Vereinbarkeit
Natalie Pfau-Weller: CDU-Politikerin zwischen Wickeltisch und Schreibtisch

Natalie Pfau-Weller hat im Mai Zwillinge geboren. Im Gespräch erzählt die Politikerin, wie sich Mandat und Mutterschaft vereinbaren lassen. 

Kein alltägliches Bild: Natalie Pfau-Weller mit Söhnchen Julian im Landtag. Foto: CDU-Landtagsfraktion

Wir treffen Natalie Pfau-Weller in ihrem Kirchheimer Wahlkreisbüro zum Gespräch. Sie trägt Jeans und Pullover, hat Baby Julian auf dem Arm. Die Landtagsabgeordnete strahlt, wirkt energiegeladen, was schon erstaunlich ist, wenn man bedenkt, dass sie seit rund sechs Monaten Mutter von Zwillingen und einer Sechsjährigen ist. Das Baby nimmt am Termin teil, weil es auf dem Arm der Babysitterin nicht bleiben will. Das war so nicht geplant, aber Natalie Pfau-Weller nimmt’s locker. Flexibel zu sein, lernt man als dreifache Mutter mit Mandat offenbar zwangsläufig.

Natalie Pfau-Weller hat turbulente Monate hinter sich. Unmittelbar bei der Geburt wurde bei Söhnchen Valentin eine schwere Erkrankung festgestellt. Dennoch hat die 37-Jährige, abgesehen vom Mutterschutz, keine Pause eingelegt nach der Geburt der eineiigen Zwillinge. Elternzeit steht gewählten Politikerinnen nicht zu, und das ist zwar bedauerlich, hat aber seine Richtigkeit, findet die CDU-Politikerin und Stadträtin. „Es wäre unfair gegenüber den Wählerinnen und Wählern, ein Jahr Pause zu machen und weiterhin die Diät zu kassieren“, sagt sie. Ihr Mandat zurückzugeben, darüber habe sie keine Sekunde nachgedacht. Auch nicht, als auf dem Ultraschall nicht nur ein Herzschlag, sondern zwei zu sehen waren. 

 

Man muss bei der Terminplanung ein bisschen umdenken.

Natalie Pfau-Weller

 

Und so sammelt die Politikerin jetzt Erfahrungen, wie das gehen kann: Mandat und Mutterschaft. Eines stellt sie gleich klar: „Ohne meine Familie würde gar nichts funktionieren.“ Mal ist es ihr Mann, mal die Mutter, dann wieder eine Freundin, die Julian im Kinderwagen um den Block schiebt, während Pfau-Weller Firmen besucht, Grußworte spricht oder im Landtag eine Rede hält. „Man muss bei der Terminplanung ein bisschen umdenken. Mehr Pausen zwischen den Terminen einplanen“, sagt sie. Ab und an sieht man die Unionspolitikerin bei Terminen auch mit Baby in der Trage. Das kann gut gehen, muss aber nicht. „Einmal hatte ich ihn in der Trage, als ich ein Grußwort sprechen sollte. Er hat tief und fest geschlafen, deshalb habe ich ihn drin gelassen. Als ich mitten in der Rede war, ist er aufgewacht und hat angefangen, zu brüllen“, erinnert sie sich lachend.

Während manche Termine nicht in Stein gemeißelt sind, ist an den Terminen der Ausschuss- und Plenarsitzungen im baden-württembergischen Landtag nicht zu rütteln. Dort ist man auf Babys noch nicht so richtig eingestellt, auch wenn es erste Versuche gibt, den Landtag familienfreundlicher zu machen. Im Landtag stille sie im Büro der Landtagspräsidentin, sagt sie. Auch im Sanitätsraum könne theoretisch gestillt werden. Immerhin gibt es ab 16.30 Uhr eine Tagesmutter, der sie Julian ab und zu anvertraut. Ab Januar wird er im Sankt-Gabriel-Kindergarten in Kirchheim eingewöhnt.

Die sechsjährige Tochter ist bereits ein Schulkind und besucht die Ganztagsbetreuung der KW-Schule. „Charlotte ist eine tolle große Schwester und liebt es, ihre kleinen Brüder zum Lachen zu bringen“, sagt Natalie Pfau-Weller. Dass sie als Frau teilweise bedauert wurde, wenn sie sagte, dass sie mit Zwillingen schwanger sei, findet die Politikerin schade. „Es fordert einen, aber die Verbindung zu sehen, die die beiden zueinander haben, ist richtig schön“, sagt sie. 

Natalie Pfau-Weller bekommt viel Zuspruch aus ihrem Umfeld. „Unser Fraktionsvorsitzender ist ein unheimlich netter Mensch“, sagt sie über Manuel Hagel. „Auch die Kollegen nehmen wirklich Anteil und unterstützen“. Dass sie auch mal digital an einer Fraktionssitzung teilnehmen müsse, dafür habe jeder Verständnis. Allerdings erntet sie mit ihrer Art, Familie und Beruf zu vereinbaren, auch Kritik. Kommentare wie „Das arme Kind“ und „Sie sollte besser zu Hause bleiben“ ärgern sie, vor allem, weil diese Sätze hauptsächlich von anderen Frauen kommen. „Vermutlich wird das erst aufhören, wenn man die Babys nicht mehr auf Terminen sieht“, sagt sie. Umso mehr freut sich Natalie Pfau-Weller, wenn wieder andere Frauen ihre Solidarität bekunden. „Ich wurde auch blöd angekuckt“, verriet ihr kürzlich eine Unternehmerin. 

 

Warum meistens nur ein Zwilling dabei ist

Krankheit Bei Natalie Pfau-Wellers jüngerem Sohn Valentin wurde unmittelbar nach der Geburt eine Fehlbildung der Speiseröhre festgestellt. Er musste sofort operiert werden und lag zwölf Wochen lang auf der Intensivstation. Mittlerweile ist das Baby zu Hause und wird 18 Stunden pro Tag von einem Pflegedienst betreut. Täglich ab 17 Uhr kümmern sich Natalie Pfau-Weller und ihr Mann Lars um ihn. „Ich hatte ihn auch schon zwei Mal bei Terminen dabei, aber er ist zu Hause einfach besser versorgt“, sagt sie.

Therapie Im kommenden Jahr wird das Tracheostoma entfernt, das Valentin beim Atmen unterstützt. Außerdem verhindert es, dass Speichel oder Nahrung in die Luftröhre gelangen. Der Säugling erhält schon jetzt Logopädie und hat gute Chancen, völlig gesund zu werden. „Er entwickelt sich sehr gut“, sagt Natalie Pfau-Weller, die froh und dankbar ist, dass alles sich so positiv entwickelt hat. Denn es gab auch viele schwierige Momente. Als sie erzählt, wie ihr kleiner Sohn zwei Mal reanimiert werden musste, kommen ihr die Tränen. adö

 

Zur Person Dr. Natalie Pfau-Weller ist 1987 in Kirchheim geboren und lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in der Teckstadt. Nach dem Studium promovierte sie im Fach Politikwissenschaften und war anschließend als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation tätig. Seit 2007 ist sie Mitglied der CDU, der Jungen Union und der Frauen Union. Natalie Pfau-Weller ist seit 2014 Mitglied des Kirchheimer Gemeinderats. 2020 wurde sie dort Fraktionsvorsitzende. Seit 2021 ist die Unionspolitikerin Mitglied des baden-württembergischen Landtags. Ihre Themen: Umwelt, Wohnen und Verkehr. Ihr Vorgänger war der langjährige CDU-Landtagsabgeordnete Karl Zimmermann.