Weilheim und Umgebung
Neidlingen steht finanziell so gut da wie noch nie

Haushalt Für das Jahr 2022 muss die Gemeinde allerdings an die gut gefüllten Rücklagen ran.

Neidlingen. In seiner ersten Gemeinderatssitzung als neuer Bürgermeister war Jürgen Ebler sogleich mit einer Haushaltsrede gefragt. Die Schwerpunkte sind für ihn eindeutig: Als Erstes nannte er die kommunale Daseinsvorsorge für Kinder, Jugendliche und ältere Menschen und die sozialen Einrichtungen. Alle freie Arbeitskraft werde er zur schnellen Realisierung des Baugebiets „Schießhütte“ einsetzen. Die Sanierung und Ertüchtigung des Kanalnetzes sei eine Mammutaufgabe, ein „langer und mühseliger Marathonlauf“. Er bekannte sich zum „obers­ten Grundsatz der Sparsamkeit“: „Wir haben und wir werden uns in Neidlingen keine Luxusgüter anschaffen, die aufwändig unterhalten werden müssen.“ Unterm Strich, fasste Jürgen Ebler zusammen, bringe der Haushalt 2022 im Ergebnishaushalt ein Minus von einer halben Million Euro, der Finanzhaushalt ein dickes Minus von 2,5 Millionen Euro.

Der Weilheimer Stadtkämmerer Dennis Bräunle präsentierte dem Gemeinderat gewohnt gut strukturiert die wichtigsten Einzelzahlen. Er begann mit einem sehr erfreulichen Rückblick auf 2021: Das „ordentliche Ergebnis“ wurde mit einem Minus von 229 000 Euro kalkuliert, der vorläufige Abschluss liegt aber bei plus 1,3 Millionen. Dies liege vor allem an der erfreulich hohen Gewerbesteuer, es gingen 1,17 Millionen Euro mehr ein als erwartet, und an Minderausgaben von 400 000 Euro.

Im Jahr 2022 stehen im Ergebnishaushalt Erträge von rund 5,5 Millionen Euro Aufwendungen von rund sechs Millionen Euro gegenüber, so bleibt ein ordentliches Ergebnis von minus 518 000 Euro. Es kann aber durch Rücklagen ausgeglichen werden. Für 2023 erwartet Dennis Bräunle aus heutiger Sicht nochmals ein negatives ordentliches Ergebnis, ab 2024 soll es wieder positiv sein.

Das sind aber alles nur Prognosen, am unsichersten ist die Höhe der Gewerbesteuer: Im Rekordjahr 2018 lag sie bei knapp 7,5 Millionen Euro, zwei Jahre später wurde ein Tief von knapp 2,7 Millionen Euro erreicht. 2021 gingen nach vorläufigem Rechnungsergebnis vier Millionen Euro ein, für 2022 kalkuliert die Gemeinde vorsichtig mit 2,5 Millionen Euro. Geringeren Steuereinnahmen im Jahr 2022 stehen geringere Umlagen entgegen, so sinkt die Kreisumlage um rund zehn Prozent auf 991 000 Euro. Die Einnahmen gehen aber etwas mehr zurück als die Umlagen sinken, in der Summe steht die Gemeinde etwas schlechter da als im Vorjahr.

Was Neidlingen zugutekommt, sind die geringen Schulden. Sie betrugen in diesem Jahrhundert schon mal rund 2,3 Millionen Euro, wurden dann aber kontinuierlich abgebaut. Ende 2022 sollen noch 119 000 Euro übrig sein, das sind 65 Euro pro Kopf. Damit liegt Neidlingen weit unter dem Durchschnitt vergleichbarer Gemeinden. Wenig Schulden bedeutet auch wenig Zinsen, 2022 fallen gerade einmal 8000 Euro an.

Keine neuen Kredite nötig

Doch Zahlen sagen nicht alles – eine Gemeinde kann scheinbar bestens dastehen, aber dies mit maroder Infrastruktur erkaufen. Neidlingen tut dies eindeutig nicht: Die Gemeinde investiert 1,1 Millionen Euro ins betreute Wohnen, 428 000 Euro in die Kanalsanierung und 361 000 in die Straßensanierung. Für den Grunderwerb sind 260 000 Euro eingeplant, für eine neue Gruppe in der Kinderkrippe 215 000 Euro. Für diese hohen Investitionen muss die Gemeinde den Rücklagen 2,46 Millionen entnehmen, es sind danach aber noch immer fast exakt sieben Millionen übrig. Dank der hervorragenden Jahre 2015 bis 2018, sagte Dennis Bräunle, sei die finanzielle Lage der Gemeinde Neidlingen so gut wie noch nie. Deshalb seien trotz ambitionierter Investitionen keine neuen Kredite nötig. Die Gemeinde müsse ihr bisheriges Verwaltungshandeln „daher nicht groß ändern“.

Steuererhöhungen gibt es ebenfalls keine. Der Wasserzins wurde vor Kurzem bereits deutlich erhöht, so erwartet die Wasserversorgung einen kleinen Gewinn von 4400 Euro. Am 25. April soll der Haushalt beraten und beschlossen werden. Peter Dietrich