Zwischen Neckar und Alb
Neuffener Messerstecher: Hohe Haftstrafe gefordert

Justiz Wegen einer Attacke auf einen Mann am Neuffener Bahnhof soll ein 19-Jähriger für mehrere Jahre ins Gefängnis.

Neuffen. Am Ende des vorletzten Verhandlungstages brach der 19-jährige Angeklagte in Tränen aus. Kurz zuvor hatte die Staatsanwältin eine Haftstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung gefordert.

Der Angeklagte soll im Mai dieses Jahres einen 25-Jährigen mit einem Teppichmesser angegriffen und am Hals verletzt haben. Bereits am ersten Verhandlungstag hatte der Angeklagte beteuert, den 25-Jährigen mit dem Messer nur bedroht haben zu wollen. Die Verletzung sei ein Versehen gewesen. Generell könne er sich aber wegen des hohen Alkoholkonsums kaum an etwas erinnern.

Mangelnder Respekt

Die Staatsanwaltschaft schenkte dieser Erklärung keinen Glauben. Sie geht davon aus, dass der Täter sein Opfer töten wollte. Immerhin habe der Angeklagte selbst nach dem Messerangriff nicht von seinem Opfer abgelassen. Auch von einer verminderten Schuldfähigkeit wegen des Promillewerts von 2,2 könne keine Rede sein. Direkt nach der Tat habe der Angeklagte entschieden, schnell über die Gleise zu fliehen. Auch habe er sich anschließend noch die Hände gewaschen und daheim seine Freundin angewiesen, alle Rollläden in der gemeinsamen Wohnung herunterzuziehen. Alles Anzeichen dafür, dass er gewusst haben muss, was er tat, so die Staatsanwältin. Sie machte außerdem darauf aufmerksam, dass es nicht das erste Mal gewesen sei, dass der Angeklagte andere Leute angegriffen hat. Die Staatsanwältin warf dem Angeklagten „mangelnden Respekt vor dem Leben anderer“ vor. Dass der 25-Jährige in Neuffen zu seinem nächsten Opfer wurde, sei „reiner Zufall“ gewesen.

Der Verteidiger des Angeklagten warf der Staatsanwältin eine „sehr einseitige“ Schilderung der Geschehnisse vor. Die geforderte Haftstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten sei völlig übertrieben. „Man weiß nicht, wer hier wen provoziert hat“, so der Anwalt. Zudem habe sein Mandant ein gesundes Umfeld, einen Arbeitsplatz, eine Freundin und sei reflektiert. Deshalb habe er eine Chance in Form einer Bewährungsstrafe verdient.

Richterin Monika Lamberti wollte von dem Angeklagten wissen, wie es für ihn weitergehen soll, falls er tatsächlich auf freien Fuß kommt. Der 19-Jährige gab an, wieder zu einer Therapie gehen zu wollen, um seine Drogensucht in den Griff zu bekommen.

Nach den Schlussplädoyers der Anwälte bat der Angeklagte unter Tränen seine Eltern und seine Freundin um Verzeihung, ehe er in Handschellen aus dem Gerichtssaal geführt wurde. Das Urteil soll morgen fallen. Matthäus Klemke