Zwischen Neckar und Alb
Noch 2018 gut vernetzt

Internet Ohne Glasfaser geht die Digitalisierung nicht voran. Deshalb baut der Landkreis Esslingen selbst eine Daten-Autobahn. An dieses 250 Kilometer lange Netz docken die Kommunen ihre Anschlüsse an. Von Roland Kurz

Im Landkreis Esslingen sollen dieses Jahr die ersten Arbeiten für die Daten-Autobahn aus Glasfaser erfolgen. Seit fünf Monaten sind die Pläne für das sogenannte Backbone fertig, dem 250 Kilometer langen Rückgrat des Datennetzes, das der Kreis mit seinen 44 Kommunen aufbauen will. Zuvor muss aber noch eine Organisation gegründet werden, entweder ein kommunaler Zweckverband oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Parallel dazu spricht man mit der Telekom, die derzeit noch versucht, den Kommunen ihr Super-Vectoring-Programm schmackhaft zu machen. Das soll immerhin eine Datengeschwindigkeit von 250 Mbit pro Sekunde schaffen, basiert aber nach wie vor auf Kupferkabeln.

Alle reden von Digitalisierung, von Industrie 4.0 und von Handwerk 4.0. „Das Backbone ist die Basis für diese Digitalisierung - ein hochleistungsfähiges Breitbandnetz auf Basis von Glasfaser“, sagt Ann-Kathrin Sous, die junge Ingenieurin, die seit einem Jahr im Landratsamt als Schaltstelle zwischen den Kommunen, Planungsbüros und Info-Stellen von Bund und Land arbeitet.

53 Prozent der Gewerbegebiete im Kreis Esslingen sind beim schnellen Internet unterversorgt. Das hat ein Markterkundungsverfahren ergeben, das 2015 erstellt wurde. Das zwinge den Kreis und seine Kommunen dazu, selbst aktiv zu werden, erläutert Peter Keck, der Pressesprecher des Landrats. Als „weißer Fleck“ gilt ein Wohn- oder Gewerbegebiet, wenn die Übertragungsgeschwindigkeit unter 30 Mbit liegt. Es gehe nicht nur darum, Daten herunterzuladen - der Upload werde zunehmend auch für Privatleute wichtiger, sagt Sous, zum Beispiel für die Kommunikation via Whatsapp, für das Speichern auf der Drop-Box oder für die Videomedizin, also den Draht zwischen Arzt und Patient.

Der Aufbau des Backbones im Kreis Esslingen wird auf 17,8 Millionen Euro veranschlagt und soll in den nächsten 10 bis 15 Jahren verwirklicht werden. Parallel dazu müssen die Glasfaser-Anschlüsse in den Kommunen hergestellt werden. Dazu werden vorrangig sowieso geplante Straßen- und Kanalbauarbeiten genutzt. Derzeit versucht allerdings die Telekom noch, ihre Marktanteile auszubauen, ohne die teurere Glasfaser zu verlegen. Diese unglückliche Konkurrenz-Situation hat Großbettlingens Bürgermeister Martin Fritz, der auch CDU-Fraktionschef im Kreistag ist, mehrfach angesprochen. Die Telekom wirbt für das Vectoring, bei dem nur die Verteilerkästen und Router aufgerüstet werden. Kurzfristig könne das sinnvoll sein, um die Lage zu entspannen, meint Breitband-Beauftragte Sous. Aber bei Kupfer gehe umso mehr Leistung verloren, je länger eine Leitung sei. Der Landkreis, die Stadt Stuttgart und der Wirtschaftsförderer der Region setzten deshalb auf den Dialog mit der Telekom. „Wir streben ein abgestimmtes Vorgehen an“, sagt Sous. Mit 179 Kommunen ist die Region Stuttgart ein Gesprächspartner, der mit dem Kommunikationskonzern auf Augenhöhe reden kann. Laut Peter Keck arbeitet der Kreis auch daran, die Skepsis von einigen Städten, darunter Esslingen und Ostfildern, abzubauen. Die hatten im Herbst noch zurückhaltend auf die Pläne des Landkreises reagiert. Das habe daran gelegen, so Keck, dass noch keine verlässlichen Finanzdaten vorlagen und unklar war, wie man die Stadtwerke einbinden könnte. „Wir werden darauf in den nächsten Wochen Antworten geben“, kündigte der Sprecher des Landkreises an. Noch dieses Jahr die ersten Fasern unter die Erde zu bringen, sei anspruchsvoll, weiß Koordinatorin Sous, und das langfristig angelegte Projekt kein Spaziergang. Aber eine Art der Datenübertragung dürfe eigentlich nicht vorkommen: Dass eine Firma den Daten-Stick per Kurier in die Niederlassung fährt, weil das Netz zu lahm ist.