Auftragsrückgang
Nürtinger Maschinenbauer Heller plant Personalabbau

Das Unternehmen verzeichnet einen starken Auftragsrückgang und plant deshalb einen Abbau von rund 240 Arbeitsplätzen. Gleichzeitig soll das Geschäft mit Universalmaschinen ausgebaut werden. 

Das Nürtinger Unternehmen Heller steht vor einem Personalabbau.Foto: Jürgen Holzwarth

Bei der Firma Heller steht offenbar ein größerer Personalabbau bevor. Geschäftsführer Thorsten Schmidt hatte dies kürzlich der Belegschaft bei einer Mitarbeiterversammlung mitgeteilt. Die Rede ist von 240 Arbeitsplätzen. Diese Zahl habe er genannt, bestätigt Geschäftsführer Thorsten Schmidt. Sie sei aber nicht endgültig. „Es ist eine Circa-Zahl, in dem Bereich bewegen wir uns.“ Man befinde sich in Gesprächen mit dem Betriebsrat und der IG Metall. Der Personalstand sei dabei ein Baustein eines „Kostenpakets“.

 

Es geht darum, das Unternehmen weltweit wetterfest zu bekommen.

Thorsten Schmidt, Geschäftsführer


Es gehe darum, so Schmidt, das Unternehmen für den eingeschlagenen Weg auszurichten: Das stark
rückläufige Projektgeschäft mit den großen, teils hallenfüllenden Anlagen für Automobilhersteller soll durch Ausbau des Geschäfts mit Universalmaschinen kompensiert werden. So will man sich breiter aufstellen, für neue Kunden in neuen Branchen.

Dafür gelte es zum einen, Budgets freizumachen für Innovationen, so Schmidt. Es sei der Anspruch, sich in dem sehr wettbewerbsintensiven Markt der Universalmaschinen als Innovationsführer zu positionieren. Einiges in diese Richtung habe man auf der Maschinenbauermesse AMB in Stuttgart im September bereits vorgestellt: „Als erster Hersteller zeigten wir dort den Einsatz von KI auf Maschinen.“ In der technologisch anspruchsvollen Branche Aerospace sei man eine neue Kooperation eingegangen. Schmidt: „Wir wollen Vorreiter sein als eins der innovativsten Maschinenbauunternehmen in Baden-Württemberg.“

Zum anderen bedinge der Ausbau des Geschäfts mit Universalmaschinen aber auch einen Wandel in der Organisationsstruktur, führt der Heller-Geschäftsführer weiter aus. Während das Projektgeschäft bislang immer zentral von Nürtingen aus gelenkt worden sei, sei es für die Universalmaschinen notwendig, sich dezentraler aufzustellen. Da der Fokus hier auf dem Mittelstand liege, müsse man näher am Kunden sein und diesen enger betreuen und begleiten. Das bisher alles zentral Geregelte werde abgelöst durch regionale Freiräume für Entscheidungen. Schmidt: „Wir müssen insgesamt schneller werden.“ Dies bedeute eine organisatorische Anpassung.

Dass man Schritte jetzt vorziehen müsse – Schmidt: „Wir hatten gehofft, uns beim Personal über unsere Alterspyramide anpassen zu können.“ – liege daran, dass die Investitionszurückhaltung aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheit weltweit einen Strich durch die Rechnung gemacht habe. Das Projektgeschäft gehe schneller als erwartet zurück, allein in diesem Jahr um 60 Prozent. Aus dem Pkw-Bereich komme kaum noch etwas. Aber auch beim Universalmaschinengeschäft müsse man einen Rückgang um etwa 28 Prozent verbuchen. Im April war man noch von einem um etwa fünf Prozent niedrigeren Auftragseingang ausgegangen.

Die künftige Ausrichtung bedeute nicht, dass man das Projektgeschäft aufgeben werde, sagt Schmidt auf Nachfrage: „Der Verbrenner ist bei uns nicht tot.“ Bei Lkw, bei landwirtschaftlichen Fahrzeugen und auch im Verteidigungssektor gebe es weiterhin Märkte, in denen investiert werde: „Wir sehen hier großes Interesse vor allem für Hybrid-Lösungen.“ Allerdings müsse man sich auch darüber im Klaren sein, „dass das Geschäft im Pkw-Bereich Stand heute nicht mehr zurückkommt“.

