Im Oktober soll die neue Zentrale Notaufnahme (ZNA) am Standort Nürtingen betriebsbereit sein. Geschätzt 30.000 Patientinnen und Patienten werden dort künftig pro Jahr versorgt. Esslingens Landrat Heinz Eininger sprach von einem „fast eigenen kleinen Krankenhaus“, das bald die „erste Anlaufstelle für Notfallpatienten“ sein soll.
Einer, der sich besonders gut mit dem Neubau auskennt, ist Heiner Stäudle, Chefarzt für Akut- und Notfallmedizin an der Medius-Klinik in Nürtingen. Er war einer der Praktiker, die sich mit dem Architekten immer wieder über die Pläne beugte und Verbesserungsvorschläge einbrachte.
Herzstück ist die Notfallspange
Herzstück ist die sogenannte Notfallspange: „Hier können wir Notfallpatienten vollumfänglich versorgen“, sagt der 39-Jährige. Egal, ob die schwer- oder schwerstkranken Menschen mit dem Rettungswagen oder dem Hubschrauber ankommen, die Wege zu den beiden Schockräumen seien kurz. Am neuen Landeplatz wird noch gebaut. Er wird beleuchtet und beheizt sein.
Die Schockräume bilden eine Einheit mit dem Computertomografen (CT)-Zimmer und dem Röntgenarbeitsplatz. Wenn ein Patient ein CT braucht, geht es quasi geradeaus weiter. Das Risiko, dass ein Beatmungsschlauch sich löst und für eine lebensbedrohliche Komplikation sorge, werde deutlich minimiert, erklärt Stäudle.
Eigener Eingang
Die neue ZNA wird über einen eigenen Eingang verfügen. Wer ihn betritt, kommt zuerst in den Wartebereich. Dort steht der gemeinsame Anmeldetresen der Zentralen Notfallaufnahme und der kassenärztlichen Notfallpraxis.
Nach der Anmeldung soll bei den Patientinnen und Patienten möglichst schnell eine erste einschätzende Untersuchung vorgenommen werden, erklärte Stäudle. Was sei dringlich, wer könne ein wenig warten? Zwei Räume stehen für die sogenannte Triage zur Verfügung. „Die Untersuchung nimmt eine speziell ausgebildete Pflegekraft vor, optional auch jemand aus der Ärzteschaft“, erklärt der Chefarzt. Danach wartet auf manch einen die „schnelle Spur“, beispielsweise, wenn nur eine Zecke entfernt werden muss. „Für diese Patienten gibt es bislang kein Konzept“, sagt Stäudle. „Das habe ich baulich so noch nirgends gesehen.“
24 Behandlungsräume
Insgesamt 24 Behandlungsräume wird es in der Notaufnahme geben. Hinzu kommen vier Isolationszimmer. Hier gilt: „Die Patienten sollen möglichst schnell dorthin kommen, ohne beispielsweise Lichtschalter anzufassen“, sagt Stäudle. Die Räume befinden sich möglichst nah an den Eingängen, verfügen über jeweils eine eigene Schleuse und Toilette.
Mittendrin in der neuen ZNA befindet sich der sogenannte Stützpunkt. Hier wirft das Pflegepersonal unter anderem einen Blick auf die einzelnen Behandlungsplätze. Es ist quasi die Schaltzentrale, die auch über Rückzugsorte verfügt. Neu-Deutsch: Backoffice-Räume.
Und noch eine Neuerung gibt es. „Wir haben neun Kurzliegerplätze“, ergänzt Heiner Stäudle. Hier werden beispielsweise Menschen, die einen schweren allergischen Schock erlitten haben, noch eine Weile überwacht: „Das soll maximal 24 Stunden sein“, erklärt der Chefarzt. Im Falle einer Pandemie könne die Kurzliegerstation komplett abgetrennt werden, damit eine autarke Station entsteht.
Ausgeklügeltes Farbkonzept
Was beim Rundgang noch auffällt? Hier und da sind die Wände schon in unterschiedlichen Farben gestrichen worden. „Dem liegt ein Farbkonzept zugrunde“, erklärt Max Pradler, Pressesprecher der Medius-Kliniken. Dies diene nicht nur der Orientierung der Patienten. Die Farben seien auch für die einzelnen Abschnitte bewusst gewählt. „Violett beruhigt, Gelb und Orange muntern auf“, ergänzt Max Pradler.
Neu gestaltet wird auch die Zufahrt für die Rettungswagen. „Da passen künftig vier Rettungsfahrzeuge hin“, sagt Stäudle. Und wie sieht es mit dem Personal aus? „Wir haben uns in den vergangenen drei bis vier Jahren auf die neue ZNA vorbereitet“, sagt Geschäftsführer Sebastian Krupp. Das Team, das Heiner Stäudle als Chefarzt leitet, besteht aus acht Oberärztinnen und -ärzten sowie drei Fachärztinnen und einem Physician Assistant. Größere Räumlichkeiten bedeuten für die Klinikverantwortlichen nicht automatisch mehr Personal. Die kürzeren Wege sparten schließlich Ressourcen, erklärt Stäudle.

Die neue „Klinik in der Klinik“ ist ein Leuchtturmprojekt
Großer Bahnhof für die neue „Klinik in der Klinik“: Die Medius-Kliniken haben die Einweihung der neuen Zentralen Notaufnahme (ZNA) am Standort Nürtingen gefeiert – mit 400 geladenen Gästen, Musik und Torte.
Esslingens Landrat Heinz Eininger und Manne Lucha, Minister für Soziales, Gesundheit und Integration, haben sich bei einem Rundgang ein erstes Bild von der Notfallambulanz gemacht. „Für mich ist es ein schöner Schluss meines Engagements für die Kliniken“, sagt Eininger, dessen Zeit als Kreischef in wenigen Wochen endet.
Er blickt zurück auf die Investitionen, die der Kreis in den vergangenen Jahren am Standort Nürtingen geleistet hat. Nach dem Neubau der Klinik auf dem Säer, der 2010 eingeweiht wurde, folgte die Ausweitung der Bettenkapazität und die Erweiterung des OP-Traktes inklusive einen hochmodernen Hybrid-OP sowie dem Ausbau der zentralen Sterilisationseinheit. Die neue Zentrale Notaufnahme (ZNA) mit knapp 4000 Quadratmetern Fläche schließe die Erweiterung ab. Kurze Wege, optimierte Behandlungsprozesse, modernste Infrastrukturen – mit diesem Projekt sieht Eininger den Standort auf dem Säer nicht nur gestärkt, sondern auch für die Zukunft bestens aufgestellt. In die Zukunft investiere auch Kirchheim und Ruit. Insgesamt rund 300 Millionen umfasst das Paket, das auf den Weg gebracht wurde.
„Was Sie im Landkreis machen, ist eine Benchmark für mich“, lobt Landes-Sozialminister Manne Lucha. Der Kreis Esslingen nutze für die Versorgung seiner rund 340.000 Einwohner seine Ressourcen maximal gut aus. Gerne habe sein Haus die Planung und Umsetzung begleitet – fachlich wie auch finanziell mit insgesamt 41,2 Millionen Euro. Auch Jörg Sagasser, von Haus aus Chirurg und Geschäftsführer Medizin der Medius-Klinik, freut sich auf die Fertigstellung: „Bei mir kribbelt es richtig, hier mal zu arbeiten“, sagt er. Die an den Planungen beteiligten Ärzte und Pfleger hätten sich „voll eingebracht“. Aktuell biete man Rundgänge für das Personal an.

