In der vergangenen Saison war die Esslinger Vesperkirche eine der wenigen Vesperkirchen im Land, die wegen der gerade um sich greifenden „neuartigen“ Corona-Pandemie ersatzlos gestrichen worden war. Nun könnten der Organisator Bernd Schwemm und das Veranstalterteam aus evangelischer Gesamtkirchengemeinde und Kreisdiakonieverband von dem späten Termin im März und den bis dahin möglichen Lockerungen der Corona-Auflagen profitieren. Ungeachtet dessen steht jetzt schon fest: Die Vesperkirche 2021, die vom 28. Februar bis zum 14. März ihre Tore öffnen wird, verlässt ihr angestammtes Domizil in der Frauenkirche und zieht in das evangelische Gemeindehaus am Esslinger Blarerplatz um.
„Wir mussten davon ausgehen, dass wir nicht wie gewohnt mehr als 300, sondern wegen der Abstandsregeln höchstens 50 Essen anbieten können. Dafür wäre der Aufwand in der Frauenkirche zu hoch gewesen“, sagt Schwemm. Nachdem mehr als unsicher ist, ob das Motto „Gemeinsam an einem Tisch“ überhaupt den Corona-Abstandsregeln standhält, plant der Organisationschef derzeit noch mehrgleisig. „Food-Truck vor dem Haus, Essen aus der Gulaschkanone, Gutscheine für eine Mahlzeit beim Chinesen, Vesper to go, oder auch eine Kombination aus mehreren Komponenten - wir spielen im Augenblick noch alle Möglichkeiten durch“, sagt Schwemm. In zwei Wochen, so hofft er, kann er mit einer konkreten Planung an die Öffentlichkeit gehen.
Nur für die wirklich Bedürftigen
Sicher ist jetzt schon, dass die Vesperkirche 2021 nicht den gesellschaftsübergreifenden Spagat üben wird, sondern ausschließlich den wirklich Bedürftigen zugute kommen soll. Eine vorherige Anmeldung, wie bei den Einrichtungen in Kirchheim und Nürtingen angedacht, wird es in Esslingen nicht geben. „Viele der Menschen, die wir ansprechen wollen, haben kein Handy und wenn, dann haben sie kein Guthaben“, sagt Klemm.
In Nürtingen schaut Evi Handke inzwischen täglich auf die Meldungen von der Corona-Front. Die Vesperkirche in der Neckarstadt beginnt schließlich schon am Sonntag, 17. Januar. Bis zum 7. Februar wird es etwas zum Essen geben - mehr steht aber auch noch nicht fest. Geplant ist den Worten von Evi Handke zufolge zwar, im Lutherhof unterhalb des Ersbergs maximal 30 Essen gegen Voranmeldung zu servieren, aber selbst das, was die Organisatorin als „kleinste Form der Gemeinschaft“ bezeichnet, würden die aktuellen Corona-Beschränkungen nicht zulassen.
Möglicherweise bleibt es dann lediglich an den parallel dazu geplanten drei Ausgabestellen, die am Lutherhof, am evangelischen Gemeindehaus in der Stadtmitte und am Stephanushaus im Stadtteil Roßdorf eingerichtet werden sollen. Dort gibt es dann die zuvor zubereiteten Mahlzeiten für gewohnt einen Euro zum Mitnehmen.
Kirchheim mit neuem Ansatz
Mit einem ganz anderen Ansatz liebäugelt Ulrich Häußermann in Kirchheim. Dort wird die Vesperkirche von 31. Januar bis zum 14. Februar in der Thomaskirche über die Bühne gehen. „Um dem Gedanken des „Gemeinsam-an-einem-Tisch“ Rechnung zu tragen, wollen wir die Menschen zudem auffordern, sich zur Vesperkirchenzeit gegenseitig zum Mittagessen einzuladen“, sagt Häußermann. Wenn Menschen ihre Wohnung öffnen, entsteht eine besondere Atmosphäre. „Klingt verrückt, ist es auch“, gibt er zu.
In der Thomaskirche selbst sollen von Montag bis Freitag in zwei Schichten je 20 Personen bewirtet werden. Eine Kasse wird es nicht geben, Spenden sind erwünscht. Parallel dazu kommt die Vesperkirche in die Stadtmitte. An den beiden Samstagen gibt es zwischen 11 und 13 Uhr Maultaschen vor dem Kornhaus in der Max-Eyth-Straße. Im Gegenzug gibt es an den Sonntagen zwar einen Gottesdienst, aber kein Essen in der Kirche.