Zwischen Neckar und Alb
Nur ein Rettungsschirm für die Panorama-Therme kann Beuren helfen

Pandemie Umsatzeinbußen in Millionenhöhe beim Thermalbad bringen die Gemeinde Beuren in ­dramatische finanzielle Schwierigkeiten. Die Gemeinde spart nun, wo sie kann. Von Lutz Selle

In Beuren ist seit dem Beginn der Corona-Pandemie nichts mehr normal. Jahrzehntelang war es normal, dass die Panorama-Therme mit 550 000 bis 700 000 Besuchern im Jahr rund sieben Millionen Euro an Einnahmen eingebracht hat. Damit blieb nach dem Abzug aller Kosten für Energie und das 100-köpfige Personal stets noch etwas übrig, um den beim Betrieb der benachbarten Kleinschwimmhalle entstehenden Abmangel zu begleichen.

Ein Hilferuf an Bund und Land

Seit dem Jahr 2020 sind bei der Bilanz der Therme jedoch Jahresverluste in Millionenhöhe zu beklagen. Nach 556 723 Besuchern 2019 und einem Jahresumsatz von 7,3 Millionen Euro passierten im Folgejahr nur noch 240 488 Gäste die Drehkreuze, die den Jahresumsatz auf 3,2 Millionen Euro verringerten. 2021 wurden dann nur noch 205 964 Badegäste gezählt und für das neue Jahr sehen die Vorhersagen auch nicht besser aus. Der Erfolgsplan sieht Umsatzerlöse durch Eintrittsgelder in Höhe von 3,9 Millionen Euro sowie sonstige Erlöse von 752 000 Euro bei einem Aufwand von knapp 7,2 Millionen Euro vor. Das bedeutet im dritten Jahr in Folge einen extrem hohen Jahresverlust – diesmal in der Kalkulation  von 2,5 Millionen Euro.

Im Gemeinderat sendete Bürgermeister Daniel Gluiber einen Hilferuf an Bund und Land mit einer unmissverständlichen Kernaussage: Ohne einen Rettungsschirm, „wie ihn viele andere öffentliche Einrichtungen bereits erhalten haben“, können die Therme und die Gemeinde nicht überleben.

Daniel Gluiber rechnete vor: „2020 konnten Zuschüsse aus Bund und Land in Höhe von 1,7 Millionen Euro generiert werden. Damit fehlen dem Eigenbetrieb unterm Strich 2,4 Millionen Euro Umsatzerlöse. Das Land Baden-Württemberg wies der Kommune kurz vor Jahresende 2021 weitere 500 000 Euro über den kommunalen Finanzausgleich zu. Bei den Umsatzerlösen fehlen 2021 damit rund 3,8 Millionen Euro.“ Nach Abzug der Zuschüsse fehlen für die zwei Jahre somit immer noch 5,6 Millionen Euro an Erträgen. „Die Entwicklungen im Jahr 2022 sind da noch gar nicht berücksichtigt. Die coronabedingten Umsatzrückgänge werden sich bis zum Jahresende 2022 auf 8,2 Millionen Euro addieren. Die Zuschüsse von Bund und Land waren nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, so der Schultes.

Die finanzschwache Gemeinde Beuren habe keinen Spielraum, um den Eigenbetrieb zu stützen. Im Jahr 2020 habe die Gemeinde der Therme einen Eigenkapitalzuschuss von 500 000 Euro gegeben. Aus dem Gemeindehaushalt 2022 wurde an allen Ecken und Enden gespart, bei der Instandhaltung und sogar bei den Pflichtaufgaben in der Kommune. Geplante Investitionen werden gestrichen oder verschoben, was insgesamt 900 000 Euro einbringt. „Höhere Beträge sind leider nicht möglich.“

45 Jahre lang habe es die Panorama-Therme geschafft, ohne Eigenkapitalzuschüsse und Investitionsförderungen seitens der Kommune einen wirtschaftlichen Bäderbetrieb zu führen. „Das dürfte in Baden-Württemberg nahezu einmalig sein“, betont Glui­ber. Unverschuldet sei die Therme als Folge der Pandemie in die Schieflage gekommen. „Weder Missmanagement noch Fehlentscheidungen haben zu dieser Situation geführt.“ Solange die Pandemie anhalte, sei keine Besserung in Sicht. „Die Einschränkungen durch die Corona-Verordnung und die Angst vor einer Infektion führen dazu, dass die Gäste wegbleiben. Aus eigener Kraft wird die Therme diese schwere Zeit nicht überstehen.“

Eine dauerhafte Schließung des Bades sei für die Kommune allerdings auch keine Option. „Die vorhandenen Darlehen von über neun Millionen Euro müsste die Kommune voll übernehmen“, erläuterte der Bürgermeister. Zudem wären die bisher schon aufgelaufenen Jahresverluste von 6,6 Millionen Euro durch die Kommune abzudecken. „Eine Handlungsfähigkeit der Gemeinde wäre damit nicht mehr gegeben. Die Pflichtaufgaben könnten nicht mehr erfüllt werden. Das Land müsste den kommunalen Haushalt stützen, um die Kommune handlungsfähig zu halten“, so Daniel Gluiber.

 

 

Die Kleinschwimmhalle ist in Gefahr

Folgen haben die finanziellen Probleme der Panorama-Therme auch für die benachbarte Kleinschwimmhalle aus dem Jahr 1970, in der Kinder aus acht Grundschulen der Umgebung das Schwimmen lernen. Für die dringend nötige Sanierung des Bads wurde gerade erst ein Bundeszuschuss von drei Millionen Euro bewilligt. Die Sanierungskosten werden indes auf 4,6 Millionen Euro netto eingeschätzt. Daher stehe das Projekt nun vor dem Aus, obwohl der Förderverein Schwimmhalle Neuffener Tal in kurzer Zeit bereits über 206 000 Euro an Spenden generieren konnte.

Eine letzte Hoffnung setzt Daniel Gluiber darauf, dass wie in Riedlingen im Landkreis Biberach mehrere Nachbarkommunen gemeinsam einen Antrag auf Ausgleichsstockmittel zur Unterstützung stellen. Bisher seien Ausgleichsstockmittel für Bäder vom Stuttgarter Regierungspräsidium jedoch abgelehnt worden.

Verschoben werden muss die Sanierung der Kleinschwimmhalle aber auf jeden Fall. „Die Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises Nürtingen sollten sich in Berlin dafür einsetzen, dass der bereits bewilligte Zuschuss von drei Millionen Euro eingefroren wird und damit nicht verloren geht“, erklärte Daniel Gluiber.

Der Bürgermeister betonte noch einmal ausdrücklich, dass sowohl die Panorama-Therme Beuren als auch die Kleinschwimmhalle weiterhin täglich von 9 bis 22 Uhr geöffnet sind. Lediglich die Dampfbäder seien aufgrund der Corona-Lage nicht in Betrieb. „Wir brauchen unsere Besucher, um nicht noch größere Verluste zu machen“, machte Daniel Gluiber deutlich. In der Therme sei auch ein Testzentrum vorhanden.

Ein geschlossenes Bad werde rasch zur Ruine, die kein Investor kaufen möchte, verdeutlichte der Schultes. „Die Gemeinde hätte damit einen Komplex, der nur Kosten für den Haushalt produziert.“ Der Verkauf des Bades sei nicht realistisch, da die Therme keine Gewinne bringe, die ein privater Betreiber erzielen möchte. „Es bleibt der Gemeinde Beuren daher nur der Weiterbetrieb des Bades.“ ls