Nürtingen. Der Ukraine-Krieg hat auch Folgen für die internationalen Beziehungen der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU). „Alle gemeinsamen Projekte und geplante Aktivitäten der HfWU mit den Partnerhochschulen in Russland sind ausgesetzt und kommen auf den Prüfstand“, sagt Pressesprecher Udo Renner.
Eine Aufnahme von Studenten aus Russland werde es bis auf Weiteres nicht geben. Ursprünglich war geplant, dass Studenten aus Moskau und Nowosibirsk an die HfWU kommen. Der Studienaufenthalt von drei HfWU-Studenten in Moskau im Sommersemester ist ebenfalls ausgesetzt. In den Anrainerstaaten Litauen, Polen, Slowakei und Rumänien sind derzeit HfWU-Studenten. Die Hochschule beobachte hier sehr genau, wie sich die Situation weiterentwickelt.
Auch mit Einrichtungen in der Ukraine hat die HfWU enge Beziehungen – hier vor allem auf Projektebene. Zu diesen gemeinsamen Projekten gehört die Verbesserung der landwirtschaftlichen Ausbildung in der Ukraine. Mit dem Agrar-College in Sumy – im Osten der Ukraine – hat man eine vertragliche Partnerschaft. „Die HfWU bedauert, dass derzeit die Zusammenarbeit mit den ukrainischen Einrichtungen ruhen muss, will diese aber so bald als möglich wieder aufnehmen“, hofft Renner.
Bereits seit den 90er-Jahren organisiert die HfWU Praktika für ukrainische Studierende bei landwirtschaftlichen Betrieben in Baden-Württemberg. Die letzte Praktikantengruppe wurde erst im November 2021 in die Ukraine verabschiedet.
Zuversicht schwindet
Studiendekan Dr. Heinrich ist Professor für Landwirtschaftliche Betriebslehre an der HfWU und hat fünf Jahre selbst in der Ukraine gelebt und dort das Deutsche Agrarzentrum geleitet. Regelmäßig telefoniert er mit Kollegen in der Ukraine. Er registriert, dass die anfängliche Zuversicht mittlerweile in Bitterkeit und Enttäuschung umgeschlagen sei. „Die Leute realisieren langsam, dass sie alleine sind“, so Schüle.
Der Krieg habe jetzt schon gravierende Folgen auf die ukrainische Landwirtschaft, sagt der Experte. „Die Ukraine ist der fünftgrößte Getreideexporteur der Welt.“ Bereits jetzt lasse sich sagen, dass die diesjährige Agrarproduktion nicht ausreichen werde, um die Versorgung in der Ukraine zu sichern. „Aber auch in Afrika ist man auf die Produkte aus der Ukraine angewiesen“, sagt Schüle.
Vonseiten der HfWU habe man den Partnern in der Ukraine Unterstützung angeboten für den Fall, dass sie nach Deutschland fliehen möchten. „Aber bisher wollen alle vor Ort in der Ukraine bleiben“, sagt Schüle. Dennoch stellt sich die HfWU auf die Aufnahme von geflüchteten Studenten aus der Ukraine ein. „Diese Menschen müssen integriert und beschäftigt werden“, so Schüle.
Dass man die Kooperation mit russischen Einrichtungen auf Eis legt, sei selbstverständlich, sagt Schüle. „Das bedeutet aber nicht, dass wir die Kommunikation mit den russischen Kollegen einstellen.“ Eigentlich war für Mai der Besuch von russischen Wissenschaftlern vorgesehen. „Sie haben großes Verständnis dafür, dass wir den Besuch ausfallen lassen müssen“, sagt Schüle. Man dürfe nicht vergessen, dass ein sehr großer demokratisch denkender Bevölkerungsanteil in Russland gegen diesen Krieg ist. „Diesen Menschen müssen wir den Rücken stärken.“ Matthäus Klemke