Wernau. Der Strafprozess vor dem Stuttgarter Landgericht gegen die beiden 23- und 28-jährigen syrischen Brüder aus Wernau wegen versuchten Totschlags zieht sich hin. Am gestrigen dritten Tag der Beweisaufnahme sorgte ein Zeuge für Überraschung. Er brachte einen tatbezogenen Chat auf seinem Handy mit, in dem sich einer der beiden Angeklagten offensichtlich deutlich zum bisher noch unbekannten Tatmotiv äußert.
Laut Anklage soll das Brüderpaar aus Rache den neuen Freund der Ex-Frau einer der Männer zu töten versucht haben (wir berichteten). Die Tatwaffe: ein Schraubenzieher. Vermutetes Motiv der Staatsanwaltschaft: Eifersucht. Das jedoch verneinen die beiden Angeklagten in ihren Äußerungen entschieden und behaupten, es seien „andere Gründe“. Ansonsten schweigen sie zu dem Vorwurf der versuchten Tötung mit Körperverletzung.
Seltsamer Chat-Verlauf
Am gestrigen dritten Verhandlungstag überraschte ein Zeuge das Gericht mit Neuigkeiten. Der junge Mann, ein Freund der beiden Angeklagten, gleichzeitig auch ein Bekannter der Frau, hatte offenbar Gespräche mit einem der Angeklagten vor und nach der Tat geführt. Dieser soll zu ihm gesagt haben, er werde den neuen Freund der Frau wegen einer angeblichen Beleidigung schlagen: „Ich komme und schlage ihn“, habe er gesagt. Dann kam der 5. März, der Tag, an dem die Tat geschah. Mit einem Schraubendreher soll der gehörnte Angeklagte den neuen Freund schwer verletzt haben.
Er habe es mit einem Messer gemacht, sagte der Zeuge, nicht wissend, dass es sich um einen Schraubendreher handelte. Er habe dann die Polizei gerufen. Dann berichtete der Zeuge über den Chat mit den Angeklagten teils vor, teils nach der Tat. Man werde „auf eure Köpfe schlagen, damit sie so werden, wie mein Hintern“, zitierte er einen Chat-Eintrag. Man werde es „so machen, dass ihr den Tod als Sehnsucht wünscht.“ Man habe die „Ehre schmutzig gemacht“, dafür sei man gekommen.
Die Einträge in dem Handy-Chat haben die Richter der Stuttgarter Schwurgerichtskammer gestern überrascht. Der Zeuge wird gemäß richterlichen Auftrags die Texte jetzt über E-Mail als Beweismittel an die Richter überspielen. Als der Gerichtsvorsitzende den einen Angeklagten fragte, ob er für diese Texte der Urheber sei, wurde diese Frage deutlich bejaht.
Noch drei Verhandlungsfortsetzungen sind terminiert, bis das Gericht dann am 13. Oktober ein Urteil verkünden wird. Zuvor soll jedoch ein psychiatrischer Sachverständiger zu der Frage Auskunft geben, ob die Tat eventuell im Zustand eines Wahns geschah. Bernd Winckler