Ärztezentrum
MVZ Wendlingen ist geschlossen

Vier MVZ des Medi-Verbunds – darunter auch in Wendlingen – sind wegen IT-Ausfällen geschlossen. Grund ist ein überraschender Führungswechsel und die Kündigung eines Vertrags.

Das MVZ befindet sich im Haus der Gesundheit. Foto: Philip Sandrock

Beim MVZ im ­Wendlinger Haus der Gesundheit geht seit Tagen gar nichts: Wer dort anruft, landet auf einem Anrufbeantworter. Website, E-Mail? Fehlanzeige. Am Briefkasten des Medizinischen Versorgungszentrums in der Ulmer Straße hängt eine knappe Notiz – am Briefkasten in Hüfthöhe. Dort heißt es: „In den letzten Tagen ist es durch Umstrukturierungen in der Geschäftsführung zu einer Kündigung des bisherigen IT-Dienstleisters gekommen.“ Man arbeite mit Hochdruck an der Wiederherstellung der Daten. Wegen der digitalen Anforderungen im Praxisalltag wie etwa dem E-Rezept und der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei die Praxis bis voraussichtlich 19. Mai nicht arbeitsfähig – und müsse deshalb geschlossen bleiben. Darunter steht eine Liste der vertretenden Hausarztpraxen. So übernehmen die Praxen von Albert Hollstein und Gerhard Slesak in Wendlingen die Patienten, bis das MVZ wieder am Start ist.

Unsere Angebote zur Unterstützung wurden abgelehnt.

Wolfgang Fink, ehemaliger Medi-Geschäftsführer

Betroffen ist offenbar nicht nur das Wendlinger MVZ, sondern insgesamt vier vom Medi-Verbund betriebene Einrichtungen. Eigentlich versteht sich Medi als Interessenvertretung für Hausärztinnen und Hausärzte. Seit einigen Jahren betreibt der Verband jedoch auch eigene Ärztezentren. Nach Angaben einer Verbandssprecherin sind neben Wendlingen auch Böblingen, Schopfheim und Schluchsee betroffen. Zusammen betreuten diese bisher rund 10.000 Patientenfälle pro Quartal.

Der Hintergrund des IT-Chaos ist ungewöhnlich: Wie die „Ärzte Zeitung“ berichtet, hat der Medi-Verbund Anfang April überraschend seinen Geschäftsführer Wolfgang Fink entlassen – er war bislang für den Aufbau der MVZ-Strukturen verantwortlich. Wie das Fachblatt weiter berichtet, wurde in der Folge auch der Hosting-Vertrag mit der „Gesund vor Ort Dienstleistungsgesellschaft“ gekündigt – deren Geschäftsführer war ebenfalls Fink. Die Gesellschaft war für zentrale Prozesse verantwortlich: IT, Personalplanung, Abrechnung, Kommunikation mit Kassen und mehr.

Kündigungsfrist von zwei Wochen

Besonders brisant: Laut „Ärzte Zeitung“ bestand für diesen Hosting-Vertrag lediglich eine Kündigungsfrist von zwei Wochen. Medi-Landeschef Norbert Smetak stand für eine Stellungnahme nicht zur Verfügung. Die „Ärzte Zeitung“ zitiert ihn jedoch mit den Worten: „Diesen Vertrag kannten wir nicht.“

Mit der Kündigung war das digitale Rückgrat der vier Praxen faktisch über Nacht abgeschaltet – IT, Kommunikation und Abrechnungssysteme standen still. Smetak betonte gegenüber dem Fachmedium, es gehe nicht um Umsatzverluste, sondern um die Sicherung der Versorgung. Man habe einen neuen Dienstleister beauftragt, der die Systeme innerhalb einer Woche wiederherstellen solle.

Der frühere Geschäftsführer Fink zeigt sich fassungslos: „Wir haben als Dienstleistungsgesellschaft ein Angebot unterbreitet, mit dem die nahtlose Patientenversorgung möglich gewesen wäre“, sagt er auf Nachfrage. Auch die Patienten-App „Automedic“ wäre weiterhin erreichbar geblieben. „Seit sechs Wochen gelingt es der neuen Geschäftsführung nicht, die bestehende, für Patientinnen und Patienten vertraute Infrastruktur zu übernehmen – unsere Unterstützungsangebote wurden abgelehnt.“