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Notärztin Federle in Kirchheim: „Was man mit Herz macht, macht man gut“

Vorbild Unterhaltsame Lesung mit Charme und Humor im Alleenforum lässt das Publikum schmunzeln und legt allen nahe, anderen Menschen mehr zuzuhören. Von Irene Strifler

In Lisa Federles Leben gibt es - ebenso wie in ihren Lesungen und in ihrem zweiten Buch - viel Nachdenkliches, aber auch viel zu lachen. Foto: Irene Strifler

Sie hat viel bewegt: Dr. Lisa Federle, eine Frau mit ungewöhnlicher Biografie, hat in der großen Flüchtlingskrise von 2015 mit ihrer rollenden Arztpraxis für Furore gesorgt und viel Leid gelindert. Sie war politisch aktiv, sie wurde in der Coronapandemie zu Deutschlands bekanntester Notärztin, sie setzt sich seit kurzem mit ihr ihrem Verein „Bewegt euch“ für Kinder ein, die keinen Sport treiben, weil sie aus sozial schwachen Familien stammen. So ganz nebenbei hat Federle ihr zweites Buch geschrieben. Der Titel lautet „Vom Glück des Zuhörens“. Denn Lisa Federle ist nicht nur eine Macherin. Sie weiß auch, wie wichtig es ist, den Menschen schlicht und einfach zuzuhören.

 

Sind Sie Ärztin oder schon die Bestatterin?
Lisa Federle beweist Humor in ihrem Buch und zitiert den erkrankten Kabarettisten Bernd Kohlhepp bei einem Hausbesuch.
 

Im Kirchheimer Alleenforum, dem Gemeindezentrum des Christusbundes, stellte die engagierte Ärztin einer interessierten Zuhörerschaft ihr Werk vor und berichtete aus ihrem turbulenten Leben, geprägt durch bunte Begegnungen mit den verschiedensten Patienten. Journalist Raimund Weible, der sie als Diskussionpartner durch den Abend begleitete, betonte, dass von Lisa Federle etwas Besonderes ausgehe. – Ein Lob, dass sie vehement zurückwies. Jeder mache genau das gut, was er mit Herz mache, konterte sie und warb dafür, anderen Gehör zu schenken: Das mache zum einen den Gehörten glücklich, aber auch einen selbst, weil man den anderen unterstützen könne. Zum anderen mache Zuhören tolerant, weil man hinter die Kulissen blicke und Schicksale entdecke.

Persönlich ist die vierfache Mutter, die mit 19 Jahren noch keinen Schulabschluss, aber bereits ein Kind hatte, von einer einfachen Gleichung überzeugt: „Wer Glück gibt, der bekommt auch Glück!“ Jeder könne etwas tun, zum Beispiel einfach mal der einsamen Nachbarin zuhören.

Chancen durch Begegnungen 

Allein im Buchtitel „Vom Glück des Zuhörens“ zeigten sich die Chancen, die Begegnungen mit Menschen böten, schwärmte Frieder Schlipphak. Er hat mit seiner Familie die „Stiftung Lenny“ gegründet. Zur Feier des zehnjährigen Bestehens war Lisa Federle nun nach Kirchheim gekommen. Albrecht Wandel vom Bibelseminar in Ostfildern würdigte das Engagement der Stifterfamilie Schlipphak und lobte das Anliegen, Menschen Mut zu geben, wieder in ein neues Leben zu starten.

Eberhard Haußmann, Geschäftsführer im Kreisdiakonieverband, bezeichnete Kirchheim als Stadt der Stiftungen. Dies sei besonders wichtig in Zeiten voll großer persönlicher Probleme im Nachklang von Corona. Bürgermeister Günter Riemer würdigte ebenfalls das Engagement der Schlipphaks sowie weiterer Stifterfamilien für die Gesellschaft und betonte den wichtigen Aspekt, dass dank ihnen in einer reichen Gesellschaft privates Kapital dem Allgemeinwohl zugeführt werde.

Nicht der finanzielle Gewinn steht im Vordergrund

Auch für Lisa Federle steht nicht das Gewinnstreben im Vordergrund. So kommen die Einnahmen aus ihren Büchern dem Verein „Bewegt euch“ zu. Eifrig ließen sich die Gäste, die von diesem unterhaltsamen Abend begeistert waren, nach der musikalischen Darbietung mit Saxofon und Gitarre im Foyer viele Exemplare signieren.

Eine spannende Frage stellte eine Zuhörerin. Sie wollte wissen, ob Federle ihren Frieden mit dem Pietismus gemacht habe. Zuvor hatte die prominente Ärztin betont, als Kind in einem streng pietistischen Elternhaus unter Ängsten gelitten zu haben und auch nicht hinlänglich aufgeklärt worden zu sein. Klar sei daher heute für sie, dass zum Glauben auch Freiheit und Fröhlichkeit gehörten. – Eine Antwort, die zum Ende eines fröhlichen und dennoch tiefgängigen Abends im Alleenforum mit großem Applaus belohnt wurde.

Stiftung Lenny lindert Not nachhaltig

Eine Stiftung ist etwas, das bleibt, auch über den Tod des Gründers hinaus. Dieser Nachhaltigkeitsgedanke war ausschlaggebend für den langjährigen Leiter des Wächterheims, eine Stiftung zu gründen. Stiftungsgründer sind üblicherweise Menschen, die keine direkten Nachkommen haben. Bei den Schlipphaks ist das anders: Sohn, Tochter und Enkel teilen alle die Motivation, helfen zu wollen.

Überschüssige Geldmittel kann über eine Stiftung ausnahmslos jeder der Gesellschaft zur Verfügung stellen. In diesem Fall wurde eine Immobilie erworben auf dem Gelände, auf dem der Christusbund eine Erweiterung anstrebte, dafür jedoch nicht flüssig genug war. Deshalb sprang die Stifterfamilie ein, kaufte und sanierte das Haus. Die jährlichen Mieteinnahmen fließen nun in den Stiftungszweck.

Die Stiftung Lenny, benannt nach dem jüngsten Enkel der Schlipphaks, unterstützt bereits seit zehn Jahren zwei Kirchheimer Projekte mit jährlich insgesamt 15000 Euro. Zum einen hilft damit die Diakonie, für die Schlipphak jahrzehntelang ehrenamtlich tätigt war, Menschen im hiesigen Kirchenbezirk, die plötzlich unverschuldet in Not geraten sind. Dieselbe Summe fließt in die Jugendarbeit des Christusbundes.