Inmehr als 18 Meter Höhe steigen die Teilnehmenden über die Brüstung des Turms, wo sie sich gut gesichert rückwärts über den Edelstahlhandlauf in den Abgrund kippen lassen. Das fordert Vertrauen und ist für viele eine Herausforderung. „Der Kontrollverlust ist der schlimmste Moment“, weiß Jochen Hintz, Inhaber von Cojote Outdoor. Der Veranstalter aus Bad Urach organisiert in Kooperation mit dem Heidengrabenzentrum den Nervenkitzel in schwindelerregender Höhe.
Wenn du mal in der Luft bist, ist alles gut.
Jochen Hintz, Inhaber von Cojote Outdoor
Klettergurt und Helm bekommen die Helden der Lüfte schon am Boden angepasst, sonst müsste die Ausrüstung nach oben getragen werden, sagt Hintz, den alle nur Joe nennen. Bevor die abenteuerlustigen Besucher heranströmen, testete das Outdoorteam die Bedingungen vor Ort. Im Rahmen ihres Teamwochenendes fand die Generalprobe für die Seilaktionen statt. 102 Treppenstufen sind zu bewältigen, genug Zeit also, um die Nerven zu beruhigen – oder, je nach Verfassung, sich hineinzusteigern. Auf jeden Fall wächst mit jedem Meter die Spannung. Es kostet Überwindung, die persönlichen Grenzen verschieben sich, sagt der 54-jährige Erlebnispädagoge. „Wenn du mal in der Luft bist, ist alles gut.“ Vertrauen ist dabei das A und O: in das Material, in die Trainer und nicht zuletzt in die eigenen Fähigkeiten.
Therapie bei Höhenangst
Nach einer akribischen Prüfung des Equipments durch einen Trainer seilt sich jeder selbst ab. Ein Zug am roten Griff des blauen Abseilgeräts genügt. Ein zweiter Trainer sichert von unten. Etwa zwei Minuten dauert der Spaß – oder der Spuk, schätzt Hintz. Wer sich überwindet und es dann geschafft hat, kann ein Erfolgserlebnis verbuchen, gewinnt Mut und Selbstvertrauen. „Es ist nichts dabei“, lacht der seiltechnisch versierte Joe, der 30 Jahre lang im Rettungsdienst gearbeitet hat. Schon für Kinder ab acht Jahren ist das Abseilen geeignet. Nicht einmal schwindelfrei müsse man sein, „bei Höhenangst ist es eine gute Therapie“, sagt Joe. Jeder, der sich traut, kann sich heranwagen: Schulklassen, Menschen aus der Region, Urlauber, aber auch Kolleginnen und Kollegen im Rahmen von Firmenevents, die ihren Teamgeist stärken wollen. Die Erfahrungen sind gut für den Zusammenhalt der Gruppe. Außerdem verbessern die Teilnehmenden ihre sozialen Fähigkeiten wie Kommunikation und Empathie. In etwa ein bis zwei Monaten bietet Cojote die Seilaktionen für alle an.

Zum Club der Mutigen gehört auch Tanja Breitenbücher. Die Leiterin des Heidengrabenzentrums hat das Abseilen vom „Draufsichtsturm“, wie sie den Aussichtsturm gerne nennt, ebenfalls ausprobiert. Sie sieht die Abseilaktionen als ein Puzzleteil des Erlebnisfelds, ebenso wie die Bogenschießkurse, die Cojote bereits anbietet. Über die körperlichen Aktivitäten sollen die Menschen indirekt an das Thema Kelten herangeführt werden, sagt die Historikerin. Sie setzt auf unterschiedliche Kooperationen, damit das Heidengrabenzentrum nicht nur als „historischer Erlebnispark“ wahrgenommen wird, sondern die Leute sich ihm individuell nähern können. Mountainbiker, Wanderer, Geologie- und Geschichtsinteressierte – alle sollen zufriedengestellt werden. „Die Anknüpfungspunkte in der Landschaft sind vielfältig“, begeistert sich Breitenbücher.
Leiterin setzt auf Partner
17.000 Besucher zählte das Heidengrabenzentrum in den ersten sechs Monaten seines Bestehens, was den Erwartungen entsprach. „Das war der Schwung der Eröffnung“, sagt sie. Den wolle man beibehalten, deshalb setzt die Historikerin auf Partner. Immer wieder muss man neue Aktionen auf die Beine stellen, wie Vorträge, Erlebniswanderungen oder „Living History“ mit der Keltengruppe Riusiava. Breitenbücher blickt positiv in die Zukunft: „Wir freuen uns, wenn wir Dreh- und Angelpunkt für Kultur- und Abenteuerveranstaltungen in der Region sind.“ Abenteuer rund ums Heidengrabenzentrum.
Näheres zum Heidengrabenzentrum unter www.region-heidengraben.de und zum Abseilen www.region-heidengraben.de/veranstaltungen.