Weilheim und Umgebung
Neidlingen auf Hochwasser-Risikogebiete geprüft

Hochwasserschutz Wie sich Neidlingen bei Wolkenbrüchen vor Überschwemmungen schützen kann.

Neidlingen. Die Starkregenrisikoanalyse der Firma Wald und Corbe für die Gemeinde Neidlingen ist sehr umfangreich. So konnte deren Mitarbeiterin Anne Jakobs im Gemeinderat nur Auszüge präsentieren. Zu Beginn bat sie darum, Flusshochwasser und Starkregen zu unterscheiden: Letzterer könne dank einer Gewitterzelle überall auftreten. Anders als beim Fluss, bei dem der Pegel womöglich langsam immer mehr ansteigt, liege die Vorwarnzeit beim Starkregen oft nur bei 15 oder 20 Minuten. Die Untersuchung habe drei Schritte durchlaufen: Zuerst wurden für das Gemeindegebiet Starkregengefahrenkarten erstellt, dann wurde eine Risikoanalyse vorgenommen, zuletzt dann nach geeigneten Maßnahmen gesucht, um das Risiko zu minimieren. Die Untersuchung wurde vom Land mit 70 Prozent der Kosten gefördert.

Den Starkregengefahrenkarten liegen Daten zugrunde, die bei einer Befliegung erhoben wurden: in einem ganz feinen Raster von 0,5 mal 0,5 Meter – da bleibt auch der kleinste „Hubbel“ nicht unberücksichtigt. Beim angenommenen Niederschlag wurden drei Szenarien untersucht: Ein seltenes, wie es etwa alle 30 bis 50 Jahre zu erwarten ist, ein außergewöhnliches, wie es etwa alle 100 bis 150 Jahre auftritt, und ein extremes Szenario – letzteres wäre dann eine richtige Naturkatastrophe. Vier verschiedene Farben auf der Karte zeigen, wie hoch dann das Wasser an einer Stelle stehen würde: Stünde es fünf bis zehn Zentimeter, 10 bis 50, 50 bis 100 oder über 100 Zentimeter hoch? Pfeile in verschiedenen Farben zeigen, wie schnell das Wasser fließen würde – ist die Geschwindigkeit zu hoch, wird es für Fußgänger gefährlich.

Zwölf Maßnahmen empfohlen

Gesucht wurde auch nach besonders betroffenen Gebäuden, für Einrichtungen mit vulnerablen Gruppen: Für den Kindergarten Wasserschloss und die Neidlinger Grundschule wurden ausführliche Steckbriefe erstellt. Als Ergebnis kam die Analyse zu zwölf empfehlenswerten Maßnahmen. Dazu gehören die Optimierung von Einläufen und Überleitungen, der Ausbau von Gräben, das Prüfen von Verdolungen und das Anbringen von dünnen Stahlpfosten, die an einem Bachlauf Äste aufhalten können. Damit ein Einlauf nicht verstopft, kann er mit einem Sedimentfang ausgerüstet werden. Dieser ist dann nach einem Stark­regen womöglich voll, aber der Einlauf wurde nicht verstopft und das Wasser konnte in die Kanäle abfließen.

Wie hoch der Zuschuss des Landes für diese Maßnahmen ausfällt, hängt davon ab, wie viel Euro pro Einwohner die Gemeinde für sie ausgibt. Bei 15 Euro pro Einwohner – das wären in Neidlingen grob 27 000 Euro – wären es 20 Prozent, ab 150 Euro pro Einwohner 70 Prozent. Bei Zwischenwerten liegen die Prozentsätze ebenfalls dazwischen.

Auch Hauseigentümer sind beim Schutz vor Starkregenfolgen gefragt. Für sie hat die Gemeinde für den Herbst eine Informationsveranstaltung geplant. Dabei gibt es eine schlechte und eine gute Nachricht: Die schlechte ist, dass es für private Investitionen keine Zuschüsse des Landes gibt. Die gute Nachricht ist, dass manchmal schon kleine Maßnahmen ausreichen. Tiefgaragen würden schnell volllaufen, sagte Anne Jakobs. Aber oftmals genüge schon eine fünf bis zehn Zentimeter hohe Schwelle, um das Wasser von der Tiefgarage fern zu halten.

Durch die vielfältige Erfahrung hat Wald und Corbe einige besondere Risikofaktoren beim Starkregen ausgemacht: Laut Anne Jakobs sind dies Sonderkulturen wie Mais, die Monate Mai und Juni und Lössflächen. Eines machte die Referentin ebenfalls deutlich; Vor einem Ereignis wie im Ahrtal gebe es keinen vollständigen Schutz. Ein Restrisiko bleibe immer. Peter Dietrich