Nürtingen. In Zeiten horrender Immobilienpreise wächst das Interesse an Mini-Häusern, die ein Leben auf kleinstem Raum ermöglichen. Auch Nürtingen hat die Tiny-House-Welle inzwischen erreicht. Aufgrund vieler Anfragen machte der Gemeinderat im vergangenen Jahr den Weg frei für ein „Wohnexperiment“ in der Braike. Doch bis heute steht noch kein einziges der kleinen Häuschen auf der städtischen Grünfläche im Breiten Weg.
Die vier zwischen 85 und 125 Quadratmeter großen Parzellen wurden im vergangenen Herbst öffentlich ausgeschrieben – es handelt sich um Grundstücke, die aufgrund ihrer Beschaffenheit für eine übliche Bebauung mit Ein- und Mehrfamilienhäusern nicht geeignet sind, aber Potenzial für eine temporäre Nutzung bieten. Bewerben konnte sich jeder, der vorhat, das Tiny House selbst als Hauptwohnsitz zu nutzen. Anders als etwa in Schorndorf, wo Anfang vergangenen Jahres fast 40 Bewerbungen auf die fünf von der Kommune angebotenen Parzellen eingingen, wurde die Nürtinger Stadtverwaltung nicht gerade mit Unterlagen überhäuft. Die Resonanz blieb überschaubar: Laut Bernd Schwartz, Leiter des Amtes für Liegenschaften, Wirtschaftsförderung und Bürgerbeteiligung der Stadt, waren bis zum Ablauf der Frist im Dezember exakt vier Bewerbungen eingegangen – und alle Kandidaten erfüllten die Vergabekriterien.
Für das Auswahlverfahren hatte die Kommune eigens klare Rahmenbedingungen definiert. Wert gelegt wurde zum Beispiel auf die lokale Verwurzelung der Bewerber und eine ökologische Bauweise.
Die vier Bauherren können ihre Parzellen im Breiten Weg für zehn Jahre zum Preis von monatlich 200 Euro inklusive Stellplatz von der Stadt pachten. Doch eben mal schnell ein maximal 35 Quadratmeter großes Tiny House mit festem Fundament auf die grüne Wiese stellen – das geht nicht. Denn wer in Deutschland irgendwo etwas errichten und dauerhaft bewohnen möchte, der unterliegt dem Baurecht. Die Haus-Eigentümer müssen also ein Genehmigungsverfahren durchlaufen und dazu unter anderem Nachweise über Statik und einen Wärmeschutz vorlegen. Auch sonstige baurechtliche Anforderungen, wie zum Beispiel der Brandschutz, müssen beachtet werden.
Ist das Verfahren zu anspruchsvoll? Bisher jedenfalls, teilt Amtsleiter Schwartz mit, wurde kein Baugesuch eingereicht. Und deshalb ist die Stadt auch noch nicht tätig geworden – die Anschlüsse für Kanal, Wasser, Strom und Kabel wird sie auf ihre Kosten bis zum Übergabeschacht herstellen, während für das letzte Stück bis zur Parzelle der Pächter aufkommen muss. „Die Erschließung erfolgt, sobald zumindest ein Baugesuch eingereicht wurde“, sagt Schwartz. Dass dies demnächst noch passiert, damit rechnet man im Nürtinger Rathaus: Mit dem Aufstellen der Häuser sei „vermutlich in der ersten Hälfe des kommenden Jahres“ zu rechnen, fügt Schwartz hinzu. Elke Hauptmann