Wer öfter mal durch Instagram oder TikTok scrollt, hat gute Chancen, ihr dort schon mal begegnet zu sein: Joy Beck alias „spatzemitsoos“ hat sich mit ihren kurzen, humorvollen Videoclips eine riesige Fangemeinde in den sozialen Medien aufgebaut. Darin gibt sie Einblicke in ihr Leben, nimmt Trends und
Also schwätzt auch Dialekt.
Vorurteile unter die Lupe, testet Restaurants und zeigt, wie sie Spätzle macht oder Entenbabys aufzieht. In Szene setzt sie dabei aber vor allem eines: das Schwäbische.
„Die Leute feiern mein Leben und dass ich bin, wie ich bin – dass i halt schwätz, wie i schwätz“, sagt Joy Beck, die aus Nürtingen stammt und nach wie vor in der Region wohnt. „Schwäbfluencer“ nennt sie sich entsprechend auf Instagram, wo sie mittlerweile fast 57 000 Follower hat. In ihrem TikTok-Profil fordert sie auf: „Folg mir ins Ländle“. Das haben auf dem Kanal schon knapp 130 000 User wörtlich genommen. „Mir folgen eigentlich alle Altersgruppen“, weiß Joy Beck, wobei der Großteil ihrer Fans zwischen 18 und 30 Jahren alt sind. „Darunter befinden sich auch Ex-Schwaben und solche, die im Ausland leben.“
Geheimrezept: Nicht verstellen
Ihr Geheimrezept? „Ich verstelle mich nicht“, sagt die 29-Jährige. Das Regionale und Bodenständige, die Bedeutung der Heimat und der eigenen Wurzeln spielen in Joy Becks Insta- und TikTok-Reels eine ebenso große Rolle wie in ihren echten Leben. „Schwäbisch schwätzen hat viel mit Identität zu tun“, sagt die 29-Jährige, die als Erzieherin und Maltherapeutin arbeitet. „Wir müssen uns mehr auf unsere Wurzeln besinnen, denn sie sind schön und wertvoll – ein Kulturgut.“
Bewusst geworden ist ihr das übrigens zum ersten Mal, als sie sich weit weg von ihrer Heimat befand. „Ich war viel in Afrika unterwegs“, erzählt die Influencerin. „Da habe ich gemerkt, wie stolz die Menschen dort auf ihre Wurzeln sind, und mir ist bewusst geworden: Wir sind die einzigen, die das nicht wertschätzen.“
Die Botschaft an ihre Follower lautet entsprechend: „Dialekt ist cool! Also schwätzt auch Dialekt.“ Eng damit verbunden ist die Rückbesinnung auf die Heimat und ein Leben im Einklang mit der Natur. „Schaut euch um: Wir leben im Paradies“, sagt sie. Zu ihren bevorzugten Spots, die immer wieder in ihren Reels auftauchen, gehören die Teck und die Bürgerseen. Nicht von ungefähr kommt auch der Name ihrer Accounts „Spatzemitsoos“. „Ich liebe Essen – und Spätzle sind Teil der schwäbischen Kultur“, erläutert Joy Beck.
Bullerbü-Kindheit auf dem Land bei Nürtingen
Groß geworden ist sie auf dem Land bei Nürtingen zusammen mit zwei Brüdern, zwei Schwestern und einer Menge Hühnern, Hasen, Hunden und Katzen – und ihre Lieblingstieren: Enten. „Ich hatte eine Bullerbü-Kindheit“, so die 29-Jährige. „Meine Familie hat auch schon immer Brot, Wurst und Honig selbst gemacht.“
All das thematisiert Joy Beck immer wieder in ihren kurzen Videos. Meist mit viel Humor, manchmal aber auch etwas ernster. Aktuell treibt sie das Thema Naturschutz um. Genauer gesagt die Auflage der Naturschutzbehörde, den Bauwagen, in dem die Familie auf einer ihrer Streuobstwiesen Bienen hält, abzubauen. „Ich finde, man sollte schon besser abwägen, was der Natur mehr hilft: die Streuobstwiesen zu beleben und sie als Kulturgut zur erhalten oder starr auf Regeln zu beharren.“ Kommunalpolitische Erfahrungen hat Joy Beck übrigens auch gesammelt. Sie saß einige Jahre als Stadträtin im Nürtinger Gemeinderat.
Dass sie einmal mit moderner schwäbischer Comedy im Netz so viele Menschen begeistern würde, hätte Joy Beck früher nicht für möglich gehalten – zumal sie den sozialen Medien vor einigen Jahren eigentlich schon den Rücken gekehrte hatte. „Ich fand das alles blöd und hatte meinen Insta-Account gelöscht“, erzählt die Influencerin. Dann wurde sie vor etwa viereinhalb Jahren auf TikTok aufmerksam und begann, Videos aus ihrem Alltag hochzuladen – mit überwältigendem Erfolg.
Theoretisch könnte sie von Social Media leben
„Auf TikTok ging es anfangs richtig ab“, erinnert sie sich zurück. Die Followerzahlen stiegen sprunghaft an, und die ersten Fans erkannten sie auf der Straße. Ein kleiner Schock für die damalige Mittzwanzigerin. „Als ich gemerkt habe, das kommt jetzt in der Realität an, hat mich das erst mal überfordert“, so Joy Beck. Sie legte eine Pause ein und zog schließlich klare Grenzen. „Heute poste ich so, wie es mir Spaß macht. Für mich ist das nach wie vor ein Hobby.“ Allerdings eines, von dem sie theoretisch leben könnte. „Ich arbeite auch mit Firmen zusammen, aber nur, wenn ich die Produkte richtig gut finde und mir das auch Spaß macht.“ Dazu gehört zum Beispiel, dass Regionalität und Nachhaltigkeit im Vordergrund stehen.
Immer wieder arbeitet Joy Beck auch mit dem SWR zusammen. Ganz aktuell hat sie das Drehbuch für drei neue Folgen der YouTube-Comedy-Reihe „Kennt jeder!“ geschrieben und spielt in den Sketchen auch gleich noch die Hauptrolle. „Es war schon toll, mit professionellen Autoren und einem echten Drehteam zusammenzuarbeiten“, schwärmt Joy Beck. Am liebsten aber postet sie nach wie vor spontan und privat. „Wenn man das nur für sich macht, hat man einfach mehr Freiheit.“