Zweimal in der Woche, jeden Dienstag und Donnerstag, schwingt sich Lenn Hoffmann hinters Steuer seiner Piaggio Ape. Auf der Ladefläche des dreirädrigen Rollermobils hat er Eier, Spaghetti, Kartoffeln und Honig. Damit düst er zu seinen Kunden am Steinenberg, auf dem Nürtinger Säer oder rund ums Max-Planck-Gymnasium. Mit seinem Lieferservice für regionale Produkte direkt vom Erzeuger hat der 17-Jährige offenbar einen Nerv getroffen. 60 bis 70 Kunden beliefert er mittlerweile jede Woche: „Die freuen sich, wenn ich komme, das ist fast schon eine Gemeinschaft. Und ich freue mich, wenn’s wieder losgeht.“
Das Unternehmertum steckt Hoffmann im Blut. Schon der Uropa und die Oma führten ein eigenes Unternehmen. Die anderen Großeltern haben einen Bauernhof auf der Ostalb. So kam eins zum anderen. „Auf dem Bauernhof habe ich gesehen, wie viel Arbeit das ist. Man muss jeden Tag arbeiten, auch sonntags. Aber finanziell lohnt es sich oft nicht“, sagt Hoffmann. Um die eigenen Produkte zu vermarkten, fehle es meist an Zeit oder Wissen. Hier sah er eine Marktlücke.
Mit 15 Jahren begann Lenn Hoffmann, die Eier von Omas Hühnern in der Nachbarschaft zu verkaufen. Er klingelte an Haustüren und stellte fest, dass er damit bei den Leuten ankommt. „In dieser Zeit habe ich gelernt, mit den Leuten zu reden“, sagt er. Das sei für ihn eine wichtige Erfahrung gewesen: „Ich wollte ein Gefühl dafür entwickeln, wie die Leute reagieren.“
Auch im Freundeskreis sei Unternehmertum ein Thema. „Wir treffen uns, lesen gemeinsam Bücher darüber und schreiben auf, was wichtig ist.“ Ein Schulfreund programmiert Apps, und so motivieren sie sich gegenseitig, etwas Eigenes zu starten. Auch besuchen sie Veranstaltungen, wie zum Beispiel von der Initiative „Zukunft.Gründen“ der Nürtinger Hochschule. Gründer kommen dort zusammen und tauschen sich aus. „Das Feedback dort hat mir sehr weitergeholfen“, so Hoffmann.
Weil das mit den Eiern von Oma aufgrund der Entfernung keine Dauerlösung war, nahm Lenn Hoffmann Kontakt zu zwei Höfen in Unterensingen und Oberboihingen auf – und stieß dabei auf offene Ohren. „Wir haben uns getroffen und waren gleich auf einer Wellenlänge.“ Außer Eiern kamen so auch Nudeln, Kartoffeln und Rinderhackfleisch ins Angebot. „Meine Eier-Kunden fragten auch nach Kartoffeln“, erzählt er, was ihn auf den Gedanken der Sortimentserweiterung brachte: „Die meisten Bauern haben nur wenige Produkte. Das ist für die Kunden umständlich, weil sie zu mehreren Höfen fahren müssen. Da dachte ich, dass ich das ja übernehmen kann.“ Der Honig, den er verkauft, ist wiederum von der Oma auf der Ostalb. Mit dem Sortiment vergrößerte Lenn Hoffmann auch sein Einzugsgebiet. An die 200 Haushalte klapperte er ab. Mit den Gebieten ist nun aber erst mal Endstation. Der 17-Jährige steckt mitten im Abitur, weshalb sein Zeitplan durch die Liefertätigkeit ohnehin schon sehr gestrafft ist. Daneben spielt er auch noch Handball bei der Spielgemeinschaft Rot-Weiß Neckar und frönt seinem Hobby Schach.
Vor circa einem halben Jahr hat er sich sein markantes Lieferfahrzeug gekauft. Sein kleines Unternehmen nennt er „Bauer-Lieferant“. Wenn er das Abi in der Tasche hat, möchte er es in Vollzeit machen, da ist er sich sicher. Die Leute schätzen seine nette und zuvorkommende Art. Diese Rückmeldungen sind seine Motivation. Ebenso hofft er, den Bauern langfristig einen Vorteil bringen zu können: „Es darf nicht sein, dass die Bauern aussterben. Die Strukturen sind vorhanden, es fehlt nur häufig die Verbindung zum Kunden.“
Mittlerweile arbeitet er zusammen mit seinem Schulfreund an einer App fürs Smartphone, mit der bei ihm bestellt werden kann. Einen Prototypen gibt es bereits.
Ungefähr 18 000 Eier hat Hoffmann nach eigener Zählung mit seinem Lieferdienst bislang an Nürtinger Haushalte verkauft. „Der Eiermann ist mittlerweile mein Zweitname“, sagt er und lacht: „Wenn ich klingle und die Kinder rufen ,Der Eiermann ist da‘, finde ich das einfach cool.“