Zwischen Neckar und Alb
Mobbing per Smartphone: Das Internet wird zum Tatort

Medien. Die digitale Welt steckt voller Gefahren. Täglich werden Mädchen und Jungen Opfer von Hassattacken. Die Polizei hat wertvolle Tipps für Eltern. Von Cara Döhlemann

„Du Homo. Du bist ein Loser. Keiner will dich haben!“ – Das sind nur Ausschnitte von Beleidigungen, die der Niederländer Tim Ribbernik tagtäglich im Netz bekommen hat. In seinem Abschiedsbrief an seine Eltern schreibt er: „Ich wurde mein Leben lang verspottet, gemobbt, gehänselt und ausgeschlossen. Ihr seid fantastisch. Ich hoffe ihr seid nicht sauer. Auf Wiedersehen Tim“. Eine schockierende Geschichte über den Leidensweg eines 20 Jährigen, die bis zum Suizid führte und kein Einzelfall ist. Laut einer Studie des Landesmedizinzentrums in Baden-Württemberg ist jeder zehnte Jugendliche Opfer von „Cybermobbing“.

„Hassattacken und Mobbingangriffe im Internet bestimmen den Alltag vieler junger Menschen“, erklärt Ralf Brenner vom Polizeipräsidium in Reutlingen, der auch für den Landkreis Esslingen zuständig ist. Er informiert Eltern in einer Online-Veranstaltung über die Gefahren, die in der Medienwelt lauern. Schulhofpornografie, „Cybermobbing“ und „Cybergrooming“: So lauten die wichtigsten Schlagworte. Ralf Brenner weiß, wie schnell das Smartphone zum Tatmittel werden kann, wie herausfordernd das für Schulkinder und Eltern ist, und wie man vorbeugen kann. 

 

Mobbing muss keiner
alleine durchstehen!
Ralf Brenner vom Polizeipräsidium Reutlingen will Betroffenen Mut machen.
 

„Die meisten haben keinen blassen Schimmer davon, was ihr Kind im Internet treibt“, weist Ralf Brenner auf eine verfälschte Wahrnehmung der Eltern hin, was den Handyumgang ihrer Kinder betrifft. Immer mehr Jugendliche sind Opfer von „Cybermobbing“. Das bedeutet, sie erhalten tagtäglich im Netz Hassnachrichten und Beleidigungen von Mitschülerinnen und Mitschülern. „Das Erfolgskonzept bei dieser Art von Mobbing ist, dass der Täter rund um die Uhr aktiv sein kann“, schildert Brenner.

Cybermobbing kann von Schulangst bis zu psychischen Problemen und sogar bis zum Selbstmord führen, wie im Fall Tim Ribbernik. „Viele der Betroffenen trauen sich nicht, sich ihren Eltern oder Lehrern anzuvertrauen. Obwohl genau das wichtig und richtig wäre“, betont der Polizist. Die Auslöser für Cybermobbing sind vielseitig. Sie reichen vom Hochladen von unvorteilhaften Bildern über unbedachte Kommentaren bis zu doppeldeutigen Statusmeldungen. Das alles bietet potenziellen Tätern Angriffsflächen und macht sie oft unbewusst zu Straftätern. Durch die Anonymität im Internet sinkt die Hemmschwelle. Die Grenze von Spaß zu Ernst wird schnell überschritten. „Der häufigste Grund für Mobbing in sozialen Netzwerken ist die mangelnde Medienkompetenz der Nutzerinnen und Nutzer“, versichert Ralf Brenner und fordert mehr Aufklärung für die Jugendlichen.

Ein weiteres häufiges Problem ist das Versenden und Teilen von pornografischen Bildern anderer im Internet. „Vielen Jugendlichen ist nicht bewusst, dass sie damit eine Gewalttat begehen“, meint Ralf Brenner. Laut Statistik hat sich die Verbreitung der Kinderpornografie in den letzten drei Jahren verdoppelt. Der Polizist appelliert an die Eltern, ihren Kindern bewusst zu machen, welche Konsequenzen der Umgang mit solchen Bildern haben kann.

Eine der größten Gefahren für Jugendliche im Netzt stellt das so genannte „Cybergrooming“ dar. Hierbei handelt es sich um das Anbahnen sexueller Kontakte von Erwachsenen zu Minderjährigen übers Internet. Die Täter nähern sich den Kindern über soziale Netzwerke und geben sich als gleichaltrig aus. „So entsteht eine Vertrauensbasis. Der Täter schafft es, die Kinder dazu zu bringen, pornografische Fotos von sich zu machen“, erklärt Ralf Brenner. Ziel der Straftäter ist es, die Kinder zu einem persönlichen Treffen zu bewegen, um sie sexuell zu missbrauchen. Oft erpressen die Täter ihre Opfer oder versetzten sie in Abhängigkeit. „Aus Angst und Scham schweigen die meisten Betroffenen“, bedauert der Experte. Den Eltern rät er dazu, ihre Kinder über die Gefahren des Internets aufzuklären und sie so zu schützen.

Tipps gegen Cybermobbing und Cybergrooming

So wenig Daten und Bilder im Netz wie nur möglich sollte man von sich preisgeben.

Der richtige Namen ist im Internet tabu.

Hassnachrichten sollten im Netz ignoriert werden, eine Reaktion darauf macht das Ganze nur schlimmer.

Der Netzanbieter sollte über das Mobbing in Kenntnis gesetzt werden, damit er gegebenenfalls den Account sperren kann.

Die Polizei sollte eingeschaltet werden, wenn es zu Cybermobbing kommt. Dort kann man auch Anzeige erstatten.

Ein persönliches Treffen darf mit Ungekannten aus dem Internet niemals vereinbart werden.

Folgende Infos führen weiter:
www.polizei-beratung.de/themen-und-tipps/gefahren-im-internet/
www.youtube.com/results?search_query=denken+statt+senden
Filmtipp: Netzangriff – der Film über Cybermobbing SWR Kindernetz cd