Weilheim und Umgebung
Neue Highlights im Boller Wald

Natur Ziegen weiden auf der Boller Heide, die zum Hutewald werden soll. Am Anstieg zur Bertaburg gibt’s Alpentritte. Der „Sinneswandel“ lockt seit gut zehn Jahren Erholungssuchende und Naturliebhaber. Von Jürgen Schäfer

Am Wald kommt man in Bad Boll kaum vorbei.“ So sieht Revierförster Christoph Reich die Badgemeinde und ihren Gemeindewald, der sich bis hoch zur Bertaburg, nach Eckwälden und zum Teufelslochbach erstreckt. Ein Kleinod ist die Boller Heide, und da hat Reich Akzente gesetzt. Ziegen haben dort ihren Einstand gegeben und kommen wieder. Sie sind mal hier und mal da in einem mobilen Zaun, und sie sollen etwas bewegen. Der Wald an der Boller Heide soll lichter werden. So, wie es früher war. Da war die Heide viel größer, es war ein Hutewald mit mächtigen Bäumen in gebieterischem Abstand. Dieser Eichenwald und Hutewald soll sich in etwa drei bis vier Jahren wieder herausbilden, erläuterte Förster Reich im Gemeinderat. Auf dreieinhalb Hektar.

Der Förster hätte auf schottische Hochlandrinder gesetzt. Aber den Rindern sei es dort zu nass, und dem Albverein war’s zuviel Umtrieb, jetzt geht’s mit kleinen Tieren voran. Wenn die die Eschen und Ahornbäume schälen, ist das so gewollt. „Das bringt dann Licht auf die Fläche.“

Es herrscht großer Andrang

Gemeinderat Tim Bönisch von den Grünen lobt: der Hutewald sei ein Highlight, und eine zweite Neuerung ebenso: eine Treppe hoch zur Bertaburg. Die hat der Förster den Wanderern an dem steilen Aufstieg beschert. Eine Treppe mit Alpentritten, sagt Reich, an einer ganz kitzligen Stelle, wo es schon zwei Bergwachteinsätze gab. Bönisch hat erlebt: Für die Treppe hat sich schon ein älteres Paar, weit über 80, interessiert. Die beiden wollten dort unbedingt hinauf, erzählt er. Wem der Förster mit der Treppe keine Freude macht: Mountainbiker, die auf dem abschüssigen Weg herunterfahren wollen. Aber dafür, sagt Reich, gibt es besseres. Siehe den Waldtrail im Heininger Wald vom Auendorfer Sattel hinunter. Die Trasse hat er selbst entworfen. Ein Hotspot im Boller Wald ist der „Sinneswandel“ – voriges Jahr ist der Naturerlebnispfad zehn Jahre alt geworden. Förster Reich berichtete von einem unwahrscheinlichen Andrang in Corona-Zeiten. Solche Angebote seien ganz wichtig. „Die Leute entdecken den Wald wieder.“ Im Sommer habe es dort 40 Veranstaltungen von Kindergarten, Schule und auch Erwachsenen gegeben. Gemeinderätin Dorothee Kraus-Prause von den Grünen kann den Andrang nur bestätigen. Sie sieht, was da an Wochenenden los ist, und den Parksuchverkehr gibt’s auch. So hat sie schon angeregt, man möge die Leute doch darauf hinweisen, dass sie am Wochenende auch bei der Wala parken können. Die erlaubt das, zur Freude der Gemeinde.

Das Badwäldle, in den der „Sinneswandel“ eingebettet ist, macht dem Förster aber auch Arbeit. Das ist ein schönes Waldstück am Hang, sagt er, mit einer schönen Struktur. Aber: „Wenn wir nichts machen, werden die Lichtbaumarten aussterben.“ Eiche, Lärche und Kiefer haben nämlich Konkurrenten, in Gestalt der ansonsten so geschätzten Buche, der „Mutter des Waldes“, und der Fichte, die der Brotbaum der Waldbesitzer war. Das sind die Hauptgegner, sagt Reich, sie überwachsen Eiche und Co. Er muss schauen, dass das nicht passiert.

Im Wald gibt es noch andere Probleme: die Waldschäden. „Wir waren sehr reduziert unterwegs“, berichtete der Förster. Gut die Hälfte der Holzernte von 1300 Hektar fiel voriges Jahr durch geschädigte Bäume an, sei es Sturm- oder Käferholz oder das Eschentriebsterben. Reich berichtet von vielen absterbenden Eschen am Höhenweg. Sonst liegt der Anteil an hinweggerafften Bäumen bei 15 Prozent der Ernte, sagt Reich. 2021 war’s nasser und besser. Im nächsten Jahr will er 1600 Festmeter einschlagen, das ist der Durchschnitt des Waldplans. Und: 1800 Bäume sollen gepflanzt werden. Reich zielt auf eine Mischung, die der Klimaerwärmung standhalten soll. Da gibt’s einiges: die Eiche, die Esskastanie, die Elsbeere, die Kirsche, verschiedene Nussarten.

Regulierung muss auch beim Jungwald sein. Die Natur ins Lot bringen, sagt Reich, weil die Natur auch Baumarten ansiedelt, die fehl am Platz sind. 4,6 Hektar Jungwaldpflege hat Reich auf dem Programm, auf den ehemaligen Sturmflächen vom Gürtel oberhalb des Freibads zur Boller Heide.

Der Förster macht darauf aufmerksam, dass die Holzernte schonend für die Wege vonstatten geht. Überhaupt ist die Pflege der Wege immer ein Thema. Reich verweist auf die Höhenwege. „Wir tun was für die Erholung.“

Und für die Ökologie. Habitatbäume sind ausgewiesen, sie sind Lebensräume für Fauna und Flora. Da gibt es auch die ganz dicken Eichen im Boller Wald. „Wir lassen auch Holz im Wald liegen“,  sagt Reich, „das hält den Boden feucht und kühler.“