Demonstration
Nürtingen bekommt seinen ersten Christopher Street Day

Nach Paraden in Esslingen, Stuttgart und Reutlingen wird es in diesem Jahr zum ersten Mal auch in Nürtingen einen Christopher Street Day (CSD) geben. 

Bei der Drag-Queen-Show Anfang Februar platzte die Silberburg aus allen Nähten. Foto: pr

Die Nervosität steigt schon langsam“, sagt Ronja Henzler mit einem Lächeln. Henzler ist Teil des Teams, das den Christopher Street Day am 5. Juli in Nürtingen veranstaltet. Weltweit gehen beim CSD Menschen auf die Straßen, um sich für die Rechte queerer Menschen einzusetzen.

Die Idee, auch in Nürtingen eine Parade zu veranstalten, hatte das Organisationsteam schon vor längerer Zeit. „Vor einem Jahr haben die konkreten Vorbereitungen begonnen“, sagt Miika Loggen. Man habe eine Arbeitsgruppe innerhalb des Offenen Solidarischen Netzwerks in Nürtingen gebildet. „Irgendwann wurde das Projekt so groß, dass eine eigene CSD-Gruppe entstanden ist“, sagt Pascal Forgo, ebenfalls Mitglied des Orga-Teams.

Warum es wichtig ist, dass auch Nürtingen einen CSD bekommt

Ronja Henzler erklärt, warum es wichtig ist, dass auch in Nürtingen ein CSD stattfindet: „Es gibt überall queere Menschen und die meisten von ihnen sehnen sich nach Verbundenheit. Deshalb sollte der CSD an so vielen Orten wie möglich stattfinden.“

Als „queer“ bezeichnen sich Menschen, die sich nicht mit traditionellen Geschlechtsidentitäten und Sexualitäten identifizieren. Dazu zählen unter anderem lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, intergeschlechtliche, nicht-binäre und asexuelle Menschen.

Doch beim CSD gehe es um mehr als die Interessen der queeren Gemeinschaft. „Wenn die Rechte einer Gruppe in unserer Gesellschaft bedroht sind, dann sind die Rechte aller bedroht“, sagt Miika Loggen. „Deshalb sind alle Menschen beim CSD willkommen, nicht nur Queers“, ergänzt Jonathan Adler.

Auch in Nürtingen und der Umgebung gebe es eine große Zahl an Menschen, die sich der queeren Gemeinschaft zugehörig fühlen. „Das hat man nicht zuletzt an dem Erfolg der Queere-Party gesehen, die Anfang Februar in der Silberburg stattfand“, sagt Miika Loggen. Einige Mitglieder des Organisationsteams haben selbst schon an CSD-Paraden in der Region teilgenommen. „In größeren Städten wird der CSD häufig von Unternehmen kommerzialisiert. In Nürtingen wollen wir einen CSD, der unabhängig von Unternehmen und Parteien ist“, sagt Pascal Forgo. Finanziert werde das Ganze durch private Spenden und Einnahmen aus Aktionen. So veranstaltete die CSD-Gruppe Anfang Mai zusammen mit Studierenden der FKN eine Pop-up-Ausstellung, in der es um die Vielfalt queerer Identitäten ging. Die Erlöse aus der Ausstellung fließen ebenfalls in den CSD ein.

Waschbären als Maskottchen für den CSD

Ein- bis zweimal im Monat trifft sich die CSD-Gruppe, um alles Organisatorische für den 5. Juli zu besprechen. Natürlich dürfen Logo und ein Maskottchen für den CSD in Nürtingen nicht fehlen. „Wir haben lange überlegt, welches Tier wir nehmen“, sagt Ronja Henzler. Doch warum sind es am Ende Waschbären geworden? „Alle Tiere haben zugeschriebene Attribute. Waschbären sind soziale, intelligente Tiere. Sie sind normalerweise nicht aggressiv, aber sie können sich verteidigen. Außerdem sind sie flauschig. Das passt ganz gut“, sagt Henzler lachend. Dementsprechend hat man auch das Motto für den CSD gewählt: „Politisch, Flauschig, Militant – Queers against fascism“ (zu deutsch: Queers gegen Faschismus).

Die Organisatoren haben sich ganz bewusst für einen CSD mit politischer Botschaft entschieden und gegen ein reines Partyevent wie in anderen Städten. Gerade angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage und der Tatsache, dass sich in Ländern wie den USA die Situation für queere Menschen verschlechtert, müsse ein Zeichen gesetzt werden. „Gerade jetzt müssen wir widerständig sein“, sagt Miika Loggen. „Wer weiß, wie lange wir das noch machen können.“ Ronja Henzler ergänzt: „Leute haben über viele Jahrzehnte dafür gekämpft, so sein zu dürfen, wie sie sind. Dieses Recht dürfen wir uns nicht nehmen lassen.“

Hier führt die Parade entlang

Die Veranstaltung ist bei der Stadt Nürtingen bereits angemeldet. Der CSD in Nürtingen soll um 12 Uhr mit einer Kundgebung vor dem Rathaus beginnen. Anschließend beginnt ab 13 Uhr eine Parade durch die Innenstadt. Die Route soll vom Rathausplatz über die Steinengrabenstraße, die Bahnhofstraße, die Europastraße und die Heiligkreuzstraße zurück in den Stadtkern führen. Endpunkt ist wieder vor dem Rathaus.

„Unser Ziel liegt so bei 300 Teilnehmenden“, sagt Ronja Henzler. Pascal Forgo ergänzt lachend: „Aber natürlich dürfen auch mehr kommen. Wir sollten schon so viele sein, dass wir nicht alle auf den Bürgersteig passen.“ Einige berühmte Drag-Artists aus der Umgebung haben ihr Kommen schon zugesagt. So werden Sapphire Toniq, Logan Steele, Silur, Big Holy Daddy und Lucy de Lulu am CSD in Nürtingen teilnehmen.