Betriebsrat setzt auf Einbeziehung der Mitarbeiter

Im Betriebsrat sieht man den Fokus auf das Universalmaschinengeschäft als „wichtigen und richtigen Schritt für die Zukunft der Firma Heller“, sagt dessen Vorsitzender Stefan Haag. In den Gesprächen mit der Geschäftsleitung lege man großen Wert auf eine Zukunftsstrategie: „Uns geht es darum: Wie sieht das Unternehmen Heller von morgen aus. Das ist uns wichtig, denn wenn es nur eine Personalanpassung gibt, dann sitzen wir in zwei Jahren wieder da.“

Ein wesentlicher Punkt dabei sei, den Prozess der Transformation für die Mitarbeiter nachvollziehbar zu machen. Betriebsrat und IG Metall haben hierzu ein Projekt angestoßen, das auch von der Geschäftsleitung unterstützt wird. Grundlage ist ein von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung initiiertes Förderprogramm „Transformation“, um Firmen bei der Umsetzung einer strategischen Neuausrichtung mit praktischer und wissenschaftlicher Expertise zu begleiten. „Die Veränderung von eingefahrenen Strukturen ist für die Mitarbeiter oft schwierig“, sagt Haag. Bei dem Projekt gehe es im ersten Schritt darum, die Mitarbeiter mitzunehmen und die Auswirkungen der strategischen Veränderungen auf die einzelnen Abteilungen aufzuzeigen. „Nur wenn die Kollegen verstehen, in welche Richtung es gehen soll, sind sie bereit, mitzugehen“, so Haag.

Fraunhofer-Institut soll Prozess begleiten

Dazu wird nun eine Arbeitsgruppe gebildet, der neben Geschäftsführer und Betriebsrat noch sechs bis acht weitere Mitarbeiter angehören sollen. Die Böckler-Stiftung fördert dies finanziell. Alessandro Lieb, Erster Bevollmächtigter der IG Metall im Landkreis Esslingen, bewertet es positiv, dass „Heller daran interessiert ist, gemeinsam mit uns an der Zukunft des Unternehmens zu arbeiten“. Im Februar solle das Projekt starten. Für den externen Sachverstand sorge das Fraunhofer-Institut, das den Prozess mit seiner Erfahrung aus einer Vielzahl konkreter Anwendungsfälle flankiere, so Lieb. Es sei das erste Mal, dass die IG Metall diese Förderung im Landkreis Esslingen beantrage.

Davor stehe allerdings noch der „Schmerzpunkt“ der Personalreduzierung, wie Lieb es nennt. Die Verhandlungen über Kostensenkungen und Personaleinsparung verliefen parallel zu dem Projekt, sagt Stefan Haag: „Unser Ansinnen ist natürlich, den Personalabbau möglichst gering zu halten.“

Seit November in Kurzarbeit

Die rückläufige Auftragslage hat auch dazu geführt, dass bei Heller seit November kurz gearbeitet wird. Etwa zwei Drittel der Belegschaft in allen Bereichen sei betroffen. Momentan ausgenommen sei noch die Endmontage. Bei Heller in Nürtingen arbeiten derzeit 1750 Personen. Weltweit sind es rund 2390 Mitarbeiter.

Laut Thorsten Schmidt werde man beim Auftragseingang dieses Jahr um 26 Prozent unter dem des Vorjahres mit 576,3 Millionen Euro landen. Damit liege man trotz des Einbruchs im Projektgeschäft nicht schlechter als der Branchenschnitt, betont er. Der Umsatz sei vom ersten bis dritten Quartal um 15 Prozent niedriger als im gleichen Vorjahreszeitraum. In ganz 2023 hatte Heller 588,3 Millionen Euro umgesetzt. Neben den Projekt- und den Universalmaschinen ist das Servicegeschäft ein weiteres Geschäftsfeld des Unternehmens. Beim Ergebnis werde man sich dieses Jahr im Bereich einer schwarzen Null bewegen. „Wir machen keinen Verlust“, so Schmidt: „Es ist mir wichtig zu sagen, dass die Maßnahmen, die wir vorhaben, keine Notmaßnahmen sind. Es geht darum, das Unternehmen weltweit wetterfest zu bekommen.“ Nürtingen bleibe Entwicklungs- und Produktionsstandort: „Alles, was wir hier an Technologieexpertise haben, die uns vom Wettbewerb abhebt, werden wir sogar ausbauen.“