Was um Himmels Willen ist eine Karbatsche? Und selbst wenn man weiß, dass es sich um eine Art Peitsche handelt, stellt sich doch die Frage, ob man damit einen Weltmeistertitel erringen kann. Gerhard Rock hat es geschafft. Beim Narrentreffen in Weingarten holte sich der Oberlenninger kürzlich gemeinsam mit seinem Narrenkollegen Vitalis Pranic bei der sogenannten Schneller-WM in der Kategorie kurzstielige Karbatsche den Titel. Insgesamt hatten sich mehr als 300 Schneller aus drei Ländern an dem Wettbewerb beteiligt, Rock und sein Partner waren in der Altersklasse Ü 60 angetreten.
Beide gehören schon seit Jahren der Plätzlerzunft Altdorf-Weingarten 1348 an und tragen das Häs der Rotweißen Plätzler. Bei Narrenumzügen sind sie an den Farben ihres Häs zu erkennen und daran, dass sie entweder mit einer Saubloder, also einer aufgepusteten Schweinsblase, die närrischen Zaungäste erschrecken oder mit ihren Karbatschen schnellen oder besser gesagt laut knallen. Der Knall kommt dadurch zustande, dass die Schneller ihre bis zu dreieinhalb Meter langen, meist aus Hanf- oder Leinenfasern geflochtenen Peitschen gekonnt in Form einer liegenden Acht über ihren Köpfen beschleunigen und dadurch zwei Mal hintereinander einen lauten Überschallknall erzeugen.
Doch warum mischt ein Oberlenninger bei einer Narrenzunft in Oberschwaben mit? „Ohne meine Frau wäre ich nicht dorthin gekommen“, sagt Rock. Sie ist in Weingarten mit der Fasnet aufgewachsen und in jungen Jahren nach Oberlenningen gezogen. Vor fast genau zehn Jahren lernte sie bei einem Narrentreffen in Rottenburg den Zunftmeister der Plätzler kennen und erzählte ihm, dass sie aus Weingarten stamme. „Der hat uns dann zu einer Führung ins Narrenmuseum der Plätzlerzunft nach Weingeraten eingeladen“, so Rock weiter. Ihm und seiner Frau hat es dort dann so gut gefallen, dass sie einen Mitgliedsausweis ausgefüllt haben.
Anfangs war Gerhard Rock mit der Saubloder unterwegs, hat sich aber nach und nach für das Schnellen interessiert. „Als ich dann zum ersten Mal zum Schnellenüben gegangen bin, war es so, als ob man bei mir einen Schalter umlegt“, erzählt er von seiner „spontanen Begeisterung“. Das war im Jahr 2017. Als dann auch noch Mitte Januar die Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte ihr 100-jähriges Bestehen in Weingarten gefeiert und auch die Weltmeisterschaft im Schnellen ausgerichtet hat, war für Rock klar, dass er antreten wird.
Zur Vorbereitung „auf das Heimspiel, wie er sagt, fuhr Rock „nach Lust und Laune“ auf das Bölle unterhalb der Teck und schwang seine Karbatsche. „Sonntagmorgens ist man dort fast alleine“, erzählt er. Ob das Schnellen schwierig ist? „Wenn man geübt ist und den Knall aus dem Handgelenk heraus erzeugen kann, ist es nicht so anstrengend“, verrät er und erzählt nebenbei, dass er regelmäßig ins Fitnessstudio geht. Allerdings sollte die Schulter schon in Ordnung sein.
Am Ende konnten Gerhard Rock und sein Partner die Jury in Weingarten überzeugen. Die bewertete nicht nur die Körperhaltung der beiden Schneller, sondern auch ihre Peitschenführung, die Knallentwicklung und vor allem den Rhythmus, mit dem sie abwechselnd ihre Karbatschen knallen ließen. Auf die Frage, weshalb er überhaupt bei der WM angetreten sei, braucht Rock nicht lange zu überlegen. „Der Gaudi wegen“, sagt er. Zudem sei es für ihn ein Heimspiel gewesen.