Es ist gemütlich, das Behandlungszimmer von Ines Weinberger in Owen. Würden nicht großformatige Bilder an der Wand hängen, wo auf dem einen ein detailliertes Hundeskelett, auf dem anderen Muskelstränge zu sehen sind, könnte man sich in einem Wohnzimmer wähnen. Teddybären tummeln sich hier im alten Bauernhaus im Wettstreit mit anderen Dekogegenständen, Bücher stapeln sich bis unter die Decke. Doch dieser Raum ist tatsächlich die berufliche Wirkungsstätte von Ines Weinberger, die hier ihre Tierheilpraxis samt Tierphysiotherapie betreibt. Seit April gehört sie zu jenen fünf Menschen in Deutschland, die erfolgreich die Ausbildung zum Schmerztherapeuten für Vierbeiner abgelegt hat. Dieser Kurs wurde erstmals von Renate Albrecht aus Nienburg und Simone Grupp aus Ulm angeboten. Beide sind Vorsitzende beim Verband für Hundephysiotherapie und Osteopathie. „Sie haben aus ihrem Erfahrungsschatz und Wissen heraus den Kurs entwickelt“, sagt Ines Weinberger, die auch schon Vorsitzende des Kirchheimer Tierschutzvereins war.
„Die beiden haben sich zusammengeschlossen, um Schmerztherapie für Hunde anzubieten. Bei Katzen und Pferden funktioniert es auch - wenn man das Skelett kennt“, sagt Ines Weinberger. Im April vergangenen Jahres hat sie mit der Ausbildung begonnen. Absolute Neulinge konnten daran nicht teilnehmen. Grifftechnik und Physiokenntnisse waren Voraussetzung für die Teilnahme. „Es geht darum, dem Tier Schmerzentlastung zu geben“, erklärt sie. Akupunktur und Akupressur sind „Hilfsmittel“ und Faszien ein großes Thema. „Wichtig sind auch die Triggerpunkte“, sagt Ines Weinberger. Dabei handelt es sich um kleine Muskelpartien, die verkrampft sind, und so die Schmerzen verursachen. Durch kreisende Bewegungen samt richtig dosiertem Druck können die Blockaden gelöst werden. Auch die Cranio-Sacral-Therapie gehört zum Behandlungsspektrum. Die wiederum hat ihren Ursprung in der Osteopathie. „Es ist toll, zu sehen, wie die Systeme ineinander greifen - und ich finde es total schön, wenn ich einem Tier, dem es nicht gut geht, helfen kann“, sagt sie mit einem Strahlen im Gesicht.
Die Besitzer kommen zu ihr, wenn das Tier beispielsweise nicht rund läuft. Dadurch werden die einzelnen Körperpartien nicht optimal belastet, was zu Schmerzen führt. Ines Weinberger versucht, den Hund „neu zu sortieren“. Dabei kommt es nicht selten zu einer Erstverschlimmerung, das Tier läuft noch schlechter. „Darauf müssen die Kunden vorbereitet sein“, sagt sie.
Mit der Ganganalyse starten
In vielen Fällen sorgen die Reize, die durch Therapie entstehen für eine Verbesserung und Vitalisierung des Tieres. „Und nach ein paar Behandlungen geht der Hund wieder gerade. Beim einen dauert es etwas länger, andere wiederum reagieren recht spontan“, ist die Erfahrung von Ines Weinberger.
Im Jahr 2001 hat sie ihre Praxis in Owen eröffnet und klassische Homöopathie und Akupunktur angeboten, seit sechs Jahren auch Tierphysiotherapie. „Viele Besitzer erkennen nicht, dass ihre Tiere Schmerzen haben“, sagt sie. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein Hund den Kopf halb nach unten hängen lässt, statt ihn gerade zu tragen. Schwierigkeiten beim Aufstehen können nicht nur Alterserscheinungen sein, sondern auf Probleme in Hüfte, Schulter oder Wirbelsäule hindeuten. „Hunde sind Meister im Verbergen von Schmerzen“, erläutert Ines Weinberger. Geht ein Hund im Babygang, also mit schwingender Hüfte, versucht er damit, etwas auszugleichen. Deshalb beginnt eine Behandlung mit einer Ganganalyse, dann bekommen die Besitzer einen Schmerzfragebogen. An der Form, wie die Krallen abgeschliffen sind, kann Ines Weinberger Rückschlüsse ziehen - ebenso daran, wie der Hund über eine am Boden liegende Leiter läuft. Ist die Diagnose gestellt, die Blockaden lokalisiert, beginnt die Therapie, und nicht selten bekommen die Besitzer Hausaufgaben mit. Das kann beispielsweise eine passive Dehnung bestimmter Körperpartien sein. „Durch Beweglichkeit werden Schmerzen reduziert. Wir versuchen, die Schonhaltung raus-, um so den Schmerz wegzubekommen. Das schafft Entspannung“, sagt Ines Weinberger. In Absprache mit dem Tierarzt werden Schmerzmittel und entzündungshemmende Mittel verabreicht, um den Schmerz „abzuschießen“. Dann kann mit der Physiotherapie und weiteren Heilmethoden begonnen werden. „Die Tiere kommen seit jeher auf mich zu, das passiert einfach. Mit ihnen zu arbeiten ist einfach mein Ding“, ist für Ines Weinberger ihr Beruf zugleich ihre Berufung.