Den Supermarkt-Verkaufsschlager „Pink Lady“ suchten die Besucher des Moschtfestes am Sonntag vergebens im Freilichtmuseum: Die alten und vor allem regionalen Apfelsorten standen bewusst im Vordergrund. „Das ist auch gut so“, meinte Museumsmitarbeiterin Ingrid Schnizler. An ihrem Stand gab‘s unter anderem „Berletsch“ und „Neckarhäuser Sircher“. Erklären musste sie erstaunten Besuchern viel, die Sorten sind vielen Menschen ebenso wenig bekannt wie „Maria“ oder „Topaz“, die vom Arbeitskreis Nürtingen angeboten wurden. Die Kostproben jedenfalls waren sehr gefragt, die Helfer kamen mit der Produktion der Apfelschnitze kaum nach.
Zum inzwischen 27. Mal fand das Moschtfest statt, aus dem Terminkalender des Freilichtmuseums ist es nicht mehr wegzudenken. Ein Angebot, das vor allem Familien schätzen – aber nicht nur: Senioren tauchten gerne ein in alte Zeiten, in denen Äpfel und Birnen noch Macken haben durften. Gerne unterhielten sie sich mit Fachleuten über gute alte Obstzeiten, aber auch jüngere Besucher erinnerten sich gerne zurück: „Man wird hier in die Vergangenheit zurückversetzt“, erzählte Elvira Rotter und gab zu, dass sie vor allem eines genießt: den ursprünglichen Geschmack von Apfelsaft.
Was sie ebenfalls schätzt am Moschtfest: Eltern und Kinder können gemeinsam aktiv werden und sehen, wie Dinge entstehen. Die Gerlingerin flechtet gemeinsam mit ihrer achtjährigen Tochter Laura einen kleinen Korb: „Ich habe das heute zum ersten Mal gemacht. Ich wusste nicht, wie man das macht“, gibt sie zu. „Es ist schön, dass dieses Wissen nicht verloren geht.“
Mus und Kraut aus Handarbeit
Wissen zu vermitteln, dass manche Dinge nicht selbstverständlich sind und es auch Alternativen zur Fertigware gibt – das ist ein Ziel der Traditionsveranstaltung: Kinder sammelten mit Begeisterung Obst ein, schälten es und durften es höchstpersönlich zu Mus verarbeiten. Dass das Pressen von Äpfeln und Birnen ganz schön anstrengend ist, wurde den Kindern – und so manchem Erwachsenen – an einer anderen Station klar. Und Sauerkraut muss auch erst einmal verarbeitet werden, bis es in die Dose kommt: Ylvie jedenfalls hobelte mit Begeisterung einen Krautkopf ins große Fass. Der Lohn für die Mühen: Das Mädchen durfte das Kraut mitnehmen. „Da machen wir einen Salat daraus“, freute sich Papa Stefan Wachter.
Die Familie aus Weilheim hat eine Dauerkarte fürs Freilichtmuseum. Weil’s so abwechselnd ist: „Man entdeckt immer wieder etwas Neues.“ Das galt vor allem für die Kinder: Sie durften ausgiebig toben und auf Bäume klettern, wenige Augenblicke später waren sie konzentriert beim Schnippeln, Pressen oder Genießen mit allen Sinnen – das frische Mus, den sortenreichen Apfelsaft oder die leckeren Kuchen – die Äpfel sowieso. Auch die Erwachsenen waren zum Probieren eingeladen: Seccos, Cidres und Destillate waren sehr gefragt; Fragen zur Produktion durften ausdrücklich gestellt werden. Schauen und staunen war für Alt und Jung die Devise: Das Genussteam des Freilichtmuseums hatte besondere Marmeladen hergestellt – eine in der Bratapfelversion, für eine andere kamen Äpfel mit Kürbis gemischt in die Gläser.
Das Moschtfest war mehr als ein kulinarisches Fest: Thematisiert wurde alles, was mit Streuobstwiesen und dem Herbst zu tun hat. Das Angebot reichte von Patchworkarbeiten, für die Ute Hoff und Ilona Gässler Apfelmotive verwendet haben, bis hin zu Nistkästen. Und wer eine Ruhepause vom Schauen brauchte, konnte auch zuhören: Das Trio The Craig spielte irische Weisen. Für einen rundum gelungenen Tag sorgte auch das Wetter: Als irgendwann sogar die Sonne herauskam, ließen sich die Besucher auf dem gesamten Areal gemütlich nieder und genossen das Flair.