Weilheim und Umgebung
Neidlingen könnte sich selbst einheizen

Energie Die Gemeinde will ihr Neubaugebiet „Schießhütte“ künftig mit einem Nahwärmenetz versorgen.

Neidlingen. Norbert Brenner, Mitarbeiter der Firma Rationelle Ener­gie Süd in Geislingen, hatte eine umfassende Präsentation in die Sitzung des Neidlinger Gemeinderates mitgebracht. Die Frage war: Wie ließe sich das Neubaugebiet mit einem Nahwärmenetz und Holzhackschnitzeln versorgen? Und wäre das auch finanziell attraktiv? Noch hat sich der Gemeinderat nicht entschieden, aber die Präsentation klang vielversprechend.

Die Anfangsüberlegung war: Hätte die Gemeinde für solch eine Heizzentrale überhaupt genügend Holzhackschnitzel? Ja, das habe sie durchaus, sagte Brenner, und zwar aus dem eigenen Gemeindewald. Das brächte zwei Vorteile: Zum einen wäre die Gemeinde als Selbstversorger von den Weltmarktpreisen abgekoppelt, zum anderen hätte sie auch die Kontrolle über die Qualität. Bei dieser gebe es nämlich beträchtliche Unterschiede: Je geringer die Feuchtigkeit, desto teurer. Aber dann sei auch die Energieausbeute besser. Und je besser die Holzhackschnitzel, desto weniger Asche und desto zuverlässiger läuft die Anlage. Zur Zwischenlagerung müsste aber eine überdachte Lagerstätte geschaffen werden, ob auf dem Bauhof oder anderswo. Das Zudecken mit einer Plane sei weniger gut als ein Dach, sagte Norbert Brenner, denn dadurch werde der Trocknungsprozess unterbrochen.

Den Strom liefert die Sonne

Die Heizzentrale ließe sich an verschiedenen Stellen rund ums Neubaugebiet bauen. Praktisch wäre es aber dort, wo es bereits eine Zufahrt gibt, denn etwa fünfmal im Jahr müssen Holzhackschnitzel angeliefert werden. Auch die vorherrschende Windrichtung ist in die Planung einkalkuliert. Auf dem Dach des leicht länglichen Würfels wäre Platz für Photovoltaik, damit wäre der Strombedarf der Heizzentrale gedeckt. Zur Sicherheit hätte die Anlage zwei Kessel, falls es einmal einen Defekt oder eine Wartung gibt. Seine Firma, eine Tochter des Geislinger Albwerks, betreibe schon mehrere solcher Anlagen, sie liefen zuverlässig, versicherte Norbert Brenner. Eventuelle Störungen seien in der Wirtschaftlichkeitsberechnung enthalten. Ein Pufferspeicher ist ebenfalls eingeplant, denn ein Holzhackschnitzelbrenner lässt sich nicht so schnell hochfahren wie einer für Öl.

Die Gesamtkosten lägen inklusive Nahwärmenetz bei rund 700 000 Euro. Damit ließen sich die geschätzten 45 künftigen Wohneinheiten auf 30 Grundstücken komplett versorgen. Für den Endverbraucher käme nach aktuellem Stand ein Preis von rund 17,5 Cent pro Kilowattstunde heraus. Zum Vergleich: Würde sich jeder Bauherr eine eigene kleine Anlage für Holzhackschnitzel bauen, wären es laut Brenner 26,5 Cent pro Kilowattstunde, kalkuliert mit einer günstigen Anlage für 25 000 Euro. Die zentrale Anlage halte erfahrungsgemäß mindestens 20 Jahre, länger als eine Eigenanlage mit rund 15 Jahren. Zudem sei der Einkauf der Holzhackschnitzel im Kleinen teurer, und jeder müsste sich selbst darum kümmern.

Für die Gemeinde als Betreiberin des Nahwärmenetzes käme langfristig eine ganz kleine Rendite heraus. Dabei sind keinerlei Fördermittel eingerechnet, denn im Moment gibt es für solche Nahwärmenetze keine. Das dürfte sich aber wieder ändern, so Norbert Brenner, denn ein neues Fördergesetz sei derzeit in der Vorlage. Dann seien wahrscheinlich mindestens 50 Prozent erneuerbarer Brennstoff Voraussetzung für eine Förderung, Neidlingen läge bei 100 Prozent. Eine Einschränkung gibt es: Die Kalkulation basiert auf einem sofortigen Vollausbau des Neubaugebiets, mit allen 30 Grundstücken. Würde sich die Gemeinde entscheiden, einen Teil vorerst zurückzuhalten, würde sich die Kalkulation zum Nachteil verändern – die Kosten wären dann durch weniger Wohneinheiten zu teilen.

Falls sich die Gemeinde tatsächlich für das Nahwärmenetz entscheidet, würde die Wärme wie bei Gas, Wasser oder Strom bis zur Hausübergabestation geliefert. Die Bauherren brauchen dann keinen eigenen Lagerplatz für Brennmaterial. Peter Dietrich