Im Landkreis Esslingen sind genau 50 Trabis angemeldet, und mindestens einer davon steht in Nürtingen. Dieser grüne Trabant P 601 DeLuxe gehört Felix Keuerleber, ist ein Jahr älter als sein Besitzer und bisher dessen erstes und einziges Auto. Über eine Internetplattform fanden sich der Fahranfänger und das 26 PS starke Vehikel mit Geburtsort Zwickau vor acht Jahren, und bis heute konnte sie nichts trennen.
Trabis sind im heutigen Straßenbild ein echter Hingucker, ob nun aufgrund ihrer Erscheinung oder doch eher durch ihre wenig dezenten Geräusche. Doch die kleinen Ostflitzer haben durchaus ihre Vorteile. Neben der, in Anbetracht der Tatsache, dass seit 26 Jahren kein solches Auto mehr produziert wurde, geradezu lächerlich guten Versorgung mit Ersatzteilen, rangiert jeder Trabant aufgrund der geringen Schadenshäufigkeit in den günstigsten Versicherungsklassen.
Sonderlackierung, sehr gute Pflege und viele Extras wie ein CD-Radio überzeugten den damals 19-Jährigen, ein 20 Jahre altes Auto zu kaufen, und bis heute hat er es nie bereut.
Trabifahren sei ein Abenteuer, so Keuerleber, und das merkt man bereits an der Tankstelle, wenn zum Einfüllen des Benzins die Motorhaube ganz geöffnet und der Tabelle auf ihrer Innenseite entnommen werden muss, in welchem Verhältnis der Treibstoff noch mit Motoröl zu mischen ist.
Bei einem Trabant gehe es nicht um Schnelligkeit. So könne man sehr gut Sprit sparen, und geblitzt würde man auf der Autobahn auch nicht. Bei einem gemütlicheren Tempo haben dann auch die anderen Verkehrsteilnehmer genug Zeit, die kleine Seltenheit auf deutschen Straßen zu bewundern. Hupen und Winken sowie Daumen-Hoch-Gesten und viel Gelächter seien die häufigsten Reaktionen auf seinen grünen Kleinwagen, berichtet Keuerleber.
Kuriose Reaktionen
Eine der wohl kuriosesten Reaktionen konnte er nur von Weitem beobachten, nämlich beim Bezahlen an einer Supermarktkasse. Durch die Schaufenster war der Trabi auf dem Parkplatz gut zu sehen, und auch der fremde Passant, der dem Kleinwagen zunächst liebevoll übers Dach strich, dann innig die Motorhaube küsste und sich schließlich wieder entfernte.
Oft müsse man einfach akzeptieren, dass ein Trabant eben ein lebendiges Stück deutscher Vergangenheit sei und entsprechende Erinnerungen auslösen könne, positive wie negative.
Dennoch sei für ihn ein anderes Auto nie infrage gekommen, obwohl in den vergangenen Jahren alles kaputt gegangen sei, was kaputt gehen konnte. Bis auf den Motor und ein paar größere Teile sei auch fast alles mindestens einmal getauscht oder erneuert worden. Für die wenigsten Modelle bekommt man heute wohl Ersatzteile so günstig wie für einen Trabant. Und sollte es vorkommen, dass ein bestimmtes Teil nicht mehr verfügbar ist, was selten genug passiert, so finden sich im Internet diverse Anbieter, die kurzerhand die alten Teile nachbauen. Einzig die Bastelleidenschaft und den Spaß am Selbermachen müsse man mitbringen, berichtet Felix Keuerleber, denn viele Werkstätten gebe es hier in der Gegend nicht, die ohne Weiteres Hand an die alten Autos legen.
Generell gehört zum Trabifahren ein gewisses Improvisationstalent, von einer Portion Mut ganz zu schweigen. So kann es durchaus vorkommen, dass einem plötzlich die eigene grüne Motorhaube die Sicht versperrt. Dieses Malheur konnte schnell mit der Hilfe eines weiteren Verkehrsteilnehmers und einer kleineren Menge Draht behoben werden.
Einen Schock ganz anderer Art kann einen als Besitzer eines relativ leichten Autos ereilen, wenn man zurückkehrt und der eigene Wagen spurlos verschwunden ist. Heute kann Keuerleber darüber lachen, dass seine Kommilitonen sich einen Scherz erlaubten und den Kleinwagen kurzerhand um die nächste Ecke getragen hatten.
Noch nie in Stuttgart
Die längste Strecke des kleinen Nürtinger Trabanten führte bis nach Den Haag. Dort konnten sich einige Beamte der niederländischen Polizei nicht vorstellen, dass ein so altes Auto überhaupt verkehrstüchtig sei. Nach eingehender Kontrolle mussten sie den grünen Kleinwagen aber anstandslos wieder ziehen lassen. Nur in Stuttgart war er bisher noch nie, Schuld sind die Umweltzonen. Abhilfe würde hier eine Anmeldung als Oldtimer schaffen, welche in zwei Jahren möglich ist. Das sei auf jeden Fall eine Überlegung wert, meint Keuerleber, denn seinen Trabi werde er auch dann noch haben.