Zu einem Brand in der Stadtbücherei rückten am vergangenen Samstag die Mitglieder der Kinder- und Jugendfeuerwehr aus. Als die Nachwuchskräfte der Freiwilligen Feuerwehr Kirchheim in der Max-Eyth-Straße eintreffen, haben sich bereits Hunderte von Schaulustigen versammelt - teilweise direkt vor den Einsatzfahrzeugen postiert, um das Geschehen aus nächster Nähe zu filmen. Für die Kameraden von der aktiven Wehr ist das Normalität, doch Leon von der Abteilung Jesingen hat dieses Verhalten bei der Hauptübung überrascht. „Ich finde, dass das die Arbeit im Ernstfall stört. Ich konnte mich dadurch jedenfalls schlechter konzentrieren“, bilanziert der Jugendfeuerwehrmann.
Während die Kameraden von der Abteilung Stadtmitte in Windeseile die Schläuche ausrollen und an die Verteiler anschließen, dringen Jannik und Colin bereits in das Gebäude vor. Da es in der Küche der Stadtbücherei vermutlich zu einer Verpuffung gekommen ist, hat sich auf sämtlichen Etagen im Gebäude Qualm ausgebreitet. „Da Rauch nach oben aufsteigt, ist die Sicht in Bodennähe in aller Regel besser“, erklärt Jannik. „Deshalb sind wir in die Hocke gegangen und haben uns gleich auf die Suche nach Verletzten gemacht.“
Im Ernstfall würden die aktiven Kameraden die Haupteingangstüre einen Spalt öffnen, um mit dem Strahlrohr einige Wasserstöße an die Decke abzugeben. „So wird die Temperatur im Inneren der Bücherei abgesenkt“, erklärt Fabian Carucci. „Auf diese Weise wird eine Rauchgasdurchzündung unterbunden, also das plötzliche Durchzünden und Abbrennen von Pyrolysegasen.“ Die entstehen dem Jugendfeuerwehrwart zufolge, wenn Stoffe wie Holz, Plastik oder Gummi brennbare Gase abgeben. Doch solche komplexen Sachverhalte stehen bei der Kinder- und Jugendfeuerwehr natürlich nicht im Mittelpunkt. „Wichtig ist zunächst einmal, dass der Nachwuchs die Einsatzgeräte und ihre Handhabung kennt, aber auch in Teilen das taktische Vorgehen“, berichtet Carucci.
Es dauert nicht lange, bis Jannik und Colin mit vereinten Kräften eine bewusstlose Person auf die Wiese vor der Bücherei tragen. Dort wird sie von den Löschlöwen der Abteilung Nabern versorgt, bis die Retter des Jugendrotkreuz der DRK-Bereitschaft Kirchheim mit Blaulicht und Sirene eintreffen. Die Verletzte hat Wunden an den Armen, so die Übungsannahme. Björn und Louisa versorgen diese mit Verbandsmull. Die beiden Zweitklässler, die schon länger Mitglied in der Kinderfeuerwehr sind, üben zum ersten Mal am lebenden Objekt. „Das ist toll, da lerne ich richtig viel. Sonst üben wir immer an Teddybären“, sagte Louisa. Sie ist sich sicher, dass sie im Ernstfall auch ihre Eltern versorgen könnte. „Wenn ich einen Erste-Hilfe-Kasten habe, ist das kein Problem“, betonte sie selbstbewusst. „Dafür werden wir bei den Löschlöwen ja ausgebildet.“
Unterdessen haben die Jugendfeuerwehrleute der Abteilung Ötlingen und Lindorf eine Riegelstellung im Bereich der Wiese und des Spitals aufgebaut. „Mit dieser Maßnahme wird im Ernstfall die Wärmeabstrahlung verringert und Funkenflug unterbunden“, klärte Fabian Carucci auf. „Mit so einem Wasservorhang, der zu angrenzenden Häusern aufgebaut wird, lässt sich ein Übergreifen des Brandes verhindern.“ Die eigentliche Herausforderung an einem stark frequentierten Gebäude wie der Stadtbücherei sind aber die vielen Menschen, die im Brandfall gerettet werden müssen, wie der Jugendfeuerwehrwart deutlich macht. In der Zwischenzeit schaffen die Jugendfeuerwehrleute der Abteilung Jesingen über Steckleitern und mit einer Schleifkorbtrage mehrere Verletzte aus dem ersten Stock ins Freie.
Kirchheims oberster Feuerwehrmann, Roland Schultheiß, zeigt sich vom Ausbildungsstand der Kinder- und Jugendfeuerwehrleute begeistert. Der Stadtbrandmeister lobt die Leistung der Betreuer, „ohne die eine derart engagierte Nachwuchsarbeit nicht möglich wäre“. Kinder und Jugendliche, die bei der Feuerwehr Mitglied werden möchten, können sich über die Homepage der Freiwilligen Feuerwehr Kirchheim bei den Betreuern über Schnuppertermine informieren. „Wir freuen uns immer über Zuwachs“, versicherte Fabian Carucci. Schließlich hat die Feuerwehr jungen Menschen einiges zu bieten.