Viele Besucher des Festgeländes „Buch“ in Unterlenningen können sich noch gut an jene Jahre erinnern, als dort regelmäßig großes Open-Air-Kino stattfand. Für die meisten, die jetzt gekommen sind, ist es das Schwelgen in alten Erinnerungen. Für die Initiatoren aus dem Jugendhaus Lenningen, die damals noch klein waren, war das mit ausschlaggebend, diese gute, alte Tradition, nach zehnjähriger Pause wieder aufleben zu lassen.
Mit Hinweispfeilen, auf denen in Großbuchstaben „Kino“ steht, ist das Gelände vom Ort aus gut beschildert. Freundliche junge Leute weisen die ankommenden Besucher in die Parklücken. Es ist kurz nach 20 Uhr.
Noch ist es ruhig auf dem großen Festplatz, eine Imbissbude, die Burger verkauft, und ein Stand für Getränke und Snacks warten auf Kundschaft. Ein Seiltänzer, der Jahrmarktstimmung verbreitet, und in einiger Entfernung drei junge Zelter, die extra zu diesem Lenninger Open-Air-Kino am Wochenende angereist sind, warten auf den Beginn des mit einer Goldenen Palme in Cannes ausgezeichneten koreanischen Films „Parasite“.
Die Initiatoren aus dem Jugendhaus fanden, dass es wieder an der Zeit sei, Kultur nach Lenningen zu bringen und dabei auf ein Projekt zu setzen, das altersübergreifend funktioniert und erfolgversprechend ist. Viele, die an diesem Wochenende zu den Filmvorführungen gepilgert sind, schwelgen tatsächlich in Nostalgie.
So wie Karin aus Frickenhausen, die es sich mit einigen Bekannten auf Campingstühlen vor der Leinwand bequem gemacht hat. Sie findet, Open-Air-Kino in Lenningen ist Kult. „Es waren immer fein ausgesuchte Filme“, sagt sie. Sie weiß noch gut, wie sie den schwedischen Film „Wie im Himmel“, bei dem es in Strömen gegossen hat, bis zum Schluss angeschaut hat. „Uns ist es trotz Regenschirm und Regenkittel hinten reingelaufen, aber es war wunderbar.“ Das Festival sei wunderschön und familiär gewesen, sie habe sich immer wohl gefühlt. Sie hofft jetzt auf den Beginn einer Fortsetzung.
Nachwuchs gehört unterstützt
Das Ehepaar Großhans aus Lenningen kann sich ebenfalls an das Spektakel von früher erinnern. „Früher gab es eine provisorische Leinwand. Heutzutage ist alles viel moderner und technisch ausgereifter.“ In erster Linie würden sie den Nachwuchs unterstützen, der den Mut fand, dieses Großprojekt noch einmal zu wagen.
Inzwischen trudeln immer mehr Besucher ein. Die meisten haben vorbestellt, zum einen wegen Corona, damit man die lästigen Adresslisten nicht ausfüllen muss, zum anderen, damit der Veranstalter weiß, wieviel Unkosten abgedeckt sind.
Am nächsten Abend stehen die „Känguru-Chroniken“ auf dem Programm. Viele der Gäste sind bekennende Open-Air-Fans. Die Freundinnen Katharina aus Kirchheim und Anna aus Reudern sind zuletzt im Autokino in Kirchheim gewesen, finden aber, dass das Ambiente in Lenningen unübertrefflich sei. Gerade jetzt, wo alles Gesellige ausfalle, nützten sie diese seltene Gelegenheit gern. „Gerade für Singles ist es im Moment nicht so einfach“, fügt Katharina noch schnell dazu.
Lieder von Amy Winehouse vertreiben den Gästen die Wartezeit. Die große Leinwand wird zuletzt hochgezogen. Inzwischen ist es 21 Uhr. Die meisten der knapp über hundert Zuschauer sind eingetroffen und sitzen, dick eingepackt, auf mitgebrachten Campingstühlen oder auf dem Boden. Ein letzter banger Blick gen wolkenverhangenen Himmel, bevor der Film beginnt. Hoffentlich hält das Wetter.
In der Dunkelheit knistert das Feuer in den drei aufgestellten Feuerschalen. Außer gelegentlichen „Plopps“ beim Öffnen von Bierflaschen und dem Zirpen der Grillen an diesem lauen Sommerabend sind das die einzigen Geräusche, die neben dem Film zu hören sind. Der raffinierte Thriller, mit unerwarteter Wendung und der vielschichtigen und faszinierenden Auseinandersetzung mit dem Gegensatz von Arm und Reich, versteht zu fesseln. Das junge Organisationsteam vom Jugendhaus rund um Sophie Riepert, Simon Find und Niklas Nägele sind über den Verlauf des ersten Kinoabends schon mal sehr zufrieden: Wenn alles so weiter laufe wie jetzt, könnten sie sich eine Fortsetzung im nächsten Jahr durchaus vorstellen.