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Nach 18 Jahren im Volksbankvorstand: Heinz Fohrer geht in den Ruhestand

Abschied Der Vorstandssprecher der Volksbank Mittlerer Neckar Heinz Fohrer verabschiedet sich in die Rente. Wie sieht er die wirtschaftliche Zukunft – und wie die eigene? Von Johannes M. Fischer

Der langjährige Vorstandssprecher der Volksbank Mittlerer Neckar eG Heinz Fohrer sagt eine sich weiter beschleunigende Zukunft voraus, was die allgemeine Entwicklung betrifft. Sein neuer Lebensabschnitt im Ruhestand beginnt mit einer Reise.

Der langjährige Vorstandssprecher der Volksbank Mittlerer Neckar, Heinz Fohrer, sagt eine sich weiter beschleunigende Zukunft voraus, was die allgemeine Entwicklung betrifft. Sein neuer Lebensabschnitt im Ruhestand beginnt mit einer Reise.

Herr Fohrer, Sie gehen zum Ende des Monats in den Ruhestand. Wie fühlt sich das an?

Heinz Fohrer: Ganz ehrlich gesagt, etwas komisch. Ich habe sehr viel Energie und sehr viel meiner Lebenszeit in meinen Beruf gesteckt. Das habe ich immer sehr gerne getan. Mir ist sehr bewusst, dass jetzt ein neuer Lebensabschnitt kommt.

Sie waren jetzt 18 Jahre bei der Volksbank, von Anfang an im Vorstand. Gab es ein Erlebnis, das Sie besonders geprägt hat?

Fohrer: Das Wichtigste in dieser Zeit war sicherlich die strukturelle Veränderung mit der Fusion beziehungsweise den Fusionen zur regionalen Volksbank Mittlerer Neckar eG. Es war auf jeden Fall ein großer Veränderungsprozess. Geprägt hat mich dabei sicherlich, dass man seine Zukunft bewusst und aktiv angehen und gestalten muss; sonst machen es andere.

Was war denn das Schlimmste, was Sie erlebt haben?

Natürlich gibt es nicht nur tolle und schöne, sondern auch schwierige Erlebnisse. Besonders mitgenommen haben mich nur die Ereignisse, die meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder geschätzten Kunden passiert sind – eine schlimme Krankheit oder ein anderer Schicksalsschlag. Alles andere – wie zum Beispiel fachliche oder technische Schwierigkeiten im Unternehmen – sind dann plötzlich nicht mehr so groß.

Einschneidend für alle waren die Coronajahre. Wie haben Sie diese – beruflich und privat – erlebt?

Beruflich war es ein wirklich „dickes Brett“. Wir waren mitten in der Fusion! Das hat neben allen schon zusätzlichen operativen Herausforderungen vieles noch umständlicher und zeitintensiver gemacht. Um es ein wenig anschaulicher zu machen ein Beispiel: Wir haben die maßgebliche Vertreterversammlung in Schriftform und somit in mehreren Schritten und Wochen durchführen müssen. Allein für den Abstimmungsprozess mussten unzählige Kilogramm an Unterlagen an unsere Vertreter verschickt werden. Privat sind wir, das heißt meine ganze Familie, trotz der vielen Sorgen und Einschränkungen gut durchgekommen. Unsere erwachsenen Kinder waren monatelang wieder bei uns im Haus. Wir haben eine Weile zusammenleben dürfen. Heute im Rückblick war das ein Geschenk.

Zurzeit ändert sich vieles im Bankensektor und in der Wirtschaft überhaupt. Ein gewisser Pessimismus macht sich breit – bei Verbrauchern ebenso wie bei Akteuren aus der Wirtschaft. Wie sieht die Zukunft der Finanzwirtschaft aus?

Genauso wie alle anderen. Es ist derzeit quasi nicht abzuschätzen, wie sich die nächsten Jahre entwickeln werden. Die größte Herausforderung ist die Baupolitik, gefolgt vom engen Wohnungsmarkt. Was die Politik mit der immer weiteren Regulierung und dem digitalen Euro vor hat, weiß sie selber noch nicht und gibt trotzdem Vollgas. Mit der Zinspolitik beispielsweise hat die EZB aus meiner Sicht völlig versagt. Viele Jahre nach dem Motto „immer weiter so“ und dann plötzlich den Hebel umgelegt. Das war kurzsichtig und das sagten wir seit vielen Jahren. Stellen Sie sich vor, wir würden so die Bank führen – unvorstellbar. Leider ist die EZB-Politik weit weg von der alten Bundesbankpolitik.

In der Konsequenz bedeutet das...

Eine Frage wird sein, wie lange die Regierungen alles Mögliche auf Staatskosten oder genauer auf Kosten der nächsten Generationen subventionieren werden. Wir müssen mit schrumpfenden Steuereinnahmen rechnen. Dann wird es spannend. Trotz alledem bin ich im Kern auch optimistisch. Denn wir – die Volksbank Mittlerer Neckar eG – sind sehr nahe am Mittelstand, bei unseren Mitgliedern und Kunden, die gute Arbeit leisten und gute Bonitäten haben, in einer starken Region mit einer hohen Bodenständigkeit und gleichzeitiger Innovationskraft.

Was werden die größten Herausforderungen für Ihre Vorstandskollegen?

Es sind, ohne dies als Ratschläge zu verstehen: die Nähe zu den Kunden weiter zu intensivieren, die internen Abläufen weiter zu digitalisieren, Prozesse möglichst zu vereinfachen und zu beschleunigen und das Wichtigste ist, es mit der Mannschaft zu tun, also unsere engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf diesem Weg weiterhin gut mitzunehmen.

Wie sieht das Bankenwesen in zehn Jahren aus – aus Sicht der Kunden? Wollen Sie eine Prognose abgeben?

Das ist tatsächlich eine schwierige Frage. Ich denke, dass sich der Transformationsprozess fortsetzen wird. Seit einigen Wochen experimentiere ich mit ChatGPT und komme aus dem Staunen nicht mehr heraus. Darum denke ich, dass sich der Veränderungsprozess in der digitalen Welt weiter beschleunigen wird. Alle verwaltenden Unternehmen und Unternehmensteile aller Branchen werden zunehmend mehr mit der Entwicklung als der dann automatisierten Sachbearbeitung zu tun haben.

Zu Ihrem Privatleben: Sie bleiben in der Region?

Es gibt für meine Frau und mich keinen Grund diese tolle Region zu verlassen. Wir wohnen im Rems-Murr-Kreis und werden auch weiterhin rund um Esslingen aktiv bleiben.

Was sind Ihre ersten Ruhestandsprojekte?

Zuallererst werde ich meine private To-do-Liste zumindest mal angehen und Mitte August geht es zu unserem Sohn, der in den USA lebt und arbeitet. Aber spätestens an Weihnachten bin ich wieder da. Versprochen.

 

Heinz Fohrer und sein großes berufliches Engagement

Privat: Heinz Fohrer gilt als ein lebenslustiger Mensch, der auch im Beruf viel Wert auf das soziale Miteinander legte. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Einer der beiden lebt zurzeit in den USA, so dass seine erste Reise im Ruhestand eben dorthin führt.

Beruflich: Seit 2005 ist er im Vorstand der Volksbank (VB) Esslingen eG. Nach einer Fusion wurde er 2019 Vorstandssprecher der VB Mittlerer Neckar eG. Zuvor war er von 1996 bis 1999 Vorstandssprecher der Volksbank Raiffeisenbank Murr-Lauter eG und von 1999 bis 2004 im Vorstand der Volksbank Backnang eG. Heinz Fohrer hatte noch eine Vielzahl anderer Aufgaben. Unter anderem ist er Vorsitzender der Regionalkonferenz Mitte-Ost in Baden-Württemberg und Mitglied in verschiedenen Aufsichtsräten.