Weilheim und Umgebung
Nachverdichtung in Holzmaden: Lückenfüller trifft auf Widerstand

Ortsentwicklung Statt eines Einfamilienhauses soll nun ein Mehrfamilienhaus an der Holzmadener Friedhofsstraße entstehen. Das gefällt nicht allen. Von Thomas Zapp

­Der letzte Tagesordnungspunkt der jüngsten Holzmadener Gemeinderatssitzung vor den obligatorischen Bekanntmachungen hatte es noch einmal in sich: Die Bauangelegenheit „Friedhofstraße 2/1 – Neubau Mehrfamilienhaus mit Tiefgarage“ sorgt im Ortskern schon seit Längerem für Unruhe. Das betreffende Grundstück liegt mitten im Ort, ist unbebaut, von der Straße nicht einsehbar und von zwei- bis dreistöckigen Wohnhäusern umgeben. Die Lücke bietet eigentliche die perfekte Voraussetzung für eine innerörtliche Nachverdichtung, die vielerorts als Schlüssel für den Kampf gegen den Wohnraummangel gilt.

Tatsächlich erteilte der Gemeinderat bereits im Jahr 2015 dort einem Bauprojekt seine Zustimmung. Allerdings handelte es sich damals nur um ein Einfamilienhaus. Mittlerweile haben aber die Besitzer gewechselt und der neue Eigentümer möchte die Fläche intensiver nutzen: Statt eines Einfamilienhauses sollen nun neun Wohneinheiten, verteilt auf zwei Gebäude, und eine Tiefgarage mit zwölf Stellplätzen dort entstehen.
Die Anwohner sind informiert und haben bereits eine kritische Auflistung verfasst: Zu hoch, nicht dorfgerecht, nicht brandschutzgerecht, zu viel Verkehr und der ökologischen Vielfalt nicht zuträglich lauten die Stichworte. Und auch während der Sitzung wird schnell klar: Die meisten sind zwar grundsätzlich für die Schaffung von Wohnraum, halten von der konkreten Idee aber nicht allzu viel.

 

„Mir sind Nachverdichtungen lieber als neues Bauland im außerstädtischen Bereich.
Architekt Udo Neugebauer

 

Dabei ist eigens der vom Besitzer beauftragte Architekt Udo Neugebauer erschienen, um zu erklären, was man alles bei der Planung berücksichtigt hat. Da ist zum einen die Höhe: „Wir sind deutlich niedriger als der Bestand“, sagt er. Auch seien die Wohnungen nicht elitär, sondern mit 80 Quadratmetern Wohnfläche erschwinglich. Auch beim Brandschutz habe man mit mindestens fünf Metern Abstand zu den Nachbargrundstücken alle Vorschriften eingehalten. „Es ist nicht übertrieben“, betont der Weilheimer Architekt. Dass es nicht jedem gefällt, wenn statt einer grünen Wiese ein Haus steht, kann er durchaus nachvollziehen. „Das ist mir in Weilheim selbst passiert, aber das muss man akzeptieren“, erzählt er.

Gemeinderat Jochen Wagner (Holzmadener Bürgerliste) vermisst bei dem Projekt das Augenmaß. „Es wird auf kleinstem Platz versucht, Wohnraum zu maximieren.“ Er sieht die Wohnqualität gemindert, vor allem durch den künftig zu erwartenden Verkehr durch die Ab- und Anfahrt zur Tiefgarage. Das Einvernehmen der Gemeinde sieht er daher nicht. Der Tenor der anderen Stimmen aus dem Rund lautet ähnlich: Die Bebauung wäre zu massiv, der dörfliche Charakter empfindlich gestört.

Architekt Neugebauer hält mit der Baumassenzahl dagegen: Die sei nicht höher als bei den bereits bebauten Flächen. Der Richtwert gibt an, wie viel Kubikmeter Baumasse je Quadratmeter Grundstücksfläche bebaut werden dürfen. „Nicht mitgenommen“ beim geänderten Bauantrag fühlt sich Gemeinderat Dr. Markus Ocker (HBL). Er sei von der großen Version „entsetzt“. Da meldet sich Bürgermeister Florian Schepp: Es habe volle Transparenz gegeben, die Einwände des Gemeinderats in geheimer Sitzung seien bereits an den Bauträger weitergeben worden.

Wie geht es weiter?

Ob und wie der Investor dem Gemeinderat einen neuen Vorschlag macht, ist angesichts der Gegenwehr offen. Bekommt er das kommunale Einvernehmen nicht, kann er sich direkt an das Landratsamt als Genehmigungsbehörde wenden. „Die machen sich natürlich dann Gedanken, warum die Gemeinde das nicht will“, sagt Florian Schepp. Der Gemeinderat könnte zudem eine Veränderungssperre beschließen, müsste dann aber einen Bebauungsplan erstellen, den es bislang nicht gibt. Das würde aber Zeit und Geld beanspruchen. „Eine schnelle Lösung wäre uns natürlich lieber“, sagt der Schultes. Er hofft noch auf einen Kompromiss mittels einer abgespeckten Lösung für ein Mehrfamilienhaus. „Wir sehen eine gesellschaftliche Verantwortung zur Schaffung von Wohnraum und müssen das mit dem Flächenverbrauch abwägen“, sagt Florian Schepp. Dass dieses Ziel mit Einfamilienhäusern schwer zu erreichen wird, sieht auch Jochen Wagner: „Mir sind neun Wohnungen lieber als neun Einfamilienhäuser.“ Der Gemeinderat hat die Entscheidung erst mal vertagt.