Burenziegen mit ihrem Nachwuchs dazu, quasi der „Spezialtrupp“ für die Landschaftspflege. Während sich Schafe vorzugsweise an Gras und Kräutlein laben, knabbern Ziegen gerne auch mal an Gestrüpp und Dornen herum und halten so die Verbuschung der Hänge in Schach. Sie werden deshalb auch gerne als Nachhut auf den Flächen gehalten, die mithilfe von Mensch und Maschine gerodet wurden. Aber auch die Schafe helfen dabei. Regelmäßig geht der Schäfer mit der Herde über solche Flächen, um so das unerwünschte Gebüsch zu schwächen, wenn die frischen Triebe gefressen werden.
Keine Angst vor Wölfen
Das und vieles mehr erfuhren die zahlreichen Teilnehmer bei einer Führung, zu der neben den Schmids auch das Naturschutzzentrum Schopflocher Alb eingeladen hat. Bei strahlendem Sonnenschein ging‘s vom Schafstall den steilen Teckberg hoch. Der Blick ins Tal und auf die Schafherde, die Bassgeige und den Brucker Fels gegenüber entlohnt für die kurze Anstrengung, ehe es zur Rodungsfläche weitergeht. Zwei Schäfer haben die Schmids angestellt, die die Tiere weiden.
An der Limburg in Weilheim geht es anders zu: Zwei Koppelherden halten hier die Hänge frei von unerwünschtem Buschwerk und Brombeeren. Das heißt, Elektrozäune bremsen die Schafe von unerwünschter Wanderschaft aus. Ob er denn Angst vor der Rückkehr des Wolfs habe, wird der Schäfer gefragt. „Bei mir überwiegt mehr die Hoffnung, dass sich der Wolf in unserer Ecke mit seinem Tourismus, wo immer Betrieb ist, nicht wohl fühlt“, sagt Jörg Schmid mit Blick auf Wanderer, Mountainbiker und Flieger. Sollte doch was passieren, macht ihm mehr die Versicherungsfrage zu schaffen, sollten seine ausgebrochenen Schafe einen schweren Unfall verursachen.
Aktuell drücken ihn andere Probleme. Der Lämmererlös und die Landschaftspflege sind seine Aktivposten, doch 60 Prozent seines Einkommens sind Zuschüsse. „Ich hänge am Tropf“, ist er nicht glücklich über die Situation, zumal er von einer 40 Stunden-Woche nur träumen kann - von freien Wochenenden ganz zu schweigen.
Das Schäfer-Leben ist hart
Er versucht deshalb, zu optimieren wo es geht und setzt auf smarte Lösungen im Stall. Jedes einzelne Tier ist elektronisch erfasst, die ganze Herdengesundheit hat er mit einem Klick im Blick. Jedes Tier hat einen Chip samt Nummer. Darauf sind die Impfungen, Ablammungen, Deckzeit und vieles mehr gespeichert. „Unser Beruf hat nichts mit heiler Welt zu tun - nur, weil man uns mal hin und wieder in der Alblandschaft am Schäferstecken lehnen sieht“, räumt Jörg Schmid mit der gängigen Vorstellung auf.