Weilheim · Lenningen · Umland
Nacktfotos bis Oralsex: 25-Jähriger soll mehrere Mädchen missbraucht haben

Cybergrooming Ein Reichenbacher nahm über soziale Netzwerke Kontakt zu den Opfern auf.

Esslingen. Der 25-jähriger soll Mädchen über soziale Netzwerke angelockt und bei den Treffen sexuell übergriffig geworden sein. Bekannt ist ein solches Vorgehen auch als Cybergrooming.

Die Finger verschränkt, den Kopf gesenkt – es sah aus, als nehme der Angeklagte eine Büßerhaltung ein, während der Staatsanwalt die Anklageschrift vortrug. Es ist ein lange Liste von Taten, für die sich der 25-jährige Mann aus Reichenbachvor dem Esslinger Amtsgericht verantworten muss. Und alle folgen sie einem ähnlichen Muster. Der Elektriker und Nebenerwerbslandwirt hatte im Jahr 2021 über soziale Medien, allen voran Snapchat, junge Mädchen angeschrieben und sie gebeten, ihm Fotos zu schicken. Auf den Bildern sollten sie nackt oder nur mit Unterwäsche bekleidet sein. Irgendwann kam es dann auch zu realen Treffen, die meisten davon haben in Göppingen stattgefunden.

Der Mann soll die Mädchen aus dem Raum Stuttgart und Ulm, die damals zwischen 13 und 16 Jahre alt waren, mit dem Auto abgeholt haben und sei dort in unterschiedlicher Weise sexuell übergriffig geworden. Der Angeklagte soll mit den Mädchen vorher eine Art Geschäft vereinbart haben. So willigte etwa eine 14-Jährige ein, dass der Angeklagte ihre Beine anfassen könnte, dafür habe er ihr 200 Euro versprochen, wie der Staatsanwalt vortrug. Doch daran hielt sich der Mann laut Anklage nicht. Er soll das Auto verriegelt, Oralverkehr verlangt und mit dem Finger in sie eingedrungen sein.

Geld und üble Drohungen

Bei einer anderen Tat soll der 25-Jährige zwei Mädchen 800 Euro versprochen haben, wenn sie mit ihm Oralverkehr hätten. Sie sagten zunächst zu. Als sie dann aber doch einen Rückzieher machten, übte er Zwang aus und drückte den Kopf in seinen Schritt. „Der Angeklagte hat den Widerwillen erkannt, ihn aber ignoriert“, sagte der Staatsanwalt. Der 13-Jährigen soll er Zigaretten und 100 Euro gegeben, ihr aber auch gedroht haben, dass er sie auf Instagram als „käufliche Hure“ anprangern werde. In einem anderen Fall soll der 25-Jährige Mädchen mit angeblichen Sexvideos, die er im Auto gedreht hätte, unter Druck gesetzt haben.

BKA geht verstärkt gegen Cybergrooming vor

Der Staatsanwalt wirft dem 25-Jährigen, der gleich mit zwei Anwälten im Amtsgericht erschienen war, unter anderem Vergewaltigung, schweren sexuellen Missbrauch und sexuelle Nötigung vor. Es sind alles Fälle, die unter dem Stichwort Cybergrooming zusammenzufassen sind, wenngleich der Begriff so nicht gefallen ist. Bezeichnet wird damit die Anbahnung sexueller Kontakte mit Minderjährigen im Netz. Erst in dieser Woche hatte das Bundeskriminalamt angekündigt, verstärkt dagegen vorgehen zu wollen.

Verfahrensbeteiligte einigen sich nicht

Bevor das Gericht am Mittwoch in die Beweisaufnahme eintrat, wurde die Verhandlung auf Wunsch der Verteidiger des 25-Jährigen für ein sogenanntes Rechtsgespräch unterbrochen. In dem verständigen sich die Verfahrensbeteiligten unter Ausschluss der Öffentlichkeit über einen möglichen Fort- oder Ausgang des Verfahrens. Gut eineinhalb Stunden dauerten die Beratungen. Die Tür im Sitzungssaal ging auf und zu. Mal waren die Verteidiger der Nebenkläger mit drin, dann wieder ausgeschlossen. Dasselbe galt für den Angeklagten. Der drehte den zwei jungen Mädchen, die im Flur darauf warteten, als Zeuginnen auszusagen, derweil demonstrativ den Rücken zu.

Öffentlichkeit muss draußen bleiben

Dass man sich, ein Geständnis des Angeklagten vorausgesetzt, auf eine Bewährungsstrafe von bis zu zwei Jahren und Opferzahlungen einigen könnte, war am Ende vom Tisch. Für ihn sei die Zustimmung der Nebenkläger Bedingung gewesen, so der Staatsanwalt. Die lehnten aber ab. Die Verhandlung wurde deshalb fortgesetzt. Weil die Zeuginnen, die aussagten, minderjährig waren, fand sie nichtöffentlich statt. Der Prozess wird heute fortgesetzt. Petra Pauli