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Neustart mit „Plus one“

Kultur Gudrun Walther und Jürgen Treyz aus Lenningen haben mit fünf Musikerinnen und Musikern aus dem europäischen Ausland eine CD eingespielt. In der Dieselstraße gibt es ein einmaliges Konzert. Von Anke Kirsammer

Not macht erfinderisch. Auch wenn das Sprichwort abgedroschen klingt: Auf das Musikerpaar Gudrun Walther und Jürgen Treyz trifft es voll zu: „Plus one“ heißt ihr neuestes Projekt, mit dem die beiden Wahl-Lenninger durch die Lande touren wollen. Am Samstag, 29. Oktober, steigt im Esslinger Kulturzentrum Dieselstraße ein Konzert

 

Wir dachten immer wieder, das wird nix.
Gudrun Walther
Das Projekt geriet wegen vieler
Unsicherheiten zur Zitterpartie.

 

mit allen Beteiligten. Die Idee ist einfach: Die Profigeigerin und der Gitarrist, die sich in der Folkszene auch mit der Band „Cara“ einen Namen gemacht  haben, erweitern ihr Duo zu einem Trio. Mit einer Handvoll Musikerinnen und Musikern wurden dazu im Sommer jeweils Studioaufnahmen gemacht und Filme gedreht. Die zwölf Titel umfassende CD „Plus one“ erscheint am 1. Dezember. Der Bogen spannt sich von irischen Reels bis zu skandinavischen Polskas und von Eigenkompositionen bis zu alpinen Jodlern. Beim Konzert in Esslingen Ende Oktober steht das Ehepaar einmalig mit allen fünf Musikern auf der Bühne. „Wir hoffen, dass es klappt und alle negativ bleiben“, sagt Gudrun Walther. „Zurzeit reisen alle sehr viel. Die Gefahr, sich mit dem Virus zu infizieren ist groß.“

Corona und die Lockdowns haben an vielen Stellen Spuren hinterlassen. Auch in der Musikbranche litten zahlreiche Akteure in den vergangenen beiden Jahren wegen ausfallender Konzerte und Festivals. Gudrun Walther und Jürgen Treyz sind mit einem blauen Auge davongekommen. Der Musikproduzent, der in Esslingen ein Tonstudio betreibt, konnte weiterhin auf Aufträge von Labels und Verlagen zählen. „Und wir haben wie Selbstständige Unterstützung vom Land bekommen“, sagt Gudrun Walther. „Das lief in Baden-Württemberg gut.“ Das Geld habe sie durch die Pandemie getragen, Projekte ließen sich darauf aufbauen. Im Frühjahr 2020, als das öffentliche Leben lahmgelegt wurde und Konzert für Konzert abgesagt werden musste, war völlig unklar, wie die Durststrecke durchstanden werden kann. Gudrun Walther sprach damals von einem „Super-GAU“ und rief wenige Tage nach Beginn des ersten Lockdowns die Aktion „#Ticket behalten“ ins Leben. Die Resonanz war enorm. Viele Leute spendeten das Geld, das sie für Eintrittskarten bezahlt hatten. „Künstlern, die bei einem Festival in Schleswig-Holstein auftreten wollten, konnte die Hälfte der Gage ausbezahlt werden“, erzählt Gudrun Walther beispielhaft.

Das Anfang dieses Jahres angeschobene Projekt „Plus one“ geriet ebenfalls zur Zitterpartie. Klappt es mit der Ausreise, wie sieht es mit den Flügen aus? All das waren Unbekannte, die das ambitionierte Vorhaben begleiteten, wohnen doch die fünf Musikerinnen und Musiker im europäischen Ausland. Für Proben und Aufnahmen in Lenningen beziehungsweise Karlsbad standen also größere Reisen an. „Wir dachten immer wieder das wird nix“, erzählt Gudrun Walther. Bis auf ein kurzfristig verschollenes Instrument habe jedoch alles geklappt. Geklappt hat auch die jeweilige Zusammenarbeit. Ihr Mann und sie seien so eingespielt, dass bei jedem Musikstück im positiven Sinn etwas „passieren“ dürfe. Jeder könne sich ganz flexibel auf den anderen einstellen. „Der Reiz war, eine Person dazuzunehmen, bei der das auf der intuitiven Ebene genauso geht“, erklärt die Profimusikerin. Ihr positives Fazit verkündet sie strahlend: „Es hat funktioniert.“

Finanziell unterstützt wird das Projekt von „Neustart Kultur“, einem Förderprogramm des Bundes, das Kultur- und Medienschaffenden nach der Corona-Flaute Auftrieb geben möchte. Ob die Projekte förderwürdig sind, prüfen Organisationen mit Know-how wie die Gema oder der Deutsche Musikrat, der Orchester, aber auch freie Ensembles betreut. Filme, die CD und Werbung – mit dem Material, das Gudrun Walther und Jürgen Treyz dank des Hilfsprogramms aufgesetzt haben, sehen sie sich in einer guten Startposition für die nächste Zeit. „Veranstalter können uns in verschiedenen Settings haben“, erklärt Jürgen Treyz. Wer beispielsweise eher klassische oder traditionelle Musik haben will, kann das Duo ergänzt durch die Cellistin Kirstine Elise Pedersen buchen. Wer auf Irish Folk setzt, wird sich für das Trio mit der irischen Flötistin Nuala Kennedy entscheiden. 

In der Esslinger Dieselstraße Ende Oktober ist zusätzlich zum Live-Auftritt ein Streaming-Konzert geplant, das 48 Stunden lang gegen Spenden im Netz zu sehen ist. Damit soll auch Leuten im Ausland ermöglicht werden, das Konzert mitzuerleben.

Das Konzert im Kulturzentrum Dieselstraße in Esslingen findet am Samstag, 29. Oktober, statt. Beginn ist um 20 Uhr. Karten gibt es unter
www.dieselstrasse.de