Notzingen. Im Oktober vergangenen Jahres hat Wolfgang Kalmbach im Notzinger Hirschsaal einen Vortrag über vier Notzinger Bürger gehalten, die vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs standhaft Widerstand gegen die nationalsozialistische Bewegung "Deutsche Christen", eine rassistische und antisemitische Gruppierung innerhalb der Evangelischen Kirche, geleistet hatten. Wolfgang Kalmbach ist Vorstandsvorsitzender des „Arche"-Wohnverbunds in Notzingen und war außerdem als Religionspädagoge sowie im Oberkirchenrat tätig.
Konkret ging es um die damalige Notzinger Lehrerin Irmgard Gräter, den jungen Vikar Siegfried Weller, Hirschwirtin Berta Niefer und Schreiner Gottlieb Barz aus Wellingen. Die SPD-Fraktion des Gemeinderats hatte in der Juli-Sitzung vorgeschlagen, dass die Gemeinde im Gedenken an die vier mutigen Widerständler eine Gedenktafel am ehemaligen Hirschgebäude anbringen solle oder in unmittelbarer Nähe. Das Gebäude war zum Zentrum des Widerstands geworden. Beschlossen wurde letztlich mehrheitlich, die Historie insgesamt noch umfassender erforschen zu lassen. Kreisarchivar Manfred Waßner hatte damals bestätigt, dass die NS-Zeit in Notzingen und Wellingen bisher nicht grundlegend wissenschaftlich aufgearbeitet sei. Mit den Forschungsergebnissen soll dann entschieden werden, in welcher Form man allen Beteiligten – Opfern, Verfolgten und Gegnern des NS-Regimes aus dem Ort – gedenkt.
Der Gemeinde liegt nun ein Angebot des Historikers Steffen Seischab vor, die Geschehnisse im Ort detailliert aufzuarbeiten und in einem Buch mit einer Auflage von rund 700 Exemplaren zusammenzufassen. Derzeit stehen dafür laut Bürgermeister Sven Haumacher Honorarkosten in Höhe von 21 400 Euro im Raum. Angesichts dieser relativ hohen Kosten kam der Gemeinderat nach kurzer Diskussion zu dem mehrheitlichen Konsens, Steffen Seischab in eine der kommenden Sitzungen einzuladen, um von ihm direkt mehr zum Projekt zu erfahren. Dann soll gemeinsam entschieden werden, wie man die Sache insgesamt angeht. Katja Eisenhardt