Wahlkampf
Nils Schmid: „Olaf Scholz stand für mich nie infrage“

Der Nürtinger SPD-Bundestagsabgeordnete Nils Schmid sieht seine Partei mit dem amtierenden ­Kanzler gut aufgestellt. Die Probleme der deutschen Wirtschaft, auch in der Region, sieht er als zentrales Thema im Wahlkampf. Die Grünen sieht er aus dem Rennen.

Er freut sich auf einen ereignisreichen Wahlkampf, auch wenn es beim Verteilen von Flyern auch mal fros­tig werden kann: der Nürtinger Bundestagsabgeordnete Nils Schmid.  Foto: Thomas Zapp

In der kommenden Woche beginnt für den Nürtinger Bundestagsabgeordneten Nils ­Schmid ein ungewöhnlicher Wahlkampf sechs Wochen vor der vorgezogenen Neuwahl des Bundestags am 23. Februar: „Alle Veranstaltungen finden indoor statt und konkurrieren mit Neujahrs­empfängen und Faschingsumzügen“, sagt der 51-Jährige zu den bevorstehenden Wahlen mitten im Winter. 

In seinem Neujahrspressegespräch erinnert er aber auch daran, was sich im vergangenen Jahr alles getan hat. „Vor einem Jahr gab es die Demos für Menschenrechte und Demokratie. Das war ein tolles Zeichen, dass die meisten Menschen hinter der Verfassung stehen“, blickt er zurück. Damals waren es die publik gewordenen Pläne ultrarechter Gruppierungen, Menschen mit Migrationshintergrund zu „remigrieren“.

 

„Mächtig Druck im Kessel“

Seitdem sind jedoch neue Themen stärker in den Fokus gerückt: „Es geht um die Zukunft der Industrie­nation Deutschland: Putzmeister und Bosch bauen Stellen ab, auch in der Forschung und Entwicklung, Recaro in Kirchheim schließt den Standort“, fasst er die Probleme in der regionalen Wirtschaft zusammen. Es sei „mächtig Druck im Kessel“. Schmid nennt etwa die Probleme in der Baubranche, Wohnungsnot oder Gesundheitsvorsorge.

Aber auch regionale Themen wie die neue Flugroute beschäftigen den Abgeordneten. Was ihn ärgert: dass es wieder Ärger um den Flughafen gibt, der eigentlich mit der Ablehnung einer zweiten Start- und Landebahn befriedet war. „Das war eine unnötige Debatte.“ Doch mit dem Nachtflugverbot auf der neuen Route sei ein Kompromiss in Sichtweite. Dann geht es wieder um große Themen wie den Nahost-Konflikt und den Russland-Ukraine-Krieg, die Förderung von E-Autos und Absenkung der Netzentgelte und gleichzeitig die Flexibilisierung der Schuldenbremse.

Umweltpolitisch werde es künftig neue Akzente geben: Zwar sei Klimapolitik weiter wichtig, was praktisch etwa bei der Beschleunigung von Genehmigungsfragen eine Rolle spiele, aber: „Die Ener­giepolitik wird stärker unter den Aspekten Industrie und Arbeitsplätze betrachtet“, sagt ­Schmid. Mit der SPD setze man auch künftig auf grünen Wasserstoff. Dabei wird die Brückentechnologie Gas bleiben. „Das Thema Atom ist durch“, sagt er in Abgrenzung zum Wahlkampf der CDU. 

Umweltpolitik sei auch geopolitisch sinnvoll, betont Schmid. Sie reduziere Abhängigkeiten von einzelnen Staaten und ermögliche es, Ländern beim Aufbau erneuerbarer Energien zu unterstützten, und helfen, CO2 einzusparen und im Gegenzug grüne Energie in Form von Wasserstoff zurückzuerhalten. Die CDU wolle vor allem Dinge zurücksetzen: E-Autos, Wärmeenergie, Bürgergeld. „Die Wahl ist eine Richtungsentscheidung, auch wenn der Begriff immer gerne verwendet wird, aber dieses Mal trifft er zu“, sagt Schmid.

Das gelte auch für die Ausländerpolitik: Wer da ist und sich integriert hat, soll die Chance haben, vollständiger Bürger zu werden, auch als abgelehnter Asylbewerber. Dafür habe die Ampel das Chancen-Aufenthaltsrecht geschaffen. „Das spielt auch für die Gewinnung von Fachkräften eine Rolle“, sagt der Abgeordnete und denkt dabei an den Fall des gut integrierten Togoers Sieka Sielca aus Unterensingen, der trotz Protesten der Bevölkerung abgeschoben wurde. Denn so viel sei auch klar: Es gebe keine Volkswirtschaft, die bei rückläufiger Bevölkerung Wirtschaftswachstum generiere. Das sei ein gesellschaftlicher Veränderungsprozess. Auf der anderen Seite sei es aber wichtig, dass die Abschiebehaft funktionieren muss, wenn die Rechtslage eindeutig sei. 

 

Duell zwischen CDU und SPD

Für Nils Schmid läuft es bei der Bundestagswahl auf ein Duell zwischen CDU und SPD hinaus. Die Grünen würden mit zu vielen Problemen in Verbindung gebracht, etwa beim Heizungsgesetz. Ein Lächeln huscht über sein Gesicht: „Eine GroKo unter Führung der SPD hatten wir noch nie.“ Der Kanzler, der besonnen handelt, ist für ihn das Pfund, mit dem die Partei wuchern kann, besonders in einer sich verändernden Gesellschaft. Von der Debatte, den Kanzler auszutauschen, habe er überhaupt nichts gehalten, betont Schmid. „Olaf Scholz stand für mich nie infrage.“ Nur er stehe für wirtschaftliche Kompetenz und soziale Gerechtigkeit. Auch für eine eigene europäische Position gegenüber den USA mit Präsident Trump im Ukraine-Krieg. „Da sagt Olaf Scholz, dass man sich nicht über die Köpfe der Ukraine hinwegsetzen kann und es auch eine eigene europäische Position braucht.“ Auf Trump sei man vorbereitet, sagt Schmid. Egal ob es um neue Zölle oder eine neue Position im Ukraine-Krieg gehe. 

Den Kanzlerkandidaten will er noch in den Landkreis holen, Details stehen aber noch nicht fest. Sicher ist, dass der Co-Parteivorsitzende Lars Klingbeil am 24. Januar nach Nürtingen kommt. Entwicklungsministerin Svenja Schulze kommt zum Neujahrstreffen der Kreis-SPD